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Panther

Panther

Titel: Panther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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sie kein Sterbenswörtchen. Versprochen.«
    »Danke, Mann«, sagte Duane alias Smoke und verschwand wieder im Flur.
     
    Als Mrs. Stark wieder aus dem Zelt kam, hielt sie ihren Strohhut liebevoll in Händen, mit der Krone nach unten. Der Hut schien zu weinen.
    »Pschscht«, machte Mrs. Stark. Dann wandte sie sich an Marta und sagte leise: »Unter der Zeltplane ist eine Kühltasche voller Milchflaschen. Würdest du mir bitte eine holen?«
    Mrs. Stark setzte sich im Schneidersitz unter eine Zypresse. Den Hut hielt sie im Schoß. Sie wärmte die Flasche in den Händen, öffnete sie und stülpte einen Gummisauger über den Rand. Nick und Marta knieten sich zu Füßen ihrer Lehrerin hin, spähten in den Hut und sahen ein zappelndes, honigfarbenes, wuscheliges Etwas.
    Es war ein Kätzchen, anders als alle, die sie je gesehen hatten.
    »Wir nennen ihn Spritzer«, sagte Mrs. Stark, »weil er den ganzen Tag lang pinkelt.«
    Die kleine Katze stürzte sich auf die Flasche und fing laut schmatzend an zu saugen. Als Marta eine Hand ausstreckte, um sie zu kraulen, hielt Mrs. Stark sie auf. »Regel Nummer eins: Geschmust wird nicht.«
    »Der ist ja sooo süß«, flüsterte Marta und rückte so nah heran, wie Mrs. Stark es zuließ. »Was ist das?«
    »Ich wette, Nick weiß es.«
    »Ein ganz junger Panther«, sagte Nick.
    Eine kleinere, quicklebendige Version des ausgestopften, den er in Mrs. Starks Haus gesehen hatte.
    Seine Lehrerin lächelte. »Korrekt. Ein Florida-Panther. Wissenschaftliche Bezeichnung?«
    »Puma concolor coryi. «
    »Wieder korrekt. Es hat also tatsächlich jemand das Unterrichtsmaterial durchgearbeitet! Die zweite richtige Antwort wäre gewesen: Felis concolor coryi. Aber Puma ist die poetischere Variante. In Teilen von Südamerika bedeutet der Name ›mächtiges magisches Tier‹.«
    Nick schien das Kätzchen von unwirklicher Schönheit, exotisch und zart zugleich. Sein Fell war gesprenkelt, doch die hellen Flecken würden im Laufe der Zeit verschwinden, und sein langer bräunlicher Schwanz war am Ende nach oben gerichtet, allerdings war er geringelt, fast wie der eines Leoparden. Die wuscheligen, innen watteweißen Ohren waren spitz und auffällig groß. Die Schnauze des kleinen Panthers war von kohlschwarzem Fell umrandet, über das jetzt zwar Milchtropfen liefen, das aber ansonsten an einen typischen Gangster-Schnurrbart erinnerte. Die nur leicht geöffneten Augen waren von blassblauer Farbe. Bald schon würden sie braun werden und schließlich mattgold, wie Nick von seiner Lektüre wusste. Die Vorderpfoten, die schon jetzt größer waren als die eines Katers, umklammerten den Rand des Milchfläschchens. Und was für einen kräftigen Motor dieser Winzling hatte – weniger ein Schnurren als ein Brummen.
    »Wo ist seine Mama?«, wollte Marta wissen.
    »Nicht so laut, meine Liebe«, sagte Mrs. Stark.
    »Ist seine Mutter tot?«, fragte Nick besorgt. Es gab ohnehin nur noch so wenige wilde Panther in Florida, dass kaum jemand überhaupt je ein Exemplar gesehen hatte.
    »Nein, die Mutter lebt«, sagte Mrs. Stark. »Wenigstens glaubt das Mr. Spree, und er betrachtet sich als Experten in dieser Frage.«
    Mit einem Mal spuckte das Kätzchen den Sauger aus und ließ einen löwenmäßigen Rülpser hören. Mrs. Stark lachte – ein ungewohnter Anblick. Dann wandte sie sich an Nick und Marta. »Ihr zwei habt viele Fragen, und ich werde zu gegebener Zeit darauf eingehen. Aber jetzt muss unser kleiner Sir Spritzer erst einmal sein Mittagessen beenden, nicht wahr, mein Baby?«
    Und wie auf ein Stichwort hin miaute der kleine Panther und verlangte mehr Milch.
    Behutsam hielt ihm Mrs. Stark das Fläschchen an die Schnauze und fing an, ihm ein Schlaflied vorzusummen. Es war eine überraschend hübsche, beruhigende Melodie, und Marta und Nick waren ganz verblüfft: Von dieser Seite kannten sie Mrs. Stark nicht, und sie hätten auch nicht vermutet, dass jemand mit dieser Kreissägenpersönlichkeit so eine Seite überhaupt besaß.
    Eine Weile saßen sie friedlich da und lauschten dem Summen ihrer Lehrerin, während der kleine Panther zufrieden nuckelte und über ihren Köpfen die smaragdgrünen Blätter rauschten und raschelten. Die kühle Luft tat gut. Nick nahm Martas Hand.

20
    Kreuz und quer hatte Twilly Spree die Schwarzrankensümpfe durchwandert, über Quadratkilometer hinweg, in der Hoffnung, den verschwundenen Panther zu entdecken. Er kam langsam voran, und die Suche war oft mühsam. An diesem Tag führte

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