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Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
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Stute in den Wald gefolgt. Die Sonne war schon untergegangen. Herr Havlik hatte Hanka dabei assistiert, Waliserin zurück auf die Wiese zu locken, und später, als Darek unverrichteter Dinge zurückgekehrt war, hatten sie zusammen die Absperrung repariert. Nur an die Stelle, wo die Bienenstöcke standen, trauten sie sich nicht heran. Kirke hatte sie während ihres kopflosen Rennens umgeworfen und die Bienen schwärmten aufgebracht umher. Darek machte lieber einen großen Bogen um sie. Vater würde sich schon zu helfen wissen, er würde die Bienenstöcke aufrichten, die Deckel wieder draufsetzen, die Rahmen kontrollieren und am Ende würde alles gut werden. Was Kirke betraf, da war sich Darek allerdings nicht so sicher.
    Â»Ich verstehe nicht, wohin sie verschwunden sein könnte. Ich war ganz oben auf dem Schieferberg und habe in alle Richtungen geguckt! Ich konnte bis zum Sägewerk sehen … aber sie war nirgendwo!«
    Â»Ãœber den Bäumen sicher nicht! Außerdem ist sie schwarz. So eine Farbe übersieht man leicht im Wald.«
    Â»Vielleicht ist sie nicht mehr im Wald.«
    Â»Vielleicht nicht«, gab Herr Havlik zu. »Möglicherweise hat sie den Weg an den Schienen entlang Richtung Bruntal genommen.«
    Â»Richtung Bruntal?«, stieß Darek erschrocken aus. »Meinen Sie, sie ist bis in die Stadt gelaufen?«
    Â»Nein, das bezweifle ich. Sie wird eher eine Weide suchen, so ausgehungert wie sie ist. Meiner Meinung nach ist sie irgendwo auf den Feldern. Vielleicht in Janoschs Hafer hinter dem Fluss.«
    Das waren Mutmaßungen, keine Fakten. Es gab keine Anhaltspunkte, seit die Stute von dem weichen Waldweg abgekommen war und den steinigen Hang genommen hatte. Darek war ihr wie von Sinnen hinterhergelaufen. Er hatte gepfiffen, gerufen, minutenlang gehorcht, ob sie ihm nicht von irgendwoher Antwort geben würde – aber er hörte nur die anderen Pferde auf der Weide. Als wäre Kirke vom Erdboden verschwunden. Nacheinander erklomm Darek alle drei Gipfel um das Dorf, schreckte eine schlafende Viper und ein Rabenpärchen auf, entdeckte sogar eine Rehgeiß mit einem Kitz, aber von der schwarzen Stute keine Spur. Ihm war zum Heulen zumute. Von seinem Sturz tat ihm der Kopf höllisch weh und mit der nahenden Nacht schwand die Hoffnung auf Erfolg.
    Â»Und wenn wir sie nicht finden? Vielleicht nie wieder?«
    Â»Wir leben weder in Texas noch in der mongolischen Steppe, mein Junge«, erwiderte Herr Havlik. »Bei uns verläuft sich ja nicht einmal ein Küken spurlos, geschweige denn ein Pferd! Alle paar Meter gibt es einen Zaun, eine Absperrung oder eine Straße …«
    Er sprach weiter, aber Darek hörte nicht mehr zu. Straße hallte es alarmierend in seinem Ohr wider, und auch wenn er sich mit aller Kraft dagegen wehrte, sah er deutlich den Asphalt mit der weißen Mittellinie, die Silhouette des Pferdekörpers im Dunkeln, die nahenden Lichter der Scheinwerfer. Deutlich hörte er das Geklapper der Hufe, das Brummen des Motors und dann plötzlich ein Bremsenquietschen, einen dumpfen Aufprall, ein schmerzvolles Wiehern. Wenn Kirke bis zum Bruntaler Außenring gelangte und vor einen Lastwagen lief, vor einen dieser Monstertrucks, die dort kolonnenweise entlangfuhren, so wäre das ihr Ende. Sie würde überfahren werden, oder sich verletzt zur Seite werfen, vielleicht würde der Fahrer nicht einmal anhalten.
    Bei dieser Vorstellung fröstelte es ihn. Was würde Anton tun? Was würde Vater sagen? Sein Blick, als er von der Arbeit im Lomnitzer Wald zurückgekommen war und Darek mit der schlechten Nachricht herausrückte, war schon Strafe genug gewesen. Er hatte Zorn und Vorwürfe erwartet, war darauf vorbereitet, ein paar Ohrfeigen einzustecken, doch Vater blieb äußerlich ruhig. Ohne nach dem langen Tag etwas zu essen, packte er hastig alles Nötige in die Tasche und brach auf. Zu Darek sagte er kein Wort, auch nicht zu Herrn Havlik, nur Mihule, den Wirt, rief er an. In kurzen, knappen Sätzen schilderte er, was passiert war. Er fragte, ob er sich sein Geländemotorrad leihen könnte, schließlich einigten sie sich darauf, zusammen suchen zu fahren.
    Darek fühlte, wie sein ganzer Körper von einer bösen Vorahnung überschwemmt wurde. Eine ölige Welle, die ihn würgte und lähmte, und seine Gedanken schwammen auf ihr mit dem Bauch nach oben wie vergiftete

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