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Paravion

Paravion

Titel: Paravion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bouazza
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Schläfe.
    »Aber das kommt noch«, fuhr sie fort und stützte sich mit der Hand auf, preßte die Wange gegen die hochgezogene Schulter.
    »Du wirst mich noch so bewundern, wie es dieser Bach hier tut, und mich streicheln wie der Atem dieser Bäume.«
    Der Schäfer, der sich seine Backe rieb, schaute sie mit zitternden Mundwinkeln an, Trautropfen in den Augen.
    »Ach! Fang ja nicht an zu flennen. Das fehlt mir noch!«
    Er schmollte und warf ihr einen empörten Blick zu. »Guten Morgen«, sagte er leise.

    »Guten Morgen, guten Morgen«, antwortete sie seufzend und nahm seine Hand. Zerknittert von den Handlinien, fand sie darin einen Kreis aus Hennarot.
    »Küß mir die Hand.« Sie streckte den Arm aus. Er schreckte zurück, er hatte eine weitere Ohrfeige erwartet. Beruhigt preßte er die Lippen und mehr Spucke als nötig auf ihren Handrücken. Allmählich bekam er Hunger, denn er hatte nicht gefrühstückt. »Und nun, hör zu.«
    Er wollte sich auf ihren Schoß legen, aber sie wehrte ihn ab, zog die Knie hoch. Er tat das gleiche, ihre Beine zwischen seinen, sie nahm sein Gesicht in die Hände.
    Es spielten sich tatsächlich merkwürdige Szenerien in ihren Haaren ab. Anfangs hielt der Schäfer es für Lichtreflexe, für Sonnengespinste, doch als er näher hinsah – die Augen zusammengekniffen, wie er es bei seinen Müttern gesehen hatte
    –, entdeckte er, daß es lebendiggewordene Tapisseriebilder waren. Sie kämmte ihr Haar gar nicht, sondern webte einen schwarzseidnen Teppich, auf dem sich ganz allmählich Bilder abzuzeichnen begannen. Im Mazisgewirr einzelner Härchen bildete sich ein Wasserfall ab, er stürzte in Kaskaden vom Felsen herab und zerfloß kräuselnd zwischen den begrünten Ufern. Das Laub der Bäume schwankte in stummgewordnem Tanz auf und nieder, denn es war kein Laut zu hören, außer ihrem Atem und dem Klopfen ihres Herzens in ihrer glatten, flachen Brust. Sie hatte einen Körper, der die Versprechungen weiblicher Sexualität vereinte mit der Zartheit jünglinghaften Aufblühens.
    Die Stille gab dem Schauspiel etwas Unwirkliches.
    Sträucher und Dornenbüsche raschelten und bewegten sich vorwärts und waren doch nur eine kleine Herde Böcke, welche jedoch, als sie die Köpfe hoben, listige Kindergesichter hatten.
    Es waren Geschöpfe mit einem menschlichen Oberkörper und dem Unterleib eines Bocks, und sie sprangen und rannten durcheinander wie Kinder auf einem Schulhof. Im Wasser schwammen bezaubernde Mädchen heran und setzten sich ans Ufer, ihre Unterleiber bestanden aus Schuppen und endeten in einer Schwanzflosse. Alle Bilder, die er in ihrem Haar sah, waren in Silber- und Elfenbeintönen gehalten, Farben gab es nicht, außer in den Landschaften. Weiße Eulen zogen ihre Kreise.
    Und alles wand und kräuselte sich, wogte unaufhörlich auf und ab wie Bilder einer Fata Morgana. Bizarr war dieses Schauspiel menschlicher Verführung und tierischen Spotts.
    Es war reine unstillbare Wollust. Baba Baluk atmete durch den Mund, der vollkommen offen stand, er starrte gebannt, bis zum äußersten erregt. Das Mädchen erschien ihm begehrenswerter denn je. Sein Herz pumpte Blut wie Wasser aus einer Fontäne, sein Mund wurde trocken und sein Lausewenzel strafte seinen Ammennamen und seine kindliche Größe Lüge.
    Die Ohrfeige, die sie ihm abermals versetzte, spürte er gar nicht. »Du hast schon wieder nicht aufgepaßt!«
    Das stimmte, denn sein Verstand hatte ausgesetzt, er war nur noch durch und durch Beklemmung. Seine Erektion sprengte Schmerz und Scham.
    »Dann geh ich«, sagte sie und entriß sich seinen klobigen Händen. Eine graue Eidechse, die gerade an ihrem Schienbein hochklettern wollte – wie ein Komma auf einem satzlosen Blatt –, stob davon. Sie stand auf, drehte sich mit einer charmanten Wendung ihres Pos um, der Saum ihres Tüllschleiers, worunter sie glorreich nackt war, wippte hoch und offenbarte einen gespaltenen Schatten, dann stakste sie davon.
    Baba Baluk schluckte ein großes Stück trockener Luft hinunter und ließ sich vornüber fallen. Diese verdammte Eidechse.

    »Geh und wasch dich.« Sie warf ihm über die Schulter einen Blick zu, und als sie den Kopf drehte, schwangen ihre Locken herum wie ein Umhang, der nicht länger einen Ehebruch verdeckte. »Du stinkst. Außerdem wird es dich abkühlen, du Gimpel.«
    Abrupt wandte sie ihr Gesicht ab, und hinter ihr her flatterte die Schleppe ihres schwarzen Lockengewandes, hochgehalten vom Wind. Ein Strauch ritzte ihre Haut über dem

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