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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kameras den Irrawaddy herauffahren. Ich nehme an, Sie kommen direkt von England?«
    »Nun, nicht direkt. Ich habe in Paris gewohnt, bevor ich hierher fuhr. Meine Mutter war Künstlerin, wissen Sie.«
    »Paris! Sie haben wirklich in Paris ge lebt? Donnerwetter, man stelle sich vor, von Paris nach Kyauktada! Wissen Sie, es ist in so einem Loch wie hier ausgesprochen schwierig, daran zu glauben, daß es so etwas wie Paris gibt.«
    »Gefällt Ihnen Paris?« fragte sie.
    »Ich habe es nie gesehen. Aber, großer Gott, wie oft habe ich es mir vorgestellt! Paris - das ist in meinem Kopf eine Art Durcheinander; Cafés und Boulevards und Malerateliers und Villon und Baudelaire und Maupassant - alles durcheinander. Sie wissen nicht, wie die Namen dieser europäischen Städte für uns hier draußen klingen. Und Sie haben wirklich in Paris gewohnt? Mit ausländischen Kunststudenten in Cafés gesessen und Weißwein getrunken und über Marcel Proust gesprochen?«
    »O ja, so ähnlich, nehme ich an«, sagte das Mädchen lachend. »Wie anders werden Sie es hier finden! Hier gibt’s keinen
    Weißwein und Marcel Proust. Whisky und Edgar Wallace, das ist wahrscheinlicher. Aber wenn Sie Bücher haben wollen, finden Sie vielleicht etwas unter meinen, was Ihnen zusagt. In der Clubbibliothek haben sie nur Kitsch. Aber natürlich bin ich hoffnungslos rückständig mit meinen Büchern. Ich nehme an, Sie haben alles auf Erden gelesen.«
    »O nein. Aber natürlich schwärme ich für Bücher«, sagte das Mädchen.
    »Was das bedeutet, jemanden kennenzulernen, dem etwas an Büchern liegt. Ich meine an Büchern, die es wert sind, gelesen zu werden, nicht diesen Mist in den Clubbibliotheken. Ich hoffe sehr, daß Sie mir verzeihen, wenn ich Sie mit meinem Gerede überwältige. Wenn ich jemanden kennenlerne, der etwas von der Existenz von Büchern weiß, explodiere ich leider wie eine Flasche warmes Bier. Das ist ein Fehler, den Sie in solchen Ländern verzeihen müssen.«
    »Oh, aber ich unterhalte mich sehr gern über Bücher. Ich finde Lesen so wunderbar. Ich meine, was wäre das Leben ohne Bücher? Es ist wie - wie - «
    »Wie ein eigener Zufluchtsort. Ja - «
    Sie stürzten sich in ein langes, eifriges Gespräch, erst über Bücher, dann über die Jagd, für die das Mädchen sich zu interessieren schien, so daß sie Flory dazu überredete, davon zu erzählen. Sie fand es sehr aufregend, als er die Ermordung eines Elefanten schilderte, die er vor ein paar Jahren begangen hatte. Flory bemerkte es kaum und das Mädchen vielleicht auch nicht, daß er die ganze Zeit sprach. Er konnte nicht aufhören, so groß war seine Freude am Plaudern. Und das Mädchen war eine gute Zuhörerin. Schließlich hatte er sie vor dem Büffel gerettet, und sie glaubte noch immer nicht, daß diese monströsen Viecher harmlos sein könnten; einen Augenblick war er in ihren Augen fast ein Held. Wenn einem in diesem Leben etwas zugetitelt wird, so meistens für etwas, was man nicht getan hat. Es war einer jener Fälle, wo das Gespräch so leicht, so natürlich dahinfließt, daß man ewig weiterreden könnte. Aber plötzlich verflüchtigte sich ihr Vergnügen, sie schreckten zusammen und verstummten. Sie hatten bemerkt, daß sie nicht mehr allein waren.
    Am anderen Ende der Veranda spähte ein kohlschwarzes, schnurrbärtiges Gesicht mit enormer Neugier durch die Pfähle der Brüstung. Es war das des alten Sammy, des Mug- Kochs. Hinter ihm standen Ma Pu, Ma Yi, Ko S’las vier älteste Kinder, ein herrenloses nacktes Kind und zwei alte Frauen, die bei der Nachricht, daß eine ›Ingaleikma‹ zu besichtigen sei, aus dem Dorf heruntergekommen waren. Wie aus Teakholz geschnitzte Statuen, aus deren hölzernen Gesichtern halbmeterlange Zigarren ragten, starrten die beiden alten Geschöpfe die ›Ingaleikma‹ an, wie englische Bauerntölpel vielleicht einen Zulukrieger in voller Aufmachung anstarren. »Diese Leute ...« sagte das Mädchen beunruhigt und sah die Fremden an.
    Sammy, der sich ertappt fühlte, sah sehr schuldbewußt aus und tat so, als zupfe er seinen Pagri zurecht. Der Rest des Publikums war ein bißchen verlegen bis auf die beiden holzgesichtigen alten Frauen.
    »Unverschämt!« sagt e Flory. Er fühlte einen kalten Stich von Enttäuschung. Schließlich war es für das Mädchen nicht angebracht, länger auf seiner Veranda zu sitzen. Zur gleichen Zeit hatten sie beide sich darauf besonnen, daß sie einander völlig fremd waren. Sie war leicht errötet. Sie setzte

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