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Optimum 1

Optimum 1

Titel: Optimum 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Bicker
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mindestens einen Toten vorzufinden, stattdessen gab es zwar ein wenig Blut auf den Fliesen, aber eindeutig keine Leiche. Torben hing schlaff und leblos im festen Griff des Portiers, der aus seinem Glaskasten gekommen war und die Kämpfenden getrennt hatte. In einer Hand hielt er ein Schweizer Taschenmesser mit ausgeklappter Klinge. Das Rot des Griffes schien sich im Metall des Messers zu spiegeln. Oder war das etwas anderes Rotes? Rica schauderte.
    Der andere Junge wurde von Lars Bennett gestützt. Von seinem Arm lief Blut auf den Fußboden, und Rica konnte einen langen, dunklen Schnitt sehen, der sich von seinem Ellenbogen bis zum Handgelenk zog, allerdings schien er nicht besonders tief zu sein. Der Junge starrte so wütend zu Torben hinüber, als wolle er sich gleich wieder auf ihn stürzen. Auch er hatte ein Messer in der Hand, ein Schnappmesser, wie Rica sie aus amerikanischen Filmen kannte. Die übrigen Angreifer standen mit gesenktem Kopf in einer Reihe vor Frau Jansen, die mit wütendem Blick von einem zum anderen sah. Ihre Augen schienen Funken zu sprühen, und Rica hätte sich nicht gewundert, wenn sich all ihre Haare aufgestellt hätten wie bei einer wütenden Katze.
    »Sofort in mein Büro!«, fauchte sie. »Alle!« Dann wirbelte sie zu Lars herum und beäugte ihn mindestens genauso wütend wie die Schüler. »Bring den Jungen zum Arzt, Lars. Und danach schickst du ihn zu mir!«
    »Meinen Sie nicht, dass ich da auch ein Wörtchen mitzureden habe?« Eine neue Stimme hinter der Menschenmenge. Der Rektor war nun auch da und begann, sich durch die Gruppe der Schüler nach vorn zu drängeln. Die meisten machten ihm widerspruchslos Platz, und das allgemeine Gemurmel wurde ein wenig leiser. Wahrscheinlich war den meisten noch die ernste Rede vom Vormittag im Gedächtnis geblieben. »Lassen Sie mich mit den Jungen reden!« Der Rektor klang gleichermaßen herrisch und gönnerhaft, ein Tonfall, der so fehl am Platz war, dass Rica ein Auflachen nur schwer unterdrücken konnte.
    Frau Jansen hatte bei seinen Worten aufgeblickt und musterte ihn nun aus ihren kalten, klaren Siamkatzenaugen. »Ich bin die Schulpsychologin«, sagte sie so ruhig, als wäre er ein kleines Kind, dem man solche Sachen erklären musste. »Diese Schüler haben offensichtlich Probleme, ich muss mit ihnen reden, solange die Erlebnisse noch frisch sind. Ich muss entsprechende Maßnahmen einleiten. Sie verstehen doch?« Sie betonte das Wort Maßnahmen auf eine seltsame Weise, die Rica unwillkürlich an Gefängnisstrafen oder Elektroschocks denken ließ.
    Doch dem Rektor schien das egal zu sein, er achtete gar nicht auf Frau Jansen, sondern trat ruhig auf die Reihe von Schülern zu und musterte einen nach dem anderen. Seltsamerweise schien er an Torben gar nicht interessiert zu sein, genauso wenig wie an dem Jungen, mit dem er sich geschlagen hatte. Es ging ihm nur um die kleine Gruppe Helfer.
    »Was genau habt ihr euch dabei gedacht?«, fragte er. Um Rica herum erklang leises Gemurmel, und das Rascheln von Kleidung und Quietschen von Schuhen auf den Fliesen wurde lauter, als alle versuchten, sich unauffällig ein Stück näher an das Geschehen zu schieben. »Warum wolltet ihr einen Mitschüler überfallen? Was habt ihr vorgehabt?« Der Rektor warf einen bezeichnenden Blick auf die Waffen in den Händen der Schüler.
    Die Jungen schienen sich zum ersten Mal richtig bewusst zu werden, was sie da hielten. Verwirrung breitete sich auf ihren Gesichtern aus. Zwei von ihnen ließen ihre Waffen auf den Boden fallen. Das Poltern von Holz auf Stein klang unwahrscheinlich laut durch die Eingangshalle.
    Doch niemand antwortete.
    »Ihr müsst doch irgendeinen Grund gehabt haben«, sagte der Rektor. Wieder sah er von einem Jungen zum nächsten. »Ihr seid doch nicht einfach so auf die Idee gekommen, heute mal einen Jungen zusammenzuschlagen. Was hat er euch getan? Was hat er gewusst?«
    Gewusst.
    Schlagartig kam Rica der Gedanke, dass es das war. Torben hatte irgendwas gewusst, und jemand wollte ihn mundtot machen. Diese Jungen wollten ihn ausschalten. Und was konnte das schon für ein Wissen gewesen sein als das um Jos Tod?
    Doch die Angreifer schüttelten nur verwirrt die Köpfe. Einer von ihnen – der älteste und kräftigste und vermutlich der Anführer – murmelte etwas, das zu leise und zu sehr genuschelt war, um die Worte zu verstehen. Der Rektor beugte sich nach vorn, aber nur ein kleines Stück.
    »Was sagst du, Fabian?« Er sprach laut und klar,

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