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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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nebensächlich?« fragte Ikaros leise.
    »Für einen wie dich, der Minos nahestand und Frauen verachtet, vielleicht«, fuhr Laeto ungerührt fort. »Aber wir sind stark und eigenständig, Kreterinnen, die an die Göttin glauben! Wir brauchen keine Männer, die uns Anweisungen geben.«
    Asterios sprang auf. »Und ihr anderen? Was ist mit euch? Glaubt ihr auch, daß ich als Mann gekommen bin, um euch zu befehlen?«
    Er sah von einer zur anderen. Viele senkten den Blick, einige aber hielten ihm stand.
    Demonike ergriff das Wort. »Ich war noch ein Mädchen, als ich der Großen Mutter geweiht wurde. Seit mehr als dreißig Jahren bin ich die Hüterin Ihres Schreins. Damals habe ich Ihr gelobt, ihn mit meinem Leben zu schützen. Und kein Erdbeben und kein lavaspeiender Berg können mich davon abbringen.« Sie war den Tränen nahe. »Wenn Strongyle zum Untergang verdammt ist, werde ich im Heiligtum wachen, bis mich die Totenbarke zu Ihr trägt, der mein Leben gehört.«
    Die anderen nickten zustimmend.
    »Da siehst du es«, sagte Demonike. »Keine der Schwestern ist zur Flucht bereit, was auch geschehen mag. Wir bleiben hier, bis sich unser Schicksal nach Ihrem Willen erfüllt hat.«
    Sie sah ihn dabei so fest an, daß er den Einwand unterdrückte, der ihm auf der Zunge lag. Im Augenblick konnte er nichts bei den Priesterinnen erreichen. Er mußte nachdenken, bevor er einen neuen Versuch unternahm, durfte aber nicht aufgeben!
    »Ich beuge mich deiner Entscheidung, Schwester der Einen Mutter«, sagte Asterios ernst, »wenngleich sie mich auch tief beunruhigt. Wenn ihr entschlossen seid, zu bleiben, so bleibt. Verzeiht mir aber auch, daß ich mich nicht von meiner Mission abbringen lassen kann. Dazu steht zuviel auf dem Spiel.«
    Nach diesen Worten erhob er sich, gab Ikaros ein Zeichen und verabschiedete sich von den Frauen. Sie stiegen zu dem kleinen Zimmer hinauf, das man im ersten Stock für sie hergerichtet hatte.
    »Nicht schlecht, dein Abgang«, murmelte Ikaros anerkennend, zog sich langsam aus und breitete die Decke auf dem Bett aus. »Die frommen Schwestern hatten dich ganz schön in die Enge getrieben. Was willst du jetzt weiter unternehmen?«
    »Ich weiß noch nicht, Ikaros. Ich kann die ganze Zeit nur an Ariadne denken. Ich muß zu ihr, sofort. Sonst werde ich noch verrückt vor Sorge und Sehnsucht.«
    »Es ist mitten in der Nacht, und kein Mensch würde dich jetzt zu ihr lassen«, versuchte der Freund ihn zu besänftigen. »Jetzt schlafe erst einmal und ruhe dich aus, nachdem du dich eben so elegant aus der Affäre gezogen hast. Bin ich froh, kein Diener eurer Großen Mutter sein zu müssen!«
    »Spar dir deinen Spott!« kam ungewohnt barsch die Antwort aus der anderen Ecke des Zimmers. Es war dunkel; Asterios hatte bereits die Kerzen gelöscht. »Du kannst dich nicht immer davonstehlen, indem du den Unbeteiligten spielst und alles ironisch kommentierst! Mich hat der Mut dieser Frau gerührt.« Als er weitersprach, klang seine Stimme verändert. »Was soll ich tun, Ikaros, wenn Ariadne mir nicht glaubt?«
    »Darüber mußt du dir keine Gedanken machen«, erwiderte Ikaros lakonisch. »Sie wird dir mit Freuden folgen. Ihr ist jeder Vorwand recht, dem verhaßten Tempeldienst zu entkommen und endlich wieder nach Hause zu fahren. Paß auf, daß sie dich nicht nur als Werkzeug benutzt!«
    »Du kennst Ariadne nicht«, murmelte Asterios. Er rollte sich zusammen und wartete, bis er regelmäßige Atemzüge hörte. Dann legte er sich die Decke um die Schultern und setzte sich an das geöffnete Fenster.

Athenai
    Dichte Schwaden stiegen von dem Herd auf, der den Mittelpunkt des Promos bildete. Auch die Wände des Saales waren rauchgeschwärzt, und hinter der klebrigen Schicht konnte man die grobschlächtige Wandbemalung nur noch erahnen. Jesa hatte sie abschätzig begutachtet und sich mit einer gemurmelten Entschuldigung bald zurückgezogen.
    Obwohl Minos mit ihr gerechnet hatte, konnte er ihre Flucht durchaus verstehen. Jetzt mußte er den Abend mit Aigeus und seinen Mannen ohne ihre Unterstützung überstehen. Auch Aiakos fehlte an seiner Seite; er hatte ihn mit den neuesten Informationen über Aigeus und seinen Bastard zum kretischen Zeltlager geschickt und erwartete ihn erst am anderen Nachmittag wieder zurück. Nun bereute er diese Entscheidung bereits, denn gerade an diesem Abend hätte er viel darum gegeben, den alten Freund neben sich zu wissen.
    Mißmutig blickte er sich in dem hohen, kahl wirkenden Raum um. Was für

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