Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)
der einen Hand das Schwert, in der anderen das Beil. Dann hob er beide Waffen. Nick schloss die Augen.
Doch nichts geschah.
Nick spürte lediglich ein seltsames Kitzeln an Rücken und Armen. Er hörte ein Geräusch und dachte an die Wellen vor der Küste von Marblehead in einem Nordoststurm, den er einmal zusammen mit seinem Dad erlebt hatte: Dieses tiefe, donnernde Röhren des Ozeans war ihm immer in Erinnerung geblieben. Und nun kam das gleiche Geräusch von hinten auf ihn zu wie einer dieser gewaltigen grauen Brecher.
Vorsichtig öffnete Nick die Augen.
Der Paladin stand wie versteinert da, noch immer mit erhobenen Waffen, genau so wie Nick ihn Momente zuvor gesehen hatte. Aber er kämpfte verzweifelt, wenn auch kaum wahrnehmbar, gegen etwas an, das hinter Nick hervorschoss und an Tausende von Ranken erinnerte.
Nick ließ sich auf den Boden fallen, schleppte sich seitwärts und drehte sich dann um.
Dünne, sehnige Fäden, die aussahen wie graue Schnüre, schoben sich durch den weiß lackierten Käfig, durch jede kleine rautenförmige Öffnung der breiten Gitterfläche. Ranken wanden sich hindurch wie Tausende von Schlangen und hatten schnell jeden Quadratzentimeter der Statue bedeckt. Verblüfft schaute Nick zu, wie sie sich um den machtlosen Paladin wickelten, bis der sich schließlich nicht mehr bewegen konnte.
Als Nick an den Ranken vorbei in die Dunkelheit hinter dem Käfig blickte, glaubte er, eine gewaltige verschwommene Masse zu erkennen, die gegen die andere Seite des Stahls gepresst war. Und er wusste instinktiv, dass sie die Quelle des ozeanischen Dröhnens sein musste. In der Mitte der wabbligen Masse schimmerte etwas in der Farbe von Blut.
Wie ein Auge. Wie das Auge eines gigantischen Kraken .
Das Metall der Statue stöhnte und ächzte, während die Ranken sich unerbittlich immer fester zusammenzogen. Dann gab etwas im Inneren des Paladins mit einem Geräusch nach, das Nick an das Reißen einer Bassseite erinnerte. Plötzlich ließen die Ranken von der Statue ab, zogen sich zurück und wehten wie Seegras sanft in der Luft.
Schwert und Beil fielen klirrend herab und etwas Weiches, Schwarzes rutschte aus dem rechten Absatz des Paladins, schmolz dann und floss über den Boden. Im nächsten Augenblick knackte die Statue, zerbrach und stürzte in Dutzenden von Einzelteilen in sich zusammen.
Nick wurde schwindlig und er ahnte, dass er gleich in Ohnmacht fallen würde. Gebannt sah er zu, wie die wehenden Ranken ihm ein Objekt entgegenstreckten, aber er hatte keine Angst. Er erkannte, worum es sich dabei handelte, und wusste, wozu es diente. Mit aller Macht kämpfte er darum, lange genug bei Bewusstsein zu bleiben, um es noch benutzen zu können.
Sanft hielten die Ranken den Hörer des schwarzen Telefons aus dem Sportgeräte-Käfig an sein Ohr. Dann schlang sich ein weiteres Büschel um den Apparat und drückte auf das C in der Mitte des Emaille-Knopfes.
Nick hörte, wie eine Telefonistin antwortete.
»Dr. Robbins bitte«, sagte er, verwundert, wie ruhig er klang.
Während er darauf wartete, dass die Verbindung hergestellt wurde, wanderte sein Blick zur Tür des Stahlkäfigs direkt neben der Theke.
Seltsam. Das ist mir vorher noch nie aufgefallen .
Das Schloss ist ja außen angebracht.
DAS BOOTSHAUS
Der ekelerregende Gestank sorgte dafür, dass Will wieder zu sich kam. Dann näherten sich Stimmen, als tauche er aus einem Tunnel auf.
»Was sollen wir mit ihm machen?«, fragte jemand.
»Wartet«, erwiderte die verzerrte Stimme des Paladins. »Wartet, bis es sich an ihm festgesaugt hat. Dann funktioniert es besser.«
Will verhielt sich vollkommen ruhig, damit sie nicht merkten, dass er wach war. Er lag auf der Seite in der Dachkammer des Bootshauses. Sie hatten ihm die Hände mit seinen eigenen Schnellbindern auf den Rücken gefesselt und mit seinen Füßen verbunden, sodass die Beine schmerzhaft nach hinten gezogen wurden. Sein ganzer Körper schmerzte von den Folgen des Angriffs mit dem Elektroschocker. Da ihm die Maske über die Augen gerutscht war, konnte er nichts sehen.
Er rief sein Wahrnehmungsraster wach: Über ihm standen zwei Ritter, zusammen mit der großen, gebeugten Gestalt des Paladins. Brooke war im Zimmer nebenan, noch immer an einen Stuhl gefesselt. Der fürchterliche Gestank kam aus einem schwarzen Behälter, der so groß war wie eine Thermosflasche und keine dreißig Zentimeter von Wills Gesicht entfernt auf dem Boden lag.
Will spürte, welche Energie von dem
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