Orks vs. Zwerge 2 - Fluch der Dunkelheit
jetzt; die Anspannung der Krieger war deutlich zu spüren. Der Mensch hatte recht. Aerc mochten kein Wasser. Sie schwammen ungefähr so gut wie Steine, Oger noch etwas schlechter. Krendar war sich sicher, dass viele der Krieger lieber einen Wühlerpfeil ins Knie in Kauf genommen hätten, als sich in ein Boot zu setzen, mit nichts als ein oder zwei Fingerbreiten Holz zwischen sich und dem kalten, nassen Tod in der Tiefe. Wasser war ein Gegner, den man nicht bekämpfen konnte. Allerdings war die Alternative nur, sich offen gegen den Raut zu stellen. Es war jetzt wohl klar, wovor die Krieger der Felsenbären mehr Angst hatten. Trotzdem – der beißende Schweißgeruch der Nervosität lag deutlich über den Booten und würde erst weichen, wenn sie das andere Ufer erreichten. Der junge Broca biss die Zähne zusammen und tauchte das Ruder ins schwarze Wasser. Vor ihm ragte der breite Rücken Modraths auf. Der Oger saß in der Mitte des Boots und rührte sich nicht, den Blick starr auf das Häuflein gefesselter Menschen vor sich gerichtet. Wahrscheinlich, um nicht auf das Wasser sehen zu müssen. Die Muskeln, Sehnen und Narben an seinem breiten Nacken traten deutlich hervor, und Krendar konzentrierte sich auf diesen Anblick. Kein schöner, aber immer noch besser als der Fluss. Neben ihm wiegte sich Sekesh mit leisem Summen, die Augen fest geschlossen. Hoffen wir mal, dass sie die Ahnen um eine sichere Überfahrt bittet. Und dass die einsehen, dass die siebenhundert Toten nicht auf den Grund des Flusses gehören. Von uns Lebenden ganz abgesehen. Er begann, selbst ein Gebet an die Ahnen zu murmeln. Sicher war sicher.
Die Nebel über dem Wasser wurden dichter und hüllten alles in undurchdringliches Grau. Sie dämpften auch das unregelmäßige Platschen der Paddel, das angestrengte Schnaufen der Rudernden und das Gluckern des Wassers an den Bordwänden. Die Boote glitten leise knarrend durch die Fluten, doch es gab keinen Anhaltspunkt, der erkennen ließ, wie schnell sie sich bewegten. Der Feuerschein verschwand hinter ihnen, und Krendar beschlich plötzlich ein grausiges Gefühl der Orientierungslosigkeit, so als sei die Welt verschwunden und alles, was übrig geblieben war, waren ihre drei Boote voller verlorener Geister in der formlosen Finsternis und Stille.
»Dunkelheit kommt«, murmelten die Korrach-Zwillinge hinter ihm im Chor.
»Haltet das Maul«, knurrte er, mehr aus Reflex. Ist es das, was Sekesh sieht? Sieht es so aus, was sie fürchtet? Das, was uns erwartet? Er knirschte mit den Zähnen, um das Wühlen der Angstwürmer in seinen Eingeweiden zu übertönen. Sie waren also doch nicht für immer verschwunden. Nach der Schlacht um Derok hatte er darauf gehofft. Auch die Menschen schienen Angst zu verspüren, denn sie drückten sich zwischen den Vorratssäcken zusammen. Eines der Menschenjungen wimmerte, und seine Mutter versuchte, es mit leisen, unverständlichen Lauten zu beruhigen.
Nach einer schier endlos erscheinenden Zeit tauchten dunkle Schemen vor ihnen auf, und Krendar brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass es Sträucher waren und Reihen von Schilfstängeln, die aus dem Wasser ragten. Eine beinahe spürbare Welle der Erleichterung lief durch die Aerc, doch Krendar gestattete es sich erst durchzuatmen, als der Bug ihres Boots durch die Wand aus Schilf und Rohr brach und schließlich mit dumpfem Rumpeln auf Grund lief. Er musste sich beinahe mit Gewalt davon abhalten, aufzuspringen und ans Ufer zu klettern. Er war ein Broca. Und ein Broca hatte sich im Griff, wenn er Broca bleiben wollte. Einer der Aerc weiter vorn im Boot übergab sich leise über die Bordwand, erntete jedoch keinen Spott. Vermutlich konnten zu viele mit ihm mitfühlen.
»In Ordnung. Und …«
»… was jetzt?«, murmelten die Zwillinge.
Krendar warf dem zweiten Broca im Boot einen Blick zu. Der Felsenbär nickte. Täusche ich mich, oder ist er grüner als sonst? Er räusperte sich. »Raus aus dem Boot. Ihr zwei behaltet die Menschen im Auge. Modrath, du hilfst den Kriegern, die Fracht auszuladen. Wenn wir fertig sind, zerschlag das Boot.«
»Mit Vergnügen«, knurrte der Oger. »Dann muss ich nie wieder damit fahren. Ich gehöre nicht aufs Wasser.«
Das tut niemand. Krendar wandte sich an die restlichen Krieger. »Wenn ihr fertig mit Ausladen seid, verteilt die Säcke. Prakosh will uns abmarschbereit sehen.«
Der Eifer, mit dem die Aerc an die Arbeit gingen, vor allem aber die Tatsache, dass niemand über seinen Befehl murrte,
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