Pandoras Kuss
hatte.
„Hau ab! Nimm dein Zeig und verschwinde!“
Er sammelte seine Sachen zusammen, streifte Shorts, Jeans und T-Shirt über, griff den Wagenschlüssel im Flur und verschwand , ohne mich auch nur noch einmal angesehen zu haben.
Kaum war er zur Tür hinaus , bereute ich ihn hinausgeworfen zu haben.
Weshalb der Terz fragte ich mich.
Wir hatten auch schon zuvor mal schlechten Sex gehabt und waren darüber hinweggekommen.
Merde .
12 .
Ich ging ins Schlafzimmer zurück, suchte die Reste des zerbroch enen Joints zusammen, drehte mir daraus einen neuen und nahm ihn ins Wohnzimmer mit, wo ich außerdem meine letzte Flasche Wein öffnete.
Da war ich: Marie Colbert, achtundzwanzig Jahre alt, korrupte Polizistin, Besitzerin eines vier Jahre alten Renault Clios, Mieterin einer Zwei-Zimmer-Wohnung, gelegentliche Frustweintrinkerin und Erpressungsopfer, mit gerade genug Verstand zwischen ihren Ohren, um den einzigen Typen für immer verschreckt zu haben, der bereit gewesen war, mit mir zu meinen Bedingungen zu ficken. Na ja zumindest nahezu zu meinen Bedingungen.
War ich denn wirklich so unscheinbar und unwichtig, dass keiner der Menschen mit denen ich den größten Teil meiner Tage verbrachte , überhaupt wahrnahm, welche Veränderungen in den letzten Tagen an mir vorgegangen waren?
Wie laut sollte dieses Sklavenhalsband denn noch in die Welt hinaus brüllen, dass Marie Colbert ihr Leben und ihre Karriere abgefuckt hatte und zwar seitwärts und dreifach?
Weshalb weigerte sich jeder um mich herum , dermaßen hartnäckig die Zeichen an der Wand zu deuten?
Ich war einmal die dritte meines Jahrgangs der Polizeiakademie gewesen. Und diejenige, für die mein Vater unter all seinen Kindern die höchsten Erwartungen hegte. „Marie“ , pflegte er zu sagen, „wird mal der erste weibliche Polizeipräfekt von Paris.“
Ich hätte heulen können.
Ich hätte sogar heulen sollen .
Stattdessen fiel mein Blick auf den Stapel Notizen und Ausdrucke, der immer noch auf meinem Wohnzimmertisch lag.
Wahrscheinlich war es ja der Joint, der allmählich seine Wirkung tat, aber ich griff die Rotweinflasche, hob sie hoch und goss den Rest Wein darin von weit oben herab über meinen Notizen aus.
Dann sah ich reglos zu wie der Wein über das Papier hinweg auf den Tisch lief und von da aus über die Tischkante hinweg auf meinen Teppich tropfte.
Der wirklich mächtige Part in einer S&M Beziehung war gar nicht derjenige, welcher die Peitsche schwang oder erwartungsvoll mit den Handschellen klirrte, sondern derjenige für dessen Hintern und Handgelenke die Peitschenschläge und Handschellen gedacht waren.
In anderen Worten: Der augenscheinlich schwächere Teil einer S&M Beziehung war der eigentlich Überlegene, denn er oder sie machte die Ansagen. Er oder sie bestimmte wann Schluss war und wie weit sein Partner mit ihm oder ihr gehen durfte. Er legte das Codewort fest, das jedes Spiel mit ihm sofort beendete, sobald es ausgesprochen wurde.
Auch mir stand solch ein Codewort zur Verfügung.
Alles was ich zu tun hatte, um Persephones Erpressung zu beenden, war eine Selbstanzeige bei der Beulenpest zu erstatten.
Ich ging ins Bad.
Meine Knie fühlten sich wabbelig an und das Zimmer begann sich wie in Zeitlupe, vor meinen Augen zu drehen.
Ich war trotzdem sicher, dass es nicht nur an dem Wein und dem Gras lag.
Scheiße, mein ganzes Leben fiel gerade über meinem Kopf zusammen und ich fragte mich wirklich noch, ob meine Knie von Sylvains bisschen Gras weich geworden waren.
Ich tapste vom Bad aus zum Flur, stellte mich vor den großen Spiegel dort und legte Persephones Halsband an.
Ich betrachtete mich im Spiegel.
Befreiung durch Unterwerfung? Was für ein Blödsinn.
Hm, das Halsband war objektiv betrachtet gerade mal anderthalb Finger breit und auf den ersten Blick könnte man die Öse daran für einen harmlosen Schmuckanhänger halten.
Vielleicht war das ja des Rätsels Lösung. Kein Mensch hatte das Teil bislang wirklich registriert und kommentiert, weil jeder es einfach für Modeschmuck gehalten hatte.
Von unten hörte ich die Rufe und Rapmusik der Kids, die auf dem Stück Rasen vorm Haus abhingen.
Ich legte das Halsband wieder ab und ging ins Wohnzimmer zurück, wo ich eine Notzigarette rauchte und aus dem Fenster blickte. Die Kids dort unten gaben sich solche Mühe erwachsen und überlegen zu wirken. Dabei beneidete ich sie um ihre Unschuld.
Persephones Spiel war ein Sexspiel. Und Sex lief immer auf einen
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