Paradies für alle: Roman (German Edition)
Arschlöcher!, aber ich schreibe das hier nicht auf.
Beratung mit Lottas Brüdern wegen der verkauften Uhr von Jarsen, von der sie uns nicht so viel Geld geben wollten, wie sie wert gewesen war.
Drei weitere Versuche, Jarsen zu besuchen, die wir abbrechen mussten, weil er und Livia uns beinahe gesehen hätten.
Überlegung, was ich Lotta zum Geburtstag schenke, weil sie mir seit dem letzten Eintrag jede Woche zweimal sagt, dass sie bald Geburtstag hat.
Notwendigkeit, leider vormittags zur Schule zu gehen, obwohl kein Mensch weiß, was ich da lernen soll.
Fußballverein, wo ich mit Finn und Peter bin, aber ich kann da sowieso nicht auf den Ball aufpassen, weil ich so viel nachdenken muss über die Paradieswerkstatt, weshalb sie mich als Torwart abschaffen wollen, weshalb ich zu Hause zwei Wutanfälle bekommen habe, weshalb ich etwas Geschirr zerschmissen habe (es war altes und hässliches Geschirr), weshalb ich mich mit Lovis wieder vertragen musste, was Zeit in Anspruch nahm, weshalb ich noch weniger Zeit hatte, diesen Bericht zu schreiben.
Die schöne Sache, die passiert ist, war diese:
Der Schauspieler war da.
Ich wünschte, Lovis hätte sie gemalt, Celia und ihren Schauspieler, so schön waren sie.
Sie trafen sich in der Mitte der Straße, ich hatte das so geplant, es war wie Regie für einen kleinen Film, und ich habe lange, lange mit Celia dafür geübt. Sie trafen sich in der Mitte der Straße, und die Straße war aus Silber, weil die Sonne auf den gefrorenen Boden schien, und alles glitzerte wie in einem Hollywoodfilm.
Der Schauspieler war aus dem Bus gestiegen und die Straße in die eine Richtung entlanggegangen, ich hatte ihm das genau beschrieben, aber Lotta und ich gingen auch vor ihm her, mit etwas Abstand, damit es so aussah, als folgte er uns nur ganz zufällig. Celia hatten wir spazieren geschickt, obwohl sie nicht mehr gerne spazieren geht, seitdem überall Zeigefinger aus dem Erdboden wachsen, die auf sie zeigen. Sie kam aus der anderen Richtung, und sie trafen sich genau dort auf der Straße, wo die Mitte des Dorfes ist und wo drei Straßen zusammenlaufen. Es gibt keinen Laden oder sonst was bei uns, wo sich die Leute treffen, aber in der Dreistraßen-Dorfmitte steht an einer Seite eine Bank, auf der auch an diesem Tag ein paar Alte saßen, und die Jungs von der Bushaltestelle hatten bei der Bushaltestelle an einem Moped herumgeschraubt und kamen dem Schauspieler sowieso schon nach, und ich konnte genau sehen, wie sich ein ganzes Dutzend Vorhänge in den verschiedenen Häusern bewegten, weil neugierige Leute aus den Fenstern gucken wollten. Es kommen nicht oft fremde junge Männer mit dem Bus in dieses Dorf.
An einer anderen Seite der Dreistraßen-Dorfmitte hat die einsame Spaziergängerin ihren Garten, in dem jetzt im Februar nichts wächst, im Sommer aber die allerschönsten Blumen vom ganzen Ort. Als Celia von der einen und der Schauspieler von der anderen Seite kam, war sie nicht auf einem einsamen Spaziergang, sondern kniete in ihrem langen schwarzen Mantel vor einem Beet und ordnete die Tannenzweige der Abdeckung neu.
Und so sah sie auch, was alle sahen: Wie nämlich der Schauspieler Celia winkte (ich hatte ihm vorher sehr oft erklärt, wie sie aussah) und Celia zurückwinkte und sie dann beide auf die Straße liefen, jeder von einer Bürgersteigseite, und sich in der Mitte umarmten. Celia war ein bisschen zu steif dabei, aber das sahen wohl nur Lotta und ich, und der Schauspieler machte seine Sache richtig gut, als würde er im Theater auf der Bühne jemanden umarmen, oder sogar in der Oper. Zum Glück sang er nicht.
Celia trug einen Mantel von Lovis, den Lovis sowieso nie anhat, der Celia aber sehr gut stand und den sie seitdem behalten hat, weil es Lovis gar nicht aufgefallen ist, dass er fehlt. Er ist rot mit kleinen Glitzerpalletten an den Ärmeln und weißen Knöpfen und ziemlich eng, so dass man Celias Bauch sogar ein bisschen sah.
Sie trug auch eine Blume im Haar, das war Lottas Idee gewesen, eine rote Rose, die ich aus einem Blumenstrauß genommen hatte, den Claas Lovis mitgebracht hatte.
Der Schauspieler trug vor allem eine Winterjacke und einen Schal, weil er wahrscheinlich fror. Hier draußen auf den Dörfern ist mehr Wind als in der Stadt, in jeder Hinsicht.
»Da bist du ja«, sagte der Schauspieler. »Wie schön, dich zu sehen! Ich war ja so lange weg! Die Arbeit …«
An dieser Stelle hätte Celia sagen müssen: »Ich weiß, Liebling, ich weiß. Aber ich habe deine Briefe
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