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Parasiten

Parasiten

Titel: Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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enge Kittel. Vielleicht war es der feste, entschlossene
Griff, mit dem sie ihn aus den Kissen hob. Am ehesten aber war es ihre
Respektlosigkeit. Sie behandelte ihn wie jeden anderen. Das kränkte Puris Eitelkeit
mehr, als sich von ihr die Bettpfanne ausleeren zu lassen. Letztlich wusste er
selbst nicht, ob diese gekränkte Eitelkeit schuld war oder ob man im Krankenhaus
zum Kind regrediert, weil man fades Kinderessen bekommt, andauernd auf- und
wieder zugedeckt und überhaupt insgesamt wie ein unmündiger Idiot behandelt
wird. Jedenfalls wurde er kindisch. Puri begann, um den Respekt von Beatrix zu
buhlen. Zunächst versuchte er mit Selbstbeweihräucherungen Eindruck zu
schinden. Als das nicht funktionierte, legte er ein paar Gänge zu. Seine immer
deutlicher werdenden Hinweise, welch gefährlicher Mann er sei, verursachten bei
Beatrix amüsiertes Lachen.
    Puri ärgerte sich über Beatrix’ Unnahbarkeit. Ständig und immer
mehr. Als sie ein paar Tage vor seiner Entlassung ins Zimmer kam und seinen
harmlosen Klaps auf ihren Hintern mit einer beleidigenden Bemerkung bedachte,
riss ihm die Hutschnur. Er griff nach der Tageszeitung, die auf seinem
Nachttisch lag, und knallte ihr die Titelseite unter die Nase, auf der von
einem Mord im Rotlichtmilieu berichtet wurde. Er klärte diese dumme Kuh von Krankenschwester
darüber auf, dass er diesen Mord in Auftrag gegeben
habe, dass er so was jederzeit tun könne und auch tue, dass er für so was Leute
habe, und wenn sie nicht ihr dämliches Grinsen einstellen würde, dann müsste er
sich ernsthaft überlegen, ob er sie nicht auch zur Hölle schicken lassen würde
wie diesen blöden Zuhälter, der es an Respekt ihm gegenüber hatte mangeln
lassen. Genau wie sie. Für eine Sekunde lang hatte er triumphiert, denn in
Beatrix’ Augen schimmerte auf, was er bisher vermisst hatte: Angst. Angst war
eine Form von Respekt. Doch kaum war diese Sekunde des Triumphes verstrichen,
begann Andres Puris gerade erst genesenes Herz zu flattern. Denn noch bevor er
sie davon überzeugen konnte, gefälligst den Mund zu halten über alles, was er
ihr in diesem Zimmer gesteckt hatte in langen Tagen und Nächten, war sie schon
hinausgerannt. Er wusste, sie würde die Polizei rufen und er eine Menge sehr,
sehr lästigen Ärger bekommen.
    So war es gelaufen, genau so. Nun saß er hier in Santa Fu und musste
improvisieren.
    Noch bevor er die täglichen Kontrollanrufe bei den diversen Geschäftsführern
seiner diversen Geschäfte tätigen konnte, ging auf seinem Handy eine Nachricht
ein mit der dringenden Bitte um Rückruf. Puri war genervt von der Störung, und
da er nicht genervt sein wollte, wenn er sich ums Business kümmerte, rief er
gleich zurück.
    »Woher, zum Teufel, haben Sie diese Nummer?« Sein Gesprächspartner
begriff am besten sofort, dass dieses Handy nicht zum Parlieren gedacht war.
    »Von Ihrem Anwalt. Und bitte nicht in diesem Ton, ja?«
    Puri seufzte. Warum hatte er sich bloß auf dieses arrogante
Arschloch eingelassen. »Was gibt’s denn so Wichtiges?«
    »Mir geht enorm gegen den Strich, wie die Dinge gehandhabt werden.
Es war keine Rede davon, diesen kleinen Hosenscheißer … Sie sollten das
Material besorgen und etwas Respekt einfordern, mehr nicht!«
    »Der kleine Hosenscheißer hat aber weder das Material rausgerückt
noch Respekt gezeigt. Außerdem haben Sie mich um Hilfe gebeten, damit die
Arbeit von Profis gemacht wird. Also bitte Ball flach halten und ergebnisorientiert
denken.«
    Leider beruhigte sich Puris Gesprächspartner keineswegs. Im
Gegenteil: »Halte ich ein Ergebnis in meinen Händen? Nein! Und langsam kommt
Nervosität auf, wenn Sie verstehen, was ich meine! Statt den Kreis einzuengen,
wird er ausgedehnt! Und den Rest lese ich irgendwann in der Zeitung, oder wie,
bitteschön, habe ich mir die Arbeit der Profis vorzustellen?«
    Puri sah auf seine Rolex. Sein gesamter Zeitplan geriet langsam
durcheinander, er hatte schließlich noch andere Dinge zu tun, als sich um die
Kinkerlitzchen dieses Vollidioten zu kümmern. »Meine Leute sind dran. Hier und
anderswo. Auf allen Ebenen. Das sollte Ihnen genügen.« Damit trennte Puri die
Verbindung. Sollte der aufgeblasene Arsch doch schwitzen.

 
    7. April 2010
Bremen.
    Christian und Pete standen vor Sofia Suworows Wohnungstür
und klingelten zum dritten Mal. Als sie angekommen waren, hatten sie deutlich
klassische Musik von drinnen gehört, die jedoch beim ersten Klingeln sofort
abgeschaltet wurde. Seitdem Stille. Pete

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