Pandablues: Roman (German Edition)
hinkriegen würde, und natürlich perfekt gezupfte Augenbrauen, gegen die meine im direkten Vergleich an Frida Kahlo erinnerten.
Ihre schlanken, french-manikürten Finger tippten nun auf dem hausinternen Festnetztelefon herum – wahrscheinlich um zehn weitere Teilzeit-Lolitas davon abzuhalten, den nächsten Waschgang zu starten, und somit deren Zeitplan für heute komplett durcheinanderzubringen. Ich malte mir aus, wie nun sämtliche Vorgänge meinetwegen gestoppt und Abläufe gestört würden und die Angestellten aufgrund meiner Blödheit Überstunden schieben müssten: Kinder würden zu spät von der Schule abgeholt werden, Einkäufe nicht erledigt, Ehemänner sauer daheim vor dem zu spät zubereiteten Abendessen sitzen … ja, ganze Ehen, deren Fundament nicht stabil genug war, könnten zerbrechen – und das nur wegen eines einzigen Momentes der Unaufmerksamkeit und eines winzigen Spindschlüssels! Nun hatte ich wirklich ein schlechtes Gewissen, obwohl Lolita immer noch freundlich lächelte, während sie nun telefonierte.
»Ja genau, im Spa-Bereich. … Ja. Exakt. Einer der größeren Bademäntel, denke ich. … Ja. Genau. Wahrscheinlich L, oder?« Fragend sah sie mich an.
Einer der größeren Bademäntel?
Ich fasste es nicht.
»Höchstens M«, flüsterte ich ihr abwinkend zu, und Lolita zog ungläubig ihre rechte, perfekt gezupfte Augenbraue hoch.
»Ja, L, in jedem Fall L, vielleicht auch größer«, säuselte sie in den Hörer.
Vielleicht auch größer? Das ist ja wohl eine Unverschämtheit!
Ich versuchte, an das Kragenschildchen in meinem Nacken zu kommen, ohne den Bademantel zu öffnen, da ich ja nichts darunter trug. Mit dem Kinn über der linken Schulter konnte ich aus dem Augenwinkel ein L erkennen. Es konnte aber auch ein verwaschenes, halbes M gewesen sein, ich war mir da nicht so sicher.
»Ich kann nur ein halbes M erkennen«, flüsterte ich Lolita zu, die immer noch geschäftig telefonierte.
Lolita nickte.
Ein halbes M, die neue Zwischengröße.
Sie lächelte mich wieder an, als sie auflegte. »Die Kolleginnen schauen nach«, sagte sie freundlich, »bei M und bei L.«
Betrübt schlurfte ich in den Spa-Schlappen zurück zu Trine und Mona.
Lolita hatte mir zugesagt, mich sofort zu informieren, wenn der Schlüssel auftauchen würde.
Irgendwie war meine gute Laune verflogen, als ich mich wieder zu meinen Freundinnen legte.
»Trine«, fragte ich leise, »hast du noch einen Kinderriegel dabei?«
»Klar doch!«, sagte sie und zog einen aus ihrer Eutertasche. »Du wirkst aber ganz schön gefrustet.«
»Ach, das legt sich wieder«, mischte sich Mona ein. »Spätestens, wenn sie die beiden Punkte heute Abend mit Eric wieder abtrainieren muss.«
»Stimmt«, antwortete ich kauend, »Eric ist wirklich ein Geschenk des Himmels.«
Seufzend schloss ich die Augen und dachte an ihn. Er mochte mich so, wie ich war, und das war ja wohl die Hauptsache. Und außerdem war ich mir ganz sicher, dass das L doch ein verwaschenes halbes M gewesen sein musste.
Lolita und ihre Kolleginnen hatten den Spindschlüssel schneller gefunden als erwartet. Gut organisiert, der Laden, dass musste ich ihnen lassen. Und so wie es aussah, müsste auch niemand Überstunden schieben, Kinder würden pünktlich abgeholt werden und die Kölner Ehemänner zufrieden sein.
Trine und Mona versprachen beim Bezahlen unaufgefordert, dass ich das nächste Mal ganz sicher meinen eigenen Bademantel mitbringen würde, was die arme Kassiererin verwirrt zurückließ.
*
Als ich müde von so viel Entspannung zu Hause ankam, wartete Eric schon auf mich.
»Na, hattet ihr einen schönen Tag?«
»Ach«, antwortete ich, »frag besser nicht.« Ich freute mich, ihn zu sehen, und kuschelte mich neben ihn auf das viel zu kleine Sofa. Noch so ein Grund, eine größere Wohnung zu suchen. »Ich habe heute zwei Kinderriegel gegessen«, sagte ich und begann, an Erics Ohr zu knabbern, »das sind zusammen vier Punkte.«
»Und was bedeutet das?«, fragte Eric ahnungslos.
»Das bedeutet, dass wir beide jetzt eine Stunde rummachen müssen«, erklärte ich.
»Oh«, sagte Eric. »Gut, dass ich vorhin beim Einkaufen einen neuen Kinderriegel-Vorrat für unvorhergesehene Finn-Besuche eingepackt habe.« Er zwinkerte mir zu. »Möchtest du vielleicht noch schnell einen?«
Ach, abnehmen kann ja so schön sein!
4. Kapitel
»Charlotte!« Willi kam wild mit seinen Händen fuchtelnd und ganz aufgeregt auf das Pinguinbecken zugelaufen. »Ich habe ganz tolle
Weitere Kostenlose Bücher