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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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inneren Himmel, und in seiner Angst und Not rief Hannes sie beschwörend um Hilfe an.
    Bei allen guten Geistern, Klara – beschütze mich!
    In diesem Augenblick schien ihm ihre magische Macht umfassend und unbesiegbar – dabei hatte er aus Klaras eigenem Mundgehört, dass auch sie über die zweite Geschichte im
Buch der Geister
noch nicht hinausgekommen war.
    Bitte, Klara, lass mich nicht im Stich , flehte er. Beschütze mich mit deiner magischen Macht gegen Meinolfs Messer und Mordgier!
    Da auf einmal spürte er, wie ein heißer Lichtstrahl von Klaras Gestirn in sein magisches Herz fuhr. Das Licht ließ seine Augen erstrahlen und tauchte alles um ihn herum in gleißenden Schein. Und dann riss es ihm seine Lippen auseinander, und mit einer fremden, überkippenden Stimme, die doch unverkennbar Klaras Stimme war, gellte es aus ihm heraus: » Wage es, Johannes anzufassen, du Kirchenwicht! «
    Meinolfs Augen wurden weit, sein Mund begann wie im Krampf zu beben.
    »Lass ihn zufrieden, du Henkersknecht!«
    Meinolfs Hand mit dem Dolch darin wurde förmlich emporgeschleudert. Das Messer flog im hohen Bogen durch die Luft und fiel klirrend zu Boden.
    »Er ist besessen!«, flüsterte Meinolf. »Komm herbei, Elias!«, schrie er mit einer Stimme, als ob ihm die Kehle zugepresst würde. »Dieser Kerl ist besessen – von einer Teufelin!«
    Hannes jedoch fielen nun unwiderruflich die Lider herunter. Seine Augen brannten, als ob wahrhaftig Blitze daraus hervorgeschossen wären. Sein Gesicht fühlte sich glühend heiß an, wie bei Fieber.
    Der Dominikaner stieß ihn von sich und sprang auf. Der Offizier kam herbeigestürzt und vergaß aufs Neue, zu lächeln. Doch Hannes bekam es nicht mehr mit – er sank auf den Felssockel zurück und schlief mit einem seligen Lächeln auf den Lippen ein.

Kapitel V

1
    D
ie Herberge
»Am Tiergarten« lag außerhalb der Nürnberger Stadtmauer, im Schatten der mächtigen Kaiserburg. Bis zum Tiergärtnertor, das geradewegs ins Gassengewirr des Burgviertels führte, waren es von hier aus nur noch ein paar Dutzend Schritte. Die Straße von Bamberg und Erlangen endete hier und so herrschte von früh bis spät lebhaftes Treiben. Hoch beladene Bauernkarren und mehrspännige Kutschen, berittene Boten und wandernde Handwerksburschen drängten sich auf dem kleinen Platz vor dem Tor. Das verdankte seinen Namen dem Wildtiergehege, das der kaiserliche Burggraf im Vestnertorgraben unter dem Stadttor eingerichtet hatte.
    Das Gasthaus bestand aus einem bescheidenen Fachwerkbau mit einem windschiefen Holzstall daneben. Die Sonne ging bereits unter, als ein zierlich gebauter Bursche mit auffällig grünen Augen seine Fuchsstute vor dem Herbergsstall zum Stehen brachte. »Gott und dem Kaiser zum Gruß«, sagte er mit sonderbar brummiger Stimme und schaute forsch zu dem ältlichen Knecht hinab, der in der Stalltür lehnte. »Kann ich mein Pferd für die Nacht hier unterstellen?« Der Bursche runzelte fortwährend die Stirn, so als ob er über irgendetwas erzürnt wäre. Seiner hoch aufgeschossenen Gestalt nach mochte er gut fünfzehn Jahre zählen. Aber sein weiches Gesicht, in dem sich nicht einmal der kümmerlichste Bartflaum zeigte, wollte nicht recht zu einem halbwüchsigen Burschen passen. Und vor allem seine Stimme hörte sich ziemlich sonderbar an.
    Der Knecht musterte ihn aus alterstrüben Augen. »Drei Heller, Kerl«, zischte er durch seine zahlreichen Zahnlücken hervor. »Für fünf Kupferstücke darfst du im Stroh bei deiner Mähre nächtigen.«
    Erleichtert willigte Klara ein. Sie sprang aus dem Sattel und nestelte die Münzen aus Leanders Westentasche hervor. Der Knecht drehte die fünf Heller argwöhnisch hin und her, spucktesogar darauf und versuchte, sie an seinen allerdings schmutzstarrenden Hosen blank zu reiben. Endlich zuckte er mit den Schultern, murmelte etwas vollkommen Unverständliches und deutete auf einen Verschlag weiter hinten im Stall.
    Klara nickte ihm freundlich zu und vergaß vor Erleichterung, grimmig dreinzuschauen. Bei allen guten Geistern, sie war ein furchteinflößend übellauniger Bursche – und die lächelten Knechten nicht einfach so zu! Sie zog die Füchsin in ihren Verschlag und befreite sie von Sattel und Zaumzeug. Sorgsam rieb sie ihr das Fell trocken, während die wackere Stute ihr Maul bereits in den umgehängten Hafersack tauchte.
    Langsam wurde es still und dämmrig im Stall. Klara saß neben der Füchsin im Stroh und aß einen der Äpfel, die sie unterwegs im

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