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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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suchen und danach irgendwo ein Eis essen gehen. Und danach … Danach konnte ich machen, was ich wollte. Ich hatte ja keine Termine heute. Ich musste grinsen bei dem Gedanken.
    Auf dem Parkplatz warteten schon einige Autos darauf, dass jemand wegfuhr. Sie würden sich freuen, dass gleich ein Platz frei wurde. Ich ließ den Blick über die Reihen schweifen und war irritiert. Ich hatte doch am Ende der mittleren Reihe geparkt. Verwundert lief ich auf den Parkplatz, schaute von links nach rechts, von vorne bis hinten. Mein Bus war verschwunden. Am Ende der mittleren Reihe stand jetzt ein schwarzes Mercedes-Coupé.

29
    »Na, suchen Sie Ihren Schrotthaufen?«, hörte ich eine schnippische Stimme hinter mir. Entsetzt drehte ich mich um. Die blonde Mercedes-Fahrerin kam mit ihrer Freundin angeschlendert.
    »Na, wer wird denn da eine Sorgenfalte auf der Stirn haben?«, fragte die Brünette.
    Ich atmete tief ein, und es gelang mir, einigermaßen ruhig zu erwidern: »Habt ihr etwa die ganze Zeit hier rumgelungert, nur um euren kleinen Triumph zu genießen? Das ist wirklich schade. Am Strand ist es auf jeden Fall schöner als hier.« Ich bemühte mich um Coolness, auch wenn ich innerlich total zappelig war.
    »Tja, was soll ich sagen?«, meinte die Blonde triumphierend. »Der Bus gehörte ja tatsächlich nicht Ihnen. Das hat jedenfalls die Polizei festgestellt und ihn deswegen beschlagnahmt.«
    »Die Polizei hat meinen Bus abgeschleppt?«, rief ich entsetzt und ließ die Maske der Gelassenheit fallen.
    »Erstaunt?«, fragte die Blonde. »Das wundert mich. Wo der Bus doch als gestohlen gemeldet wurde.«
    »Gestohlen?«, hauchte ich. »Aber ich habe ihn nicht gestohlen!«
    »Na, das glaubt Ihnen ja wohl keiner«, sagte die Brünette, die ihr Handy in ihre Louis-Vuitton-Handtasche gleiten ließ und sich wieder neben ihre Freundin stellte. »Ah, da ist die Polizei ja schon!« Sie zeigte auf ein blau-silbernes Polizeiauto, das gerade auf den Parkplatz fuhr.
    »Viel Spaß dann noch«, sagte die Blonde und schnalzte mitleidig mit der Zunge. »Wirklich schade für Sie. An so einem herrlichen Tag ist es doch am Strand viel schöner als auf dem Polizeirevier.« Gut gelaunt holte sie zwei prall gefüllte Strandshopper aus ihrem Kofferraum.
    Der Polizeiwagen hielt neben uns, und der Polizist stieg aus. Er war ziemlich groß, um die sechzig Jahre alt, und sein wettergegerbtes Gesicht zierte ein buschiger, dunkelblonder Schnäuzer. Er sah aus, als könnte ihn nichts aus der Ruhe bringen.
    »Moin, Iris«, sagte der Polizist zu der Blonden. »Ist sie das?« Er zeigte auf mich.
    »Moin, Per, ja, das ist sie«, bestätigte sie.
    »Besten Dank!« Er tippte sich an seine Polizeimütze. »Man sieht sich.«
    Iris und ihre Freundin warfen mir einen letzten triumphierenden Blick zu, dann dackelten sie auf den Keilabsätzen ihrer Espadrilles Richtung Meer.
    »Na, junge Dame, dann steigen Sie mal ein«, sagte Per, der Polizist.
    »Der Wagen gehört meinen Eltern«, rief ich verzweifelt. »Ich habe ihn nicht gestohlen. Nur geliehen.«
    »Das sehen Ihre Eltern ja dann wohl anders«, sagte der Polizist trocken. Hansen stand auf einem Namensschild, das auf sein Hemd genäht war.
    »Ich habe nur vergessen, ihnen eine SMS zu schicken«, beteuerte ich.
    »Kommen Sie, junge Dame. Wir klären alles auf dem Revier.«
    Er hielt mir die Beifahrertür auf. Mir blieb nichts anderes übrig, als einzusteigen. Die anderen Urlauber begafften mich wie ein Kalb mit zwei Köpfen. Gleichgültigkeit, Mitleid, aber vor allem Verachtung spürte ich. War ja klar, dachten sie wahrscheinlich, so eine Hippiebraut, natürlich hat die was ausgefressen. Wer läuft auch schon barfuß auf einem Parkplatz rum?
    Ein Junge, der mich besonders aufmerksam anschaute, wurde schnell von seinen Eltern weggezerrt, als hätte ich eine ansteckende Krankheit. Mit hochrotem Kopf stieg ich in den Polizeiwagen, versank in dem Sitz und verdeckte mit einer Hand mein Gesicht. So etwas Peinliches hatte selbst ich ja noch nie erlebt.
    Wir fuhren nach Westerland. Per Hansen sprach kein Wort. Ich auch nicht. Ich versuchte, mir im Kopf eine Aussage zurechtzulegen, in der weder das Haus meines Chefs, noch der Diebstahl seines Sessels, noch der Hausfriedensbruch meiner Eltern eine Rolle spielten. Das war gar nicht so leicht.
    Weswegen hätte ich das Auto nehmen sollen, ohne meine Eltern zu fragen? Weswegen könnte ich sauer auf sie gewesen sein? Und was hätte ich darin transportieren wollen, dass ich nicht mit

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