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Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
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zurückwill … nach Hause«, sage ich wahrheitsgemäß. In diesem Augenblick will ich gar nirgends hin. Mir ist kuschelweich, ich bin wie in einen Daunenschlafsack eingemummelt. Am liebsten würde ich für immer in diesem beruhigenden Raum bleiben und mich mit Mutter unterhalten. Wie lange haben wir uns nicht gesprochen, ich muss ihr ja so viel erzählen! Von meinen Schlägereien mit Hugo, davon, dass Vater gefeuert wurde und seit Ewigkeiten nicht mehr gepfiffen hat, dass wir elf Pferde haben, dass Ema gelernt hat, sich allein die Ohren sauber zu machen und auf Waliserin zu reiten, aber in der Schule nachgelassen hat, ich muss ihr sagen, dass ich ein paar Lieder auf der Harmonika spielen kann, dass Marta täglich zu uns kommt, nicht nur, um zu kochen, sondern … Nein, von Marta sage ich lieber nichts. Dafür von Hanka und ihrem geheimen Orangenduft, den man nur wahrnimmt, wenn man ganz nah bei ihr ist. Auch von Anubis unter ihrem Schulterblatt, den sie mir gezeigt hat und dessentwegen ich die wahnsinnige Stute gesattelt habe …
    Ich erschrecke plötzlich. »Mama, Scheiße, Kirke ist abgehauen!«
    Â»Sprich nicht so vulgär«, ermahnt sie mich. »Du musst hinterher, sie ist in den Wald gelaufen. Und mach die Absperrung zu, sonst laufen noch die anderen weg. Die Weiße ist schon drauf und dran.«
    Â»Das siehst du?«
    Â»Vielleicht sehe ich es, vielleicht weiß ich es. Dadurch, dass ich an euch denke. Und ich denke fast immer an euch, Söhnchen. Also, beeile dich.«
    Â»Kann ich nicht noch bei dir bleiben? Nur eine Weile, Mama«, bettele ich.
    Â»Nein, das geht nicht. Und – warte, weißt du noch, was ich dir über Vater gesagt habe? Dass er zwar große Schultern hat …«
    Â»â€¦ aber ein noch größeres Herz. Und dass man es erst entdeckt, wenn man ihn ohne Einschränkungen liebt. Ich habe mir einen Knoten gemacht, um es nicht zu vergessen.«
    Â»Das ist gut.«
    Â»Was heißt ohne Einschränkungen, Mama?«
    Â»Unter allen Umständen.«
    Â»Auch wenn er etwas machen würde, das mich stört? Womit ich nicht einverstanden bin? Etwas, was dich auch stören würde?«
    Sie nickt, ohne zu zögern.
    Â»Frag nichts Überflüssiges. Du weißt, was ich meine. Unter allen Umständen zu lieben, bedeutet, auch dann zu lieben, wenn du mehr Gründe zu hassen hast«, sagt sie ungeduldig. »Also, geh schon!«
    ***
    Herr Havlik schüttete Zucker in seinen Tee und rührte in der Tasse. Er schwieg. Nur sein lautes Atmen und der Klang des Metalllöffels waren zu hören. Darek beobachtete die braune Flüssigkeit in der Tasse, die leere Brottasche, die über die Stuhllehne hing, Vaters Gummistiefel neben der Tür, die Zeiger der Küchenuhr. Sie zeigten zehn Minuten vor Mitternacht.
    Â»Sie sind schon vier Stunden weg«, bemerkte er. Herr Havlik nickte und rührte weiter. Darek hatte größte Lust, ihm den Löffel wegzunehmen, um das eintönige Kling-Klang zu stoppen, denn der Zucker musste längst aufgelöst sein und der Tee genau richtig zum Trinken. Doch darauf kam es jetzt nicht an, es ging um etwas anderes, und so fragte er lieber: »Wo suchen die Ihrer Meinung nach?«
    Herr Havlik zuckte mit den Schultern.
    Â»Am Sägewerk, im Wald über dem Dorf, hinter dem Fluss, im Steinbruch … Sie können überall suchen«, antwortete er. Er wusste genauso wie Darek, dass Vater und Herr Mihule nicht einen Weg, nicht einen Graben oder eine Waldschneise auslassen würden, die mit dem Geländemotorrad des Wirts befahren werden konnten. Vater hatte zwei akkubetriebene Handlampen aus der Werkstatt mitgenommen. »Ich rechne damit, dass sie nicht eher zurückkehren, als bis sie sie gefunden haben.«
    Â»Und was, wenn sie irgendwo stecken geblieben ist und nicht mehr loskommt?«, fragte Darek weiter. »Vielleicht wiehert sie und sie können sie bei dem ganzen Motorlärm nicht hören.«
    Â»Selbstverständlich schalten sie immer wieder den Motor aus und horchen«, versicherte Herr Havlik ihm müde. Er war seit dem späten Nachmittag auf dem Hof. Schon von Weitem hatte er es kommen sehen, nur eingreifen konnte er nicht. Dazu hatten sich die Dinge zu sehr überstürzt und seine Krücken trugen ihn zu langsam an den Ort des Geschehens. Als er ankam, hatte Darek sich noch halb benommen vom Kartoffelfeld erhoben und war der

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