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Palast der Suende - Roman

Palast der Suende - Roman

Titel: Palast der Suende - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Smith
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zum Lift, so sehr in Gedanken, daß sie beinahe mit ihrer Freundin zusammengestoßen wäre, die gerade aus der Kabine trat.
    »Hallo.« Cherry strahlte sie an.
    »Hallo. Ich schätze, du hast Sean nicht an diesem Nachmittag gesehen?«
    Cherry schüttelte den Kopf. »Nein. Sollte ich?«
    »Ich sollte ihn hier vor zwei Stunden treffen.«
    »Oh! Dann wird er jetzt kein glücklicher Mann sein, was? Was ist denn passiert?«
    Claire verzog das Gesicht. »Nun, sagen wir … ich wurde aufgehalten.«
    »Ach, wirklich?« Cherry sah sie argwöhnisch an. »Das klingt höchst interessant.«

    »War es auch.«
    »Kannst du ein bißchen in die Einzelheiten gehen?«
    »Nein.« Claire lächelte. »Und wohin bist du unterwegs?«
    Cherrys Augen verloren ihren Glanz. »Arbeiten. Erinnerst du dich an den Job, von dem ich sprach? Ich habe ihn angenommen.«
    »Aber das ist doch großartig! Das heißt, du bleibst länger und kannst mit zur Party.«
    »Ich wollte sie nicht verpassen, deshalb habe ich den Job akzeptiert. Außerdem habe ich zwei weitere Gründe, um länger bleiben zu wollen.«
    Claire warf einen Blick auf den Schminkkasten, den die Freundin trug. »Ist es nicht ein bißchen spät für einen Fototermin?«
    Cherry hob die Schultern, sagte aber nichts.
    »Für wen machst du diesen Job auch noch mal? Ich habe den Namen vergessen.«
    »Du hast ihn nicht vergessen. Ich habe ihn nicht gesagt.« Cherry grinste. »Guter Versuch. Du hast deine kleinen Geheimnisse, und ich habe meine. Wir sehen uns morgen.«
    Claire starrte Cherry nach, die zum Ausgang schritt. Sie rief ihr noch nach: »Ruf mich um acht Uhr an. Ich habe einen Termin für die Masken gemacht. Du kannst mitkommen.«
    »Okay.«
     
    Claire stieg aus der Badewanne und schlang das flauschige Badetuch um sich. Zum erstenmal in ihrem Urlaub hatte sie den Luxus, einen ganzen Abend für sich zu haben. Selbst wenn Stuart nicht hätte arbeiten müssen,
wäre sie nicht in der Lage gewesen, ihn nach dem Abenteuer im Studio schon wieder zu treffen.
    Es war spät gewesen, als Pietro ihr endlich gestattet hatte, sich vom Sofa zu erheben. Bis dahin war ihre Lust abgekühlt, und irgendwann war sie sich lächerlich vorgekommen. Aber Stuart hatte sie in die Arme genommen und ihre Sorgen weggeküßt, bevor er sie zurück zum Hotel gebracht hatte. Er war so erfolgreich mit seinen Versuchen gewesen, sie neu aufzubauen, daß sie Pietro sogar eine letzte Sitzung am folgenden Nachmittag zugesagt hatte.
    Sie vermied es, an diesen Nachmittag zu denken, als sie sich die Beinhaare mit Wachs entfernte, ihre Wimpern zupfte und sich penibel mit der Maniküre beschäftigte.
    Als der Lack endlich trocken war, schaute sie auf die Uhr. Neun Uhr erst. Sie ließ sich in einen Sessel fallen und schaltete den Fernseher ein. Nachdem sie ein paarmal die einzelnen Kanäle durchgezappt hatte, stieß sie einen tiefen Seufzer aus: Überall eine miese Spielshow, moderiert von Männern, die wie Gebrauchtwagenhändler aussahen, verziert durch Frauen, die ihre Bikinis unglaublich ausfüllten. Sie warf die Fernbedienung aufs Bett.
    Obwohl sie sich darauf gefreut hatte, einen Abend für sich zu haben, empfand sie bald schon Langeweile. Sie brauchte einen Drink. Der Zimmerservice war teuer, und außerdem wollte sie nicht für eine jener Frauen gehalten werden, die in ihrer Einsamkeit das Trinken anfingen – auch wenn sie eine war.
    Nach einer halben Stunde, in der das Grinsen der Männer und die Bikinis der Frauen den Bildschirm gefüllt
hatten, war sie mit ihrer Geduld am Ende. Sie schaltete den Fernseher aus, tauschte den Bademantel gegen Jeans und Pulli aus, nahm ihren Schlüssel und verließ ihr Zimmer.
    Zu dem Geschäft am Campo di San Zaccaria war es nur ein Fußweg von zwei Minuten. Sie stand vor dem Weinregal, überlegte und entschied sich dann für zwei Flaschen Spumante, bevor sie ins Hotel zurückeilte.
    Im Foyer sah sie eine große Gestalt, die sich über den Schalter der Rezeption beugte. Einer von Cherrys Amerikanern, erkannte Claire. Er richtete sich auf und streckte seine Gestalt, als er Claire entdeckte.
    »Hi. Ich suche Cherry.«
    Als ob sie’s nicht geahnt hätte. »Sie ist ausgegangen.«
    »Das hat mir der Portier gerade auch gesagt. Wissen Sie, wohin sie gegangen ist?«
    Claire hob die Schultern. »Keine Ahnung.« Sie fühlte sich unbehaglich, mit ihren zwei Flaschen Wein, die sie vor die Brust drückte, im Foyer zu stehen. Auch wenn sie in Papier gewickelt waren, konnte jeder sehen, daß es zwei

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