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Panther

Panther

Titel: Panther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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winkte mit dem Finger. Smoke kam herein, und alle applaudierten, alle bis auf Nick, dessen rechter Arm noch immer von den Fingern bis zur Schulter eingegipst war. Statt zu klatschen, trommelte Nick daher mit der linken Hand auf sein Pult.
    Smoke schien die große Aufmerksamkeit eher peinlich zu sein, und er setzte sich so schnell wie möglich auf seinen Platz.
    Marta steckte Nick ein Zettelchen zu: Er sieht dünner aus!
    Das war Nick auch aufgefallen. Smoke hatte die letzten beiden Wochen im Jugendgefängnis des Bezirks verbracht, das nicht gerade für reichhaltige und schmackhafte Mahlzeiten berühmt war.
    Seine Mitschüler waren empört gewesen, dass Smoke hinter Gitter gekommen war, obwohl er doch so viel Gutes getan hatte. Wenn er nicht so ein fähiger Spurenleser wäre, hätte man das Pantherweibchen vielleicht nie aufgespürt. Und ohne seine Muskelkraft hätte es Mrs. Stark vielleicht nicht mehr lebend in die Notaufnahme geschafft, nachdem sie angeschossen worden war.
    Zwar war der Vorwurf der Brandstiftung gegen Smoke fallen gelassen worden, nachdem ein im Ölgeschäft tätiger Texaner namens Jimmy Lee Bayliss die Brandstiftung gestanden hatte, doch der Staatsanwalt hatte darauf bestanden, den Jungen wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt vor Gericht zu bringen. Zu dem Zeitpunkt hatte Smoke nämlich noch wegen der früheren Brandstiftungen unter Bewährung gestanden.
    Selbst Jason Marshall hatte unter den gegebenen Umständen zwei Wochen hinter Gittern als zu hart empfunden, und Libby hatte ihren Vater überredet, sich beim Staatsanwalt für Duane einzusetzen, doch der ließ sich nicht umstimmen.
    Also hatte Smoke seine Strafe klaglos abgesessen und sich als mustergültiger Insasse gezeigt.
    »Meine zweite Ankündigung hat mit einem Gerücht zu tun, das auf dem Schulgelände im Umlauf ist«, fuhr Dr. Dressler fort. »Und ausnahmsweise ist ein Gerücht sogar einmal wahr: Heute habt ihr keine Vertretung in Biologie. Mrs. Stark, brauchen Sie Hilfe?«
    Eine vertraute eisige Stimme antwortete aus dem Flur: »Natürlich nicht.«
    Schwungvoll und energiegeladen humpelte sie in den Biosaal. Die Krücken ließen sie nicht gebrechlich oder unsicher aussehen, im Gegenteil: Sie schien größer und imposanter als je zuvor.
    Ihr blond gefärbtes Haar hatte sie an diesem Morgen besonders hoch aufgetürmt, und den lila Lidschatten musste sie mit einem Profi-Farbroller aufgetragen haben. Von ihrem blassen Krankenhausteint hob sich die ambossförmige Narbe an ihrem Kinn wie eine frische Verletzung ab.
    Und trotzdem reagierten die Schülerinnen und Schüler auf den Eintritt der Lehrerin ganz spontan und auf unerwartete Weise: Alle erhoben sich von ihren Plätzen, klatschten, pfiffen und johlten. Und zu seiner eigenen nicht geringen Überraschung schloss Dr. Dressler sich ihnen an.
    Wohl zum ersten Mal war Mrs. Stark sprachlos.
    Sie humpelte zu ihrem Pult und ordnete zügig ihr Unterrichtsmaterial. Nick schien es, als kämen ihr die Tränen.
    Schließlich nahmen die Schüler wieder Platz, und Dr. Dressler verabschiedete sich unauffällig. Nach kurzem, verlegenem Schweigen räusperte sich Mrs. Stark und sagte: »Guten Morgen, Leute. Bitte schlagt eure Bücher auf – wir haben eine Menge Stoff nachzuholen.«
    Graham Carsons Arm schoss in die Höhe und wurde selbstverständlich von Mrs. Stark ignoriert. Manche Dinge ändern sich nie, dachte Nick und musste schmunzeln.
    »Wer kann mir etwas über die DNA-Struktur und das Watson-Crick-Modell erzählen?«, fragte Mrs. Stark. Es folgte das übliche unbehagliche Schweigen. »Wäre jemand so nett, uns das elfte Kapitel vorzulesen? Falls ihr Mühe habt, es zu finden – versucht es mal zwischen dem zehnten und dem zwölften Kapitel.«
    Als Einziger wedelte Graham mit der Hand. Mrs. Stark richtete den Blick fest auf Mickey Maris und sagte: »Nun?«
    Mickey schluckte und fing an, hektisch in seinem Biologiebuch zu blättern. »Watsons Cricket-Modell?«, fragte er.
    »Watson und Crick heißen die Herren«, sagte Mrs. Stark gereizt.
    »Mrs. Stark?«, rief Graham Carson flehentlich quer durch den Raum. »Mrs. Stark, bitte!«
    Sie drehte sich zu ihm um und seufzte resigniert. »Also schön, Graham, bringen wir’s hinter uns.«
    Graham sprang auf die Füße und konzentrierte sich. »Watson und Crick waren zwei Wissenschaftler, die ein Doppelhelix genanntes Modell der DNA entwickelt haben. Dieses Modell zeigt zwei Nukleinsäurestränge, die sich umeinanderwinden. Der äußere

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