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Ostwind (German Edition)

Ostwind (German Edition)

Titel: Ostwind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Wimmer
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rappelte sie sich auf. Aber über ihr baumte sich das Pferd verzweifelt auf und schlug immer wieder mit den Hinterbeinen aus.
    »Ostwind!«, rief Mika verzweifelt.
    Doch er hörte sie nicht. Wild buckelnd galoppierte er durch die Halle. Er war jenseits aller Kontrolle. Da sah Mika Sam. Er jagte Ostwind hinterher und versuchte ihn am Zugel zu fassen. Mika rannte los.
    »Sam! Nicht!«, rief Mika. Ihr Schrei gellte durch die Halle.
    Sam drehte sich zu ihr um. Ostwind bäumte sich auf. Das Publikum schrie laut auf. Aber das Unglück war nicht mehr aufzuhalten. Ostwinds Huf traf Sam am Kopf.
    Mit einem uberraschten Gesichtsausdruck ging er zu Boden und blieb regungslos liegen. Kein Laut war mehr von der Tribune zu horen. Ostwind kam unvermittelt zum Stehen.
    Mika fiel neben Sam auf die Knie. »Nein. Nein. Nein«, flüsterte sie verzweifelt. Ein endloser Strom von Tränen rann ihr über das Gesicht. Ihr Herz schien zu bersten. Etwas Schrecklicheres hatte sie noch nie erlebt.

16. Kapitel
    Es war nicht einfach gewesen, Mika in einen Krankenwagen zu bugsieren. Dort saß sie nun abseits des Trubels vollig benommen und schaute ins Leere. Eine Sanitäterin klebte ihr gerade ein Pflaster auf die Stirn, als Maria Kaltenbach mit besorgter Miene in der offenen Tur auftauchte.
    »Wie geht es ihr?«, fragte sie.
    »Gut. Sie hatte mehr Gluck als der junge Mann. Ist nur ein Kratzer«, sagte die Sanitäterin.
    Mika horchte auf. »Was ist mit Sam?«, wollte sie wissen.
    »Wir tun, was wir konnen«, sagte die Sanitäterin in einem professionellen Tonfall, sodass dies alles bedeuten konnte.
    In diesem Moment wurde Sam auf einer Liege vorbeigetragen. Er war noch immer bewusstlos. Zwei Sanitäter schoben ihn in einen wartenden Krankenwagen. Mika starrte ihnen hinterher. Mit quietschenden Reifen und Blaulicht fuhren sie davon.
    Das war ein Traum, oder? Bitte lass es nur ein Traum sein, flehte Mika innerlich. Ihre Großmutter war ebenfalls sichtlich angegriffen. »Ich hatte das nie zulassen durfen. Dieses Pferd ist eine Gefahr«, sagte Maria Kaltenbach bitter.
    Mika erwachte aus ihrer Starre. Nein, Ostwind war unschuldig! »Er hatte irgendwas … er …«, begann Mika stammelnd. Unglücklich brach sie ab. »Ich kann’s nicht erklaren.«
    Aber Maria Kaltenbach wollte auch keine Erklärung hören. Es verursachte ihr nahezu körperliche Schmerzen, dass ihre Enkelin Ostwind immer wieder in Schutz nahm. Maria Kaltenbach sah Mika kalt an. »Erst hat er mich zum Kruppel gemacht und jetzt das. Der Ungar nimmt ihn heute noch mit.«
    Mika stand auf und wich entsetzt ein paar Schritte zuruck. »Nein! Bitte. Bitte …«, flüsterte sie heiser.
    Aber ihre Großmutter ging wortlos davon. In Gedanken war sie bei Sam.
    Mika blickte ihr verzweifelt nach. Ihr war klar, dass sie nichts mehr für Ostwind tun konnte. Ihre Großmutter hatte ihren Entschluss gefasst. Wenn noch Hilfe für Ostwind zu erwarten war, dann nur von einem! Herrn Kaan! Mika schlüpfte aus dem Krankenwagen und lief so schnell sie konnte los, um ihn zu suchen.
    Sie fand ihn in der Halle. Doch Herr Kaan war nicht ansprechbar. Reglos kniete er auf dem leeren Parcours. An der Stelle, wo Sam gelegen hatte, war der Sand rot verfarbt.
    In ihrer Verzweiflung versuchte Mika, Herrn Kaan hochzuziehen, doch er ruhrte sich nicht. »Schnell, Sie mussen mir helfen. Sie will Ostwind dem Ungarn geben, er ist schon hier! Sie mussen mit ihr reden. Es war nicht seine Schuld, dass wissen Sie doch!«, rief sie angsterfüllt.
    Herr Kaan hob nur langsam den Kopf und sah Mika aus leeren Augen an. »Wenn Sam stirbt, dann ist das meine Schuld«, sagte er apathisch. Dann sank er wieder in sich zusammen wie ein leeres Schlauchboot.
    »Nein!«, rief Mika. Am liebsten hätte sie sich einfach nur fallen gelassen. All ihre Kraft schien sie zu verlassen. Doch Mika musste eine Entscheidung treffen! Wenn sie jetzt nichts tat, war Ostwind verloren. Ein tiefer Stich ging ihr durchs Herz, als sie Herrn Kaan alleine ließ. Aber es musste sein. So schnell wie möglich rannte sie aus der Halle.
    Auf dem Hof standen Menschen in kleinen Gruppen beisammen und unterhielten sich aufgeregt. Auch Michelle stand dabei, direkt neben dem Landestrainer.
    »Ich habe ihr gesagt, das Pferd ist schwierig. Ich hatte es niemals verkaufen durfen«, sagte Friedrich Fink.
    »Frau Kaltenbachs Urteilsvermogen ist nicht mehr das, was es mal war. Sie ist ja auch schon uber sechzig«, mischte sich Michelle ins Gespräch. Sie wollte dem Trainer schmeicheln,

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