Paladin der Seelen
nicht mehr von dem überwältigenden Willen aufrecht gehalten wird, Arhys in seinem scheinlebenden Zustand zu halten, sondern sie dem Kummer und Leid ergibt … dann ist sie sehr verwundbar.«
»Hm.« Seine Zweifel nahmen sichtlich zu.
»Was meint Ihr? Würdet Ihr sagen, sie ist ein starker Charakter?«
Er runzelte die Stirn. »Das hätte ich nicht gesagt, ehe das alles passiert ist. Ein bezauberndes Mädchen. Sie bewundert Arhys, aber ich würde schwören: Wenn ich ihr eine brennende Kerze vor eines ihrer hübschen Ohren halte, kann ich die Flamme durchs andere Ohr auspusten. Arhys stört das scheinbar nicht.« Er lächelte. »Andererseits, würde eine solche Schönheit mich so glühend verehren, würde mir das vielleicht auch zu Kopfe steigen, oder anderswohin, und ich würde ihren Geist womöglich höher schätzen. Und doch – sie hat sich dem Nebel von Umerues Zauber entzogen, und ich … ich habe das nicht geschafft.«
»Ich nehme an, Umerue hat sie unterschätzt. Und damit kommen wir zu etwas Anderem«, sagte Ista. »Wie kann eine Prinzessin aus Jokona, eine gläubige Anhängerin des vierfältigen Glaubens, überhaupt an einen Dämon kommen? Und ihn verborgen halten, oder anderweitig einer Anklage entgehen? Sie verbrennen Zauberer, obwohl ich nicht weiß, wie die jokonischen Geistlichen verhindern, dass der Dämon durch die Flammen auf einen anderen überspringt. Sie müssen irgendwas tun, um ihn an seinen Wirt zu binden, ehe sie beide ins Jenseits befördern.«
»Ja, mit aufwendigen Zeremonien und Gebeten. Keine schöne Sache. Und schlimmer noch: Es wirkt nicht immer.« Er zögerte. »Catti meinte, dass die Zauberin ausgeschickt wurde.«
»Von wem? Ihrem Bruder, dem Fürsten? Mal angenommen, dass die Erben ihres verstorbenen Gatten sie wieder bei ihm abgeladen haben.«
»Das haben sie, soweit ich weiß. Aber … es ist schwer vorstellbar, dass Sordso der Säufer um Jokonas willen mit Dämonen herumstümpert.«
»Sordso der Säufer? So wird der junge Fürst in Caribastos genannt?«
»So wird er überall genannt, zu beiden Seiten der Grenze. Die Zeitspanne zwischen dem Tod seines Vaters und dem Ende der Regentschaft seiner Mutter verbrachte er nicht mit dem Studium der Staatsführung und Kriegshandwerk, sondern mit Weingelagen und Dichtkunst. Er ist sogar ein ganz ordentlicher Dichter, der ein wenig zu Schwermut neigt, den Beispielen nach zu urteilen, die ich zu hören bekommen habe. Wir alle haben darauf gehofft, er würde dieser Berufung folgen. Offensichtlich eignet er sich dafür besser als für die Geschäfte eines Fürsten.« Er grinste. »Mein Herr, der Herzog dy Caribastos, hätte ihm mit Freuden einen Palast gestellt, ihm eine Pension gezahlt und seine schmalen Schultern damit von den Bürden der Herrschaft entlastet.«
»Wie es aussieht, ist der Fürst inzwischen nicht mehr so nachlässig. Er hat den Raubzug nach Ibra befohlen, dessen Teilnehmer später von Rauma aus ostwärts über die Berge flohen und mich entführten. Es waren Schreiber der Schatzkammer dabei, die über den fürstlichen Fünften Buch geführt haben. Hat Liss Euch davon erzählt?«
»Nur kurz.« Er nickte dem Kuriermädchen zu, und sie nickte bestätigend zurück. Dann kniff er seine dunklen Brauen zusammen. »Rauma? Das ist seltsam. Warum Rauma ?«
»Wahrscheinlich wollten sie damit den Fuchs von Ibra so weit einschüchtern, dass er beim anstehenden Herbstfeldzug seine Truppen im eigenen Land lässt, anstatt seinen Sohn gegen Visping zu unterstützen.«
»Hm. Das könnte sein. Aber Rauma liegt zu weit in Ibra, als dass ein solcher Schlag sinnvoll erscheint. Die Rückzugsmöglichkeiten sind schlecht. Das haben die Angreifer ja offensichtlich auch festgestellt.«
»Lord Arhys meinte, es sind nur drei von dreihundert ausgezogenen Kriegern nach Jokona zurückgekehrt.«
Illvin stieß einen Pfiff aus. » Gut für Arhys. Ein teures Ablenkungsmanöver für Sordso!«
»Nur dass die Verluste sich am Ende beinahe doch ausgezahlt hätten, wenn sie mich hätten mit zurücknehmen können. Aber das gehörte bestimmt nicht zu ihrem ursprünglichen Plan. Sie hatten nicht einmal Karten von Chalion dabei.«
»Ich kenne den Grafen von Rauma von früher. Ich kann mir vorstellen, dass er den Jokonern einen heißen Empfang bereitet hat. Er war einer unserer besseren Feinde, damals, bevor wir alle mit Ibra verschwägert wurden. Die Heirat Eurer Tochter hat die westlichen Grenzen von Porifors ziemlich entlastet, und dafür bin ich ihr
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