Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut
doch?«
»Ja, aber ist nich’ gut. Alle haben das gesagt. Is’ nicht gut, Wilbur, davon red’ nie nich’ …«
»Wer hat Ihnen das gesagt, Herr Asmussen? Wer hat Ihnen Redeverbot erteilt?«
»Niemand. Weiß doch jeder, dass die Toten zurückkehren. Ich kann Sie hören, nachts … aber nie sehen.«
Pia seufzte. »Sie haben dieses Mädchen, Tamara Kalinoff, doch gemocht. Wissen Sie, ob noch andere Männer sie mochten?«
Asmussen schüttelte stumm den Kopf. Er wirkte aufgebracht, wollte sich aber nicht äußern. Sie kamen zum heiklen Teil der Befragung, und Broders war sich nicht sicher, ob Pia einen kühlen Kopf behalten würde.
»Sie können es mir sagen, Herr Asmussen, nach der langen Zeit. Wer außer mir interessiert sich noch dafür?«
»Wirklich, Lady?« Er sah sich misstrauisch um, als erwartete er, gleich einen Feind hinter dem nächsten Aktenschrank hervorspringen zu sehen. Broders sah Pia ihr schlechtes Gewissen an, als sie sagte:
»Wir brauchen Ihre Hilfe. Jede noch so kleine Beobachtung, die Sie damals gemacht haben, kann uns sehr nützlich sein.«
»Es war der Mann, der jetzt immer von all den Plakaten runterglotzt.«
»Was meinen Sie?«
»Das war ihr Freund. Hab gesehen, wie er … wie er seine Hand zwischen ihre Beine gesteckt hat … In dem alten Schuppen war’s.«
»Wie heißt der Mann auf den Plakaten?«
»Waskamp«, nuschelte Asmussen.
»Sie haben Sven Waskamp also auf seinen Plakaten wiedererkannt.« Sie sah nachdenklich auf den Befragten, riss sich dann zusammen. »Vorhin haben Sie mir erzählt, dass Sie in Kargau Geschäfte gemacht haben. Worum ging es dabei?«
»Oh! War vollkommen nach dem Gesetz, Lady.«
»Haben Sie etwas gekauft, verkauft?«
»Dazu sag ich nichts. Streng geheim.«
»Es interessiert mich nur, Herr Asmussen. Wir wollen Ihnen da nichts anhängen.«
»Wirklich? Na gut. Irgendwovon muss unsereins ja leben, oder? Ich leb hiervon …« Er tippte sich gegen die Stirn. »Muss nicht mehr malochen, hab mein eigenes Reich, wo die Bullen mich heute weggeholt haben!« Einen Moment sah er zornig aus, doch der Blick auf die Frau, die sich so intensiv mit ihm beschäftigte, ließ seine Züge wieder weicher werden. »Alles immer nach dem Gesetz. Ich tue niemand übers Ohr hauen. Mal läuft’s gut, mal schlecht … so ist das Leben, nich’ wahr?«
»Ja, so ist es«, bestätigte Pia mit einem ironischen Lächeln. »Wie läuft es denn gerade bei Ihnen?«
»Gut … sogar sehr gut. Bei Ihnen nich’, was?«
»Sie haben eine gute Menschenkenntnis, Herr Asmussen.«
Das Lächeln, das er ihr daraufhin schenkte, schien das triste Vernehmungszimmer zu erhellen. »Ich habe eine Bitte an Sie.«
»Was Sie woll’n …«
»Wenn Ihnen in den nächsten Tagen irgendetwas seltsam vorkommt oder Ihnen jemand ein Geschäft vorschlägt, sagen Sie uns bitte Bescheid.«
»Das geht nich’, Lady«, murmelte er störrisch.
»Tun Sie es trotzdem! Es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit«, betonte Pia.
Asmussens Blick wanderte im Raum umher. Er schien mit seinen Gedanken mit einem Mal ganz woanders zu sein. An einem Ort, an dem Pia ihn nicht mehr erreichen konnte.
»Ich will einen Durchsuchungsbeschluss für sein Wohnmobil oder wo immer Wilbur Asmussen gerade lebt«, sagte Pia, als der Befragte den Raum verlassen hatte.
»Auf welcher Grundlage?«, fragte Broders.
»Durchsuchung bei einem Verdächtigen, laut Paragraf einhundertzwei.«
»Weil er hin und wieder ein paar dubiose Geschäfte macht und es zurzeit angeblich ganz gut läuft? Das erzähl mal einem Richter! Du hast nichts, meine Liebe, gar nichts.«
»Dann eben Paragraf einhundertdrei, Durchsuchung bei anderen Personen.«
»Das ist nur dann zulässig, wenn Fakten vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass eine gesuchte Spur, Person oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet«, wandte Broders ein.
»Wir verfolgen die Spuren einer Straftat, oder etwa nicht?«
»Welcher denn?«
»Der Todesfall ›Tamara Kalinoff‹, der mit dem Mord an Timo Feldheim zusammenhängt. Dieser Asmussen hat sie gekannt. Er war damals an ihr interessiert und hat sie mit einem anderen rummachen sehen. Möglicherweise hat er sie in einer Art Kurzschlusshandlung umgebracht, und nun versucht er, auch ihre Freundinnen, die vielleicht etwas darüber wissen könnten, zum Schweigen zu bringen.«
»Pia … nicht Asmussen. Er ist nicht in der Lage dazu, geplant vorzugehen und sich zu verstellen.«
»Früher war er vielleicht … anders. Es gibt
Weitere Kostenlose Bücher