Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)

Taschenlampen an. Die Luft in dem dunklen Raum war so kalt wie in einem Kühlhaus.
    Sie gingen an den Duschen vorbei, wo Dutzende von Wassertropfen auf den Kacheln widerhallten. Dann erfassten die Strahlen ihrer Taschenlampen den weißen Draht von Happy Nepsteds Gerätekäfig. Sie leuchteten hinein und strahlten die langen Gänge hinter der Theke an.
    »Wonach suchst du?«, fragte Nick.
    »Nepsted«, erklärte Will. »Der Gerätewart. Ich hätte ein paar Fragen an ihn. Er kommt mir übrigens ein bisschen … eigenartig vor.«
    »Wirklich? Ein mürrischer Zwerg, der in Rätseln spricht und nie den Keller verlässt?«, meinte Nick. »Ja, ich würde sagen, das ist schon ein bisschen merkwürdig.«
    »Die Tür, durch die Lyle verschwunden ist, befindet sich da drüben«, teilte Will ihnen mit.
    Als sie darauf zugingen, prallten ihre Lichtstrahlen von dem lackierten Metall ab und tanzten mit einem geisterhaften Schein durch die Luft.
    »Die ist mir bis jetzt noch nie aufgefallen«, gestand Ajay.
    »Lasst uns die Hütte auseinandernehmen«, forderte Nick, drückte die Tür auf, rannte hindurch und knallte sie hinter sich zu. Kurz darauf hörten Will und Ajay einen erstickten Schrei: »Oh nein, oh Gott, Hilfe!«
    Sie stießen die Tür auf und stürmten hinein. »Nick? Nick?! Wo bist du?«
    Plötzlich tauchte ein Gesicht aus der Dunkelheit vor ihnen auf. »Nepsted hat mich erwischt«, krächzte Nick, der sich die Taschenlampe unters Kinn hielt.
    Ajay sprang zurück und prallte gegen die Wand, eine Hand auf die Brust gelegt. »Du Vollidiot. Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen.«
    »Keine Sorge, Alter. Ich war mal kurz davor, einen Erste-Hilfe-Kurs zu belegen …«
    »Also ehrlich, Nick«, stöhnte Will, dessen Herz ebenfalls raste. »Ein Wunder, dass dich noch keiner umgebracht hat.«
    »Ja, ich weiß. Und jetzt macht euch auf was gefasst. Keine Ahnung, ob ihr damit klarkommt … denn wie ich eben festgestellt habe, befinden wir uns in einem ziemlich gruseligen … Versorgungsgang.« Nick leuchtete nach oben und nach unten, sodass ein quadratischer grauer Betonkorridor sichtbar wurde, an dessen Decke dicke Rohre verliefen. Ein paar Meter weiter entwich aus einem der Rohre ein kleiner Dampfstrahl.
    »Das muss das Zischen sein, das ich gehört habe«, schloss Will. »Zu dem Raum geht es hier entlang.« Er führte sie die Treppe hinunter und dann um die scharfe Kurve herum nach links. Sie richteten ihre Lampen auf die lange, gerade Passage vor ihnen, bis die Strahlen in der Dunkelheit verschwanden.
    Ajay nahm seinen Pager heraus und drückte einen Knopf. »Das«, meinte er und räusperte sich, »ist ein sehr langer Korridor.«
    »Der Raum liegt am anderen Ende«, sagte Will.
    »Wie weit ist das?«, fragte Nick.
    »Keine Ahnung. Weit. Gehen wir.«
    Sie setzten sich in Bewegung. Um sie herum machte sich Kälte breit. Durch den Lichtstrahl ihrer Taschenlampen segelten verschwommene Staubpartikel, träge Teilchen in einem trüben Meer. Va ge Gestalten schienen in der Ferne zu schweben. Ihre Lichter begannen zu wackeln.
    Zitternd blieb Ajay stehen. »Ich habe am ganzen Körper Gänsehaut.«
    »Ich auch«, gestand Nick.
    »Wollt ihr den Raum jetzt sehen oder nicht?«, fragte Will genervt.
    »Ja!«, rief Nick.
    »Also was sind wir nun, Männer oder Mäuse?«, hakte Will nach.
    »Reich mir mal den Käse«, piepste Ajay.
    »Geht einfach weiter«, befahl Will.
    »Klar. So, wie du rennen kannst, hast du ja auch nichts zu befürchten«, bemerkte Nick. »Aber Ajay und ich werden von hinten angefallen … und dann stürzen sich gefräßige Zombies auf unser Gehirn und …«
    »Herrje, würdest du endlich den Mund halten?«, flehte Ajay.
    »Herr Jeh? Wer ist denn Herr Jeh?«, fragte Nick.
    Will bewegte sich langsam vorwärts, während die anderen ihm dicht folgten. Die Taschenlampen geradeaus gerichtet, bündelte sich ihr Licht zu einem gemeinsamen Strahl, der die Dunkelheit durchschnitt.
    »Hat vielleicht jemand Lust, mit mir zusammen die Nationalhymne zu singen?«, fragte Nick mit zittriger Stimme.
    »Die erste gute Idee, die du seit Langem hattest«, fand Ajay.
    Nick räusperte sich leise. »Oh say, can you see …« Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »… by the dawn's early light …« Die anderen stimmten ein und sangen mindestens so leise wie Nick: »What so proudly we hailed …«
    Im nächsten Moment ertönte hinter ihnen im Gang ein lauter metallischer Knall. Abrupt verstummten sie und blieben wie versteinert