Paravion
viele verlorene Kinder! Die Frauen bemühten sich sehr, das, was sie verraten konnte, aus ihren Laken zu waschen.
Man hatte an ihm herumgezupft, er war von einem Arm zum anderen gereicht worden, wurde zur allmählich versiegenden Kaskade, die schließlich immer wieder bei seiner ersten Konkubine zerfloß, welche Quadryge hieß und rasch lernte –
sie hatte es sehr eilig – und ihm dann doch noch das Essen gab, das er zurückgewiesen hatte. Sie hatten ihn zu Pulver zermahlen, zerdrückt, verformt, untersucht, eine willenlose Puppe zwischen ihren wißbegierigen Händen, ihren gnadenlosen Fingernägeln. Traum und Realität deckten sich keineswegs immer, und bisweilen fühlte er sich mißbraucht.
Doch Protest war schlichtweg unmöglich, ein lautes Zeichen von seiner Seite hätten Magie und Konzentration sofort zerstört. Er nahm die Stellung von Gottesanbeterinnen und Fröschen ein, wobei sein Rücken ihm wahre Qualen bereitete.
Er wunderte sich über die große Variationsbreite des Geruchs: von sauer und metallisch über stark maritime Brisen zu Muskus und verrottenden Rosen (nicht abschweifen, meine Herren). Es war ihm nicht klar, ob er sich mit seinem Handeln für die Herzlosigkeit seiner Lehrerin rächen wollte oder ob er einfach nur blind seiner neuerweckten Lust gehorchte.
Obwohl, für Rache hatte er bisher noch keinen Anlaß gehabt.
Jetzt spürte er nur den leichten Ekel, der oft als Folge von fleischlicher Übersättigung und Unterwürfigkeit auftritt. Sein Striemel lag leblos im Gekräuse, im schwarzverrußten Nest, aus dem sich der Phönix für eine Weile nicht mehr erheben würde.
»Und?« Das Mädchen kauerte sich neben ihn und betrachtete ihn von oben bis unten. »Waren die Mädchen zufrieden?«
Er nickte.
»Tja, sie wissen es ja nicht besser.«
Wäre er nicht so kraftlos, würde er sie jetzt ohrfeigen, schoß ihm durch den Kopf. Und so verkehrte sich seine Wut in Selbstmitleid. Wußte sie überhaupt, daß er in den vergangenen Tagen sieben Mädchen zu Willen gewesen war? Sie hatte keine Ahnung von seiner Ausdauer und seinen schier unerschöpflichen Kräften. Für ihre anmaßenden Worte bestand kein Grund.
»Ach, mein lieber Schäfer. Es ist nicht einfach, eine Frau zu sein.«
Sie zog seinen Kopf in den Schoß und kraulte sein Kraushaar.
Sie gab ihm Milch zu trinken und Feigen und Datteln zu essen.
»Komm, steh auf und wasch dich. Spül dir das Rouge und den Lippenstift vom Gesicht.« Er roch nach Parfüms und Körperflüssigkeiten, eine betäubende Mischung aus Sperma und Gebärmutter.
»Ich kann mich nicht bewegen. Mein Unterleib ist gelähmt.«
»Stell dich nicht so an. Hoch mit dir!«
Mit ihrer Hilfe richtete er sich langsam auf, und als er schließlich saß, mußte er einen Augenblick verschnaufen. Ihre rote Schüssel stand am Bachufer. Sie schöpfte mit den Händen Wasser heraus und goß es ihm über den Kopf. Das tat sie so lange, bis er sich nach und nach, wie ein Kamel, erhoben hatte und auf zitternden Beinen in den Bach steigen konnte. Das Licht schmerzte ihm in den Augen.
»Zieh erst mal dein Gewand aus!«
Der Esel trug ihn nach Hause. Hinter ihm drängelten sich die neun Ziegen mit ihrem fröhlichen Gebimmel. Der Abend brach an. Er stolperte ins Haus, an Cheira und Heira vorbei, die gerade die letzten Knoten ihres Teppichs knüpften, und ließ sich in seinem kleinen Zimmer aufs Bett fallen. Er hatte nicht gesehen, daß Cheira, die rechte Hälfte der beiden, schwer atmend an Heira gelehnt lag. Es ging ihr nicht gut, sie war am Sterben, phantasierte leise und wohlklingend vor sich hin, und hörte das beruhigende Klopfen von Heiras Herz. Sabber tropfte ihr aus dem Mund, während Heira sie summend wiegte in inniger Umarmung. Sie hatte ein weißes Umschlagtuch über sich und ihre Widerhälfte gelegt.
Baba Baluk schlief bis zum nächsten Mittag, als die Kinder kreischend zur Schule hinausstürmten. Er fühlte sich wie neugeboren.
Am Nachmittag ratterte ein Eselskarren mit Verdeck ins Dorf. Quadryge geriet in Panik und begann, fieberhaft in ihren Kleidern zu wühlen und sich zu schminken. Sie konnte ihren Kajal nicht finden und rannte durch alle Zimmer, bis sie bemerkte, daß sie ihn in der Hand hielt. Die anderen Mädchen, die in ihren Kleiderschößen gerade Blüten sortierten, um Kränze daraus zu winden, strömten zum Schauspiel des Geschehens und warteten gespannt, was passieren würde.
Nachdem sie die weißen und roten Blüten in einen Korb geworfen hatten, strichen sie
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