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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ganzen Nachmittag damit beschäftigt gewesen war, die neue Adresse der Tante ausfindig zu machen und sie dort abzuliefern.
    O ja, Mutsie, du und ich, wir tun alles, was wir können.
    Eddie tauchte hinter ihr auf, die Haare naß und angeklatscht und in einem gestreiften Pyjama, der ihm viel zu groß war: die mehrmals umgekrempelten Aufschläge schleiften immer noch am Boden. Er hielt den Kopf geduckt, als rechnete er mit einer Abreibung.
    »Komm rein, Junge. Sag Irene hallo.«
    »’lo, Renie.«
    »Hallo, Eddie. Setzt du dich kurz zu mir? Ich hätte gern, daß du mir ein paar Fragen beantwortest.«
    »Leute aus dem Krankenhaus haben ihm schon alle möglichen Fragen gestellt«, bemerkte Mutsie über die Schulter. Sie klang beinahe stolz. »Ein Mann ist angekommen, hat das Essenszeug aus dem Kühlschrank geholt, sich Notizen gemacht.«
    »Was ich fragen will, ist was anderes. Eddie, ich möchte, daß du ganz genau nachdenkst, bevor du mir antwortest, okay?«
    Er warf seiner Mutter einen flehenden Blick zu, aber sie hatte sich bereits wieder dem Wandbildschirm zugekehrt. Eddie setzte sich vor Renie und !Xabbu auf den Boden. Er klaubte eine der Actionfiguren seiner kleinen Schwestern von dem abgewetzten Teppich auf und verdrehte sie in den Händen.
    Renie erklärte, wer !Xabbu war, aber Eddies Interesse hielt sich in Grenzen. Renie erinnerte sich, wie sie in dem Alter in solchen Situationen gemeint hatte, Erwachsene seien als Teil einer formlosen feindlichen Masse zu betrachten, solange sie nicht das Gegenteil bewiesen.
    »Ich gebe dir an nichts die Schuld, Eddie. Ich versuche bloß rauszufinden, was mit Stephen passiert ist.«
    Er schaute auch jetzt nicht auf. »Er ist krank.«
    »Das weiß ich. Aber ich möchte rauskriegen, wie es dazu gekommen ist.«
    »Wir ham nichts gemacht. Das hab ich dir doch gesagt.«
    »Nicht an dem Abend vielleicht. Aber ich weiß, daß du und Stephen und Soki euch im Netz rumgetrieben habt, auch an Orten, wo ihr nicht hindurftet. Das weiß ich, Eddie, klar?«
    »Klar.« Er zuckte mit den Achseln.
    »Dann erzähl mir was darüber.«
    Eddie verdrehte die Puppe dermaßen, daß Renie Angst hatte, er könnte sie kaputtmachen – die verdammten Dinger waren teuer, sie mußte das wissen, wo sie Stephen doch mehr Netsurfer-Figuren besorgt hatte, als ihr lieb war. »Masker« war besonders empfindlich, da er eine höchst heikle, superexotische Plastikfrisur hatte, die mindestens halb so hoch war wie der ganze Kerl.
    »Alle ham das gemacht«, sagte er schließlich. »Wie gesagt. Wir ham bloß’n bißchen rumgespitzelt.«
    »Alle haben was gemacht? Sich in den Inneren Distrikt geschmuggelt?«
    »Schon.«
    »Was ist mit diesem einen Dings … Mister J’s? Gehen da auch alle hin?«
    »Schon. Na ja, nicht alle. Von den älteren Jungs reden viele drüber.«
    Renie gab es auf, einen Augenkontakt erzwingen zu wollen, und setzte sich zurück. »Und viele lügen wahrscheinlich. Was habt ihr darüber gehört, daß ihr unbedingt hinwolltet?«
    »Was ist das für ein Ort?« fragte !Xabbu .
    »Nicht sehr einladend. Er ist im Netz – ein virtueller Club, so wie der Ort, wo wir zusammen waren, ein virtuelles Café ist.« Sie wandte sich wieder Eddie zu. »Was sagen die älteren Kids darüber?«
    »Daß … daß man da so Zeug sehen kann. So Zeug kriegen kann.« Er äugte zu seiner Mutter hinüber, und obwohl sie ganz im Bann der beiden klebrigen Männer zu sein schien, die mit langen leuchtenden Stangen aufeinander eindroschen, verstummte er.
    Renie beugte sich vor. »Was für ein Zeug? Verdammt nochmal, Eddie, ich muß das wissen.«
    »Die Jungs sagen, man kann da … Sachen fühlen. Auch wenn man keinen Flack hat.«
    »Flack?« Ein neuer Netboyausdruck. Die wechselten so schnell.
    »Das … das Zeug, wo man Sachen mit anfassen kann, die im Netz sind.«
    »Taktoren? Sensorische Rezeptoren?«
    »Ja, so gutes Zeug. Und selbst wenn man das nicht hat, gibt’s Sachen in Mister J’s, die man fühlen kann. Und dann gibt’s… ich weiß nicht. Die Jungs sagen alle möglichen …« Er verstummte wieder.
    »Erzähl mir, was sie sagen!«
    Aber Eddie war deutlich nicht wohl dabei, mit einer Erwachsenen über schlüpfrigen Netboyklatsch zu reden. Diesmal war es Renie, die sich hilfesuchend zu Eddies Mutter umwandte, aber Mutsie hatte alle Verantwortung abgegeben und dachte nicht daran, sie wieder zu übernehmen.
    Mehrere Versuche, andersherum zu fragen, brachten wenig neue Erkenntnisse. Sie waren in den Club gegangen, weil

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