Palast der Liebe
führte die Frau in den Salon und rief über das Haustelefon in den Stallungen an, damit man Derek über den Besuch informierte. Nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte, wandte sie sich zu der Frau um.
„Ich bin Caren Bl... Allen“, sagte sie nervös.
„Oh, Mr. Allens Frau, natürlich. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass er vor kurzem geheiratet hat.“
Sie unterhielten sich eine Weile übers Wetter, bis Derek kurz darauf den Salon betrat. Er roch nach Pferden, Sonne und Wind und sah mit seinem windzerzausten Haar, der Reithose und den hohen Stiefeln ungeheuer männlich und attraktiv aus. Caren verzieh Mrs. Caldwell den verlangenden Blick, mit dem sie ihn betrachtete, als er sich ihr gegenüber auf einen Stuhl setzte.
„Ich nehme an, Sie sind wegen des Schecks gekommen?“
„Ja, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“
„Ich habe ihn schon ausgeschrieben.“ Er stand auf und ging zu einem Sekretär, zog eine Schublade auf, nahm einen Umschlag heraus und überreichte ihn Mrs. Caldwell.
„Ich kann Ihnen gar nicht sagen, was Ihre Spenden für uns bedeuten, Mr. Allen. Ihr letzter Scheck über hunderttausend Dollar hat es uns ermöglicht, unsere Krankenabteilung mit einem eigenen Arzt und einer Krankenschwester weiterzuführen. “
„Das freut mich zu hören.“
Sarah Caldwell schaute zu Caren hinüber, die verlegen zur Seite blickte. „Sie müssen schrecklich stolz darauf sein, dass sich Ihr Mann so großherzig für wohltätige Zwecke einsetzt. Das Waisenhaus ist nur eine von vielen Institutionen, die er unterstützt. Als ich noch dem Komitee für die Welthungerhilfe angehörte ..."
„Bitte, entschuldigen Sie mich, Mrs. Caldwell“, unterbrach Derek ihren Redeschwall und stand auf. „Ich muss jetzt in die Ställe zurück.“ Höflich half er Mrs. Caldwell aus ihrem Stuhl und geleitete sie zur Haustür. Caren sagte nur leise auf Wiedersehen. Als Derek Minuten später in den Salon zurückkam, saß sie auf dem Stuhl und schluchzte leise vor sich hin.
„Caren!“ Mit schnellen Schritten kam er zu ihr hinüber. „Was ist passiert?“ Bestürzt kniete er sich vor ihr auf den Boden.
„Ich schäme mich so“, flüsterte sie. „Ich dachte ... Oh, du weißt genau, was ich dachte. Dabei hätte ich es wirklich besser wissen müssen. Entschuldige, dass ich so hässliche Dinge zu dir gesagt habe.“
Er hob ihren Kopf hoch und wischte ihr die Tränen von den Wangen. „Ich nehme dir deine Worte nicht übel. Und außerdem“, er lächelte verschmitzt, „lebe ich wirklich in Saus und Braus.“
Zu gern hätte Caren sich vorgebeugt und ihn auf den Mund geküsst. Doch sie traute sich nicht. Stattdessen fragte sie: „Warum hast du dich dann neulich nicht verteidigt?“
„Weil das keinen guten Eindruck gemacht hätte. Über gute Taten spricht man nicht.“
„Du bist viel liebenswerter, als ich dachte. Ich habe das bisher noch nie so recht gewürdigt.“
„Nein“, widersprach er. „Ich bin alles andere als liebenswert. Ich bin zum Beispiel ein schlechter Ehemann.“ Er schaute ihr in die Augen, die noch feucht waren von den Tränen. „Bist du wirklich unglücklich hier, Caren?“
Sein Blick war so eindringlich, so gespannt, dass sie wusste, es würde ihm das Herz brechen, wenn sie Ja sagte. „Nicht unglücklich“, wich sie aus. „Ich habe einfach nicht genug zu tun. Hättest du etwas dagegen, wenn ich eine Arbeit in Charlottesville annehme? Es braucht ja nur halbtags zu sein.“
„Ali Al-Tasans Frau geht nicht arbeiten.“
„Das hatte ich fast schon befürchtet.“ Caren seufzte. Damit war das Thema vom Tisch. Jetzt wusste Caren zwar, dass Derek seinen Reichtum großzügig mit anderen teilte, und akzeptierte daher schon eher seinen verschwenderischen Lebensstil. Doch nach wie vor fehlte ihr eine sinnvolle Beschäftigung. Von Tag zu Tag kam sie sich überflüssiger vor. Derek musste eine Reinigungsfirma beauftragt haben, den Dachboden zu entrümpeln. Tagelang polterten Arbeiter die Bodentreppe hinauf und herunter, doch die Tür war stets verschlossen. Caren fragte sich, was die da oben alles machten. Sie schleppten schwere Gegenstände die Treppen hinauf und hämmerten tagelang.
Eines Morgens kam Derek in ihr Schlafzimmer, um Caren aufzuwecken. Überrascht setzte sie sich im Bett auf. Seit jener ersten Nacht hatte Derek nie wieder ihr Zimmer betreten.
„Ich muss dir etwas zeigen“, sagte er aufgeregt wie ein kleiner Junge, der ein Geheimnis lüften wollte.
„Jetzt?“ fragte sie verständnislos.
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