Paraforce 4 - Die Blutsauger vom Drachenfels
hocke er aber nicht in der Ruine auf dem Drachenfels, sondern schaute dorthin. Wenn das Versteck der Fledermäuse am Hang auf dieser Seite des Berges lag, würde er sie entdecken, wenn sie hinein- oder hinausflogen. Wenn nicht, würde er die Richtung erkennen, wo er weiter suchen konnte.
Natürlich war Nils selbst mit dem Nachtsichtgerät nicht in der Lage, Einzelheiten am Hang zu erkennen. Wenn die Blutsauger aber auftauchten, würde er zumindest die ungefähre Stelle sehen, woher sie kamen. Dort würde er dann im Hellen weitersuchen.
Die Weide, auf der die von den Landwirten zusammengewürfelte Herde untergebracht war, lag zwischen dem Rhein und dem Schloss. Es hatte den ganzen Nachmittag gedauert, die Tiere hier zusammenzuziehen. Die Landwirte hatten versucht, dies so unauffällig wie möglich zu tun. Wenn die ganze Stadt von der Falle wusste, würde es auch die Person mitbekommen, die hinter den Blutsaugern stand. Dann konnten sie die Aktion auch gleich abblasen.
Inzwischen war es kurz vor Mitternacht und Nils war mit den Kühen alleine. Er nahm sein iPhone aus der Tasche und schaute auf das Display. Niemand hatte versucht, ihn zu erreichen. Auch wenn er ansonsten nicht so freizügig mit seiner Telefonnummer umging, hatte er sie den Landwirten genannt, damit die sich melden konnten, wenn etwas geschah.
Nils schraubte den Verschluss seiner Thermoskanne ab und schenkte sich einen Becher Kaffee ein. Lena sagte ihm oft, dass er zu viel der schwarzen Brühe in sich hineinschüttete, was ihn aber nicht davon abhielt, es zu tun. Schließlich lag seine Tante im warmen Hotelbett, während er es sich unter einer Linde bequem gemacht hatte. In den vergangenen Nächten hatte er das Glück gehabt, dass es trocken geblieben war. Glaubte man dem Wetterbericht, sollte sich das heute ändern.
Gerade als Nils an den angekündigten Regen dachte, fielen die ersten Tropfen. Noch saß er unter dem Baum relativ geschützt. Wenn es aber schlechter wurde, würde er auch dort nass werden. Nils verbiss sich einen Fluch. Es nützte alles nichts. Er durfte seinen Beobachtungsposten nicht verlassen.
Die Obduktionen der Kadaver hatten ergeben, dass die Kühe zu unterschiedlichen Uhrzeiten gestorben waren. Es war also unmöglich vorauszusagen, wann ein Angriff erfolgen würde. Wenn überhaupt.
Zweifellos war dies der eigenartigste Fall, den Nils und seine Tante bisher erlebt hatten. Was ihm am meisten zu schaffen machte, war die Frage nach dem Motiv. Wer ließ einer Kuh das Blut aussaugen? Und warum? Das Ganze ergab absolut keinen Sinn. Andererseits konnten die Menschen in der Gegend natürlich froh sein, dass sich die Fledermäuse Tiere als Opfer aussuchten.
Auch wenn Nils sich in den vergangenen Nächten an das Warten gewöhnt haben müsste, kam es ihm vor, als wäre die Uhr stehen geblieben. Fast hätte er sich das Pärchen herbeigewünscht, das er in der ersten Nacht auf dem Drachenfels beobachtet hatte. Nils langweilte sich entsetzlich, war dennoch hellwach und beobachtete verbissen den Berghang und die Umgebung. Er fror und seine Kleidung war mittlerweile aufgeweicht. Es regnete zwar nicht stark, aber genug, damit er auch unter dem Baum nicht ewig im Trockenen saß.
Als es zu dämmern begann, war klar, dass in dieser Nacht nichts mehr geschehen würde. Nils packte seine Ausrüstung in den Rucksack und machte sich auf den Rückweg zum Hotel. Es würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als eine weitere Nacht an der Weide zu verbringen. Seine Begeisterung ob dessen hielt sich in Grenzen.
25
Nach zwei weiteren ergebnislosen Nächten im Regen war die Motivation von Nils am Nullpunkt angekommen. Außerdem meldeten sich die ersten Anzeichen für eine
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