orwell,_george_-_tage_in_burma
weißen Männer tun das mit ihren Frauen.«
»Na ja, da hast du einen. Jetzt laß mich in Ruhe. Hole die Zigaretten und gib mir eine.«
»Wie kommt es, daß du neuerdings mich nie lieben willst? Ah, vor zwei Jahren war es so anders! Damals hast du mich geliebt. Du hast mir goldene Armreifen und seidene Ingyis aus Mandalay geschenkt. Und jetzt sieh her« - Ma Hla May streckte einen winzigen, in Musselin gehüllten Arm aus - »nicht ein einziger Armreifen. Letzten Monat hatte ich dreißig, und jetzt sind sie alle versetzt. Wie kann ich ohne meine Armreifen zum Basar gehen und die ganze Zeit denselben Longyi anziehen? Ich schäme mich vor den anderen Frauen.«
»Ist es meine Schuld, wenn du deine Armreifen versetzt?« »Vor zwei Jahren hättest du sie für mich eingelöst. Ah, du
liebst Ma Hla May nicht mehr!«
Sie legte wieder die Arme um ihn und küßte ihn, eine europäische Sitte, die er sie gelehrt hatte. Ein Duftgemisch von Sandelholz, Knoblauch, Kokosnußöl und den Jasminblüten in ihrem Haar ging von ihr aus. Es war ein Duft, der ihn immer erbeben ließ. Ziemlich zerstreut drückte er ihren Kopf auf das Kissen zurück und blickte auf ihr seltsames, junges Gesicht nieder mit den hohen Backenknochen, den langgestreckten Augenlidern und den kurzen, wohlgeformten Lippen. Sie hatte recht hübsche Zähne, wie die Zähne eines Kätzchens. Er hatte sie vor zwei Jahren für dre ihundert Rupien von ihren Eltern gekauft. Er begann ihren braunen Hals zu streicheln, der wie ein glatter, schlanker Stengel aus dem kragenlosen Ingyi emporwuchs.
»Du hast mich nur gern, weil ich ein weißer Mann bin und Geld habe«, sagte er.
»Herr, ich liebe dich, ich liebe dich mehr als alles auf der Welt. Warum sagst du das? Bin ich dir nicht immer treu gewesen?«
»Du hast einen burmanischen Liebhaber.«
»Uh!« Ma Hla May tat so, als schauderte es sie bei dem Gedanken. »Wenn ich denke, daß ihre scheußlichen braunen Hände mich berühren könnten! Ich würde sterben, wenn ein Burmane mich berührte!«
»Du lügst.«
Er legte die Hand auf ihre Brust. Insgeheim hatte Ma Hla May das nicht gern, denn es erinnerte sie an die Existenz ihrer Brüste das Ideal einer burmanische n Frau ist, keine Brüste zu haben. Sie lag da und ließ mit sich machen, was er wollte, ganz passiv, aber zufrieden und leise lächelnd wie eine Katze, die sich streicheln läßt. Florys Umarmungen bedeuteten ihr nichts (Ba Pe, Ko Sla’s jüngerer Bruder, war ihr heimlicher Liebhaber), doch sie war bitter gekränkt, wenn er sie vernachlässigte. Manchmal hatte sie sogar einen Liebestrank in sein Essen gemischt. Sie schwärmte für das müßige Leben einer Konkubine und die Besuche, die sie schön herausgeputzt in ihrem Dorf machte, wo sie sich mit ihrer Stellung als ›Bo - Kadaw‹- Frau eines weißen Mannes - brüsten konnte; denn sie hatte allen eingeredet, und auch sich selbst, daß sie Florys rechtmäßige Frau sei.
Als Flory mit ihr fertig war, wandte er sich ermattet und beschämt ab und lag still, mit der Linken sein Muttermal verdeckend. Er erinnerte sich immer an sein Muttermal, wenn er etwas getan hatte, dessen er sich schämte. Er vergrub angeekelt das Gesicht im Kissen, das feucht war und nach Kokosnußöl roch. Es war grauenhaft heiß, und die Tauben draußen gurrten immer noch. Ma Hla May, die nackt neben Flory lag, fächelte ihn sanft mit einem Strohfächer, den sie vom Tisch genommen hatte.
Bald darauf stand sie auf, zog sich an und zündete sich eine Zigarette an. Dann kam sie zum Bett zurück, setzte sich und begann Florys nackte Schulter zu streicheln. Die Weiße seiner Haut faszinierte sie wegen ihrer Fremdartigkeit und dem Gefühl der Macht, das sie ihr gab. Aber Flory zuckte mit der Schulter, um ihre Hand abzuschütteln. In dieser Situation war sie ekelerregend und schrecklich für ihn. Er hatte nur den Wunsch, sie nicht mehr sehen zu müssen.
»Geh«, sagte er.
Ma Hla May nahm die Zigarette aus dem Mund und wollte sie Flory anbieten. »Warum ist mein Herr immer so böse auf mich, wenn er mich geliebt hat?« fragte sie.
»Geh«, wiederholte er.
Ma Hla May streichelte weiter seine Schulter. Sie hatte nie gelernt, daß sie ihn in solchen Momenten in Ruhe lassen mußte.
Sie glaubte, Wollust wäre eine Form von Zauberei, die einer Frau magische Kräfte über einen Mann verlieh, bis sie ihn schließlich so geschwächt hatte, daß er nur noch ein halbidiotischer Sklave war. Jede weitere Umarmung unterhöhlte Florys Willen und machte
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