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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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glaubst mir nicht?« Er ging zum Schreibtisch, um die Faxbogen zu holen. »Studiere sie sorgfältig.«
    Sie war überzeugt, dass er die Wahrheit gesagt hatte. »Ich muss es mit eigenen Augen sehen. Vielleicht gibt es noch eine andere Interpretation als deine.«
    Sie nahm die Seiten und wandte sich zum Gehen. »Gute Nacht, Grady.«
    »Falls du mich brauchst – ich bin hier.«
    »Danke.«
    Falls du mich brauchst. Diese Worte hätten vor wenigen Stunden, als er das Verlangen in ihr entfacht hatte, eine ganz andere Bedeutung gehabt als jetzt. Sie sah ihn über die Schulter an, und ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Wie schnell sich die Dinge ändern.«
    »Nichts hat sich geändert«, erwiderte er schroff. »Ein kleiner Wink von dir, und ich schleppe dich sofort in mein Bett. Allerdings bin ich nicht so dumm zu glauben, dass ich auch nur die leiseste Chance habe, wenn du so durcheinander bist wie jetzt. Ich kann warten.«
    Sie war schockiert. »Offensichtlich habe ich dein Feingefühl zu hoch eingeschätzt.«
    »Du willst Feingefühl? Das gebe ich dir. Zur Hölle, ich möchte dich trösten, aber du bist zu defensiv, um das zu akzeptieren. Deshalb nehme ich, was ich kriegen kann. Du willst Sex – gut. Grundgütiger, es wäre mehr als nur gut.«
    Mit einem Mal fiel ihr wieder ein, wie Ricardo eine Pandora beschrieben hatte. »Glaub nicht alles, was du liest. Ich bin keine Pandora, und meine Sinnlichkeit ist absolut normal und gesund.«
    »Siehst du? Du bist abweisend. Genau das hatte ich befürchtet, als ich dir das Tribunal-Protokoll überlassen habe.«
    »Verdammt, du hast mir gerade eröffnet, dass ich eine tickende Zeitbombe sein könnte. Es ist mein gutes Recht, abweisend zu sein.«
    »Ja, das stimmt. Aber gegen mich brauchst du dich nicht zur Wehr zu setzen. Ich bin auf deiner Seite. Glaub mir, ich finde dich in jeder Hinsicht wunderbar normal – Pandora-Talent hin oder her. Ich gebe nichts auf das, was in diesen Aufzeichnungen steht. Du bist keine Kopie von irgendjemand anderem. Aber ich werde die Tatsache, dass du gern Sex hast, nicht ignorieren. Ich bin zu eng mit dir verbunden, um mir dessen nicht bewusst zu sein, Und ich gebe dir, was immer du dir wünschst. Und«, setzte er hinzu, »du solltest besser gehen, bevor ich ins Detail gehe. Die Grenze zwischen Mitgefühl und Erotik ist für mich im Augenblick nicht ganz klar erkennbar.«
    Erotik. Gradys Finger an ihrem Hals. Die Reaktion ihres Körpers, die Anspannung.
    »Keine Angst, ich gehe. Gute Nacht.« Ein paar Sekunden später zog sie die Tür hinter sich zu. Sie wäre gut ohne diesen letzten erregenden Wortwechsel ausgekommen. Sie war auch ohnedies schon durcheinander und aufgeregt genug. Dennoch hatte sie Gradys schonungslose Art nach all dem Gerede von Pandoras und dem Horror, den ihre Mutter durchgemacht hatte, irgendwie geerdet. Hatte er das beabsichtigt? Er war clever und kannte sie sehr gut.
    Keine Analysen – versuch nicht, Grady in Schutz zu nehmen. Sie musste die restlichen Seiten lesen und darüber nachdenken, was das alles für sie bedeutete. Gar nichts? Anfangs hatte sie es auch für absolut unmöglich gehalten, dass sie eine Lauscherin sein könnte. Basierte ihre Skepsis auf Angst?
    Dann überwinde sie. Grady hatte gesagt, er könne diese Talente kontrollieren und verhindern, dass sie sich ungezügelt entfalteten. Das machte Sinn. Sie durfte sich nicht von ihrer eigenen Hilflosigkeit terrorisieren lassen. Sie hatte ihre Angst vor der Lauscher-Fähigkeit überwunden. Na ja, zumindest beinahe.
    Es war zweifelhaft, dass sie diese Pandora-Sache jemals grundlegend beeinflussen würde. Als Ärztin hatte sie, genau wie sie Grady bereits erklärt hatte, noch nie ein Anzeichen dieser sogenannten Begabung bemerkt. Vielleicht machte sie sich Sorgen wegen nichts.
    Das hoffte sie.
     
    »Such sie, Papa. Ich hasse sie alle. Warum hast du sie noch nicht kaltgemacht?«
    Wieder ein Traum? Aber sein Sohn stand vor ihm und sah ihn anklagend an. »Ich bemühe mich, Steven. «
    »Es dauert schon zu lange. Du musst all diese Freaks vernichten. Sieh dir nur an, was sie mit mir gemacht haben. «
    Stevens zerfleischtes Gesicht. Die Rotorblätter, die den Kopf seines Sohnes vom Rumpf schnitten und wegschleuderten.
    »O mein Gott. « Molino schluchzte. »Ich weiß. Ich weiß. Vergib mir. «
    »Ich werde dir vergeben, wenn du diese Freaks eliminierst. « Steven sah ihn lächelnd an. »Ich werde dir helfen. Gemeinsam schaffen wir es. Wir schnappen uns alle.

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