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Paris im 20. Jahrhundert

Paris im 20. Jahrhundert

Titel: Paris im 20. Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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an.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Das ist doch sonnenklar! Ich will mein Jahrhundert durch die Ausführung in Erstaunen versetzen.«
    »Aber mir scheint«, warf Michel ein, »daß du dieses Stück wundervoll spielst.«
    »Ach was!« meinte der Künstler und zuckte mit den Schultern. »Ich kenne nicht einmal die erste Note, obwohl ich es schon seit drei Jahren einstudiere!«
    »Was willst du noch mehr machen?«
    »Das ist mein Geheimnis, liebe Kinder; fragt mich nicht danach; ihr würdet mich für verrückt halten, und das könnte mir den Mut rauben. Aber ich kann euch versichern, daß ich die Kunstfertigkeit eines Liszt oder eines Thalberg, eines Prudent oder eines Schulhoff bei weitem übertreffen werde.«
    »Willst du denn pro Sekunde drei Noten mehr als sie zustande bringen?« fragte Jacques.
    »Nein! Aber ich erhebe den Anspruch, auf eine ganz neue Art Klavier zu spielen, die das Publikum hinreißen wird! Wie? Das kann ich euch nicht sagen. Eine Anspielung, eine Indiskretion, und man würde mir meinen Einfall stehlen. Die niederträchtige Herde der Nachäffer würde in meine Fußstapfen treten, und ich will der einzige sein. Doch das erfordert eine übermenschliche Anstrengung! Sobald ich meiner Sache sicher bin, ist mein Glück gemacht, und ich sage der Buchhaltung Lebewohl.«
    »Da haben wir es, du bist wahnsinnig«, antwortete Jacques.
    »Eben nicht! Ich bin gerade so verrückt, wie man es sein muß, um Erfolg zu haben! Aber laßt uns zu süßeren Gefühlen zurückkehren und versuchen, ein wenig von jener zauberhaften Vergangenheit wiederaufleben zu lassen, für die wir geboren worden sind. Liebe Freunde, jetzt kommt die Wahrheit in der Musik!«
    Quinsonnas war ein großer Künstler; er spielte mit tiefem Empfinden, er kannte alles, was die vorangegangenen Jahrhunderte dem jetzigen überliefert hatten, doch dieses wollte das Vermächtnis nicht annehmen! Er begann beim Ursprung dieser Kunst, ging schnell von einem Meister zum anderen über und ergänzte mit etwas rauher, aber gefälliger Stimme, woran es der Ausführung fehlte. Er breitete vor seinen begeisterten Freunden die Geschichte der Musik aus, von Rameau bis Lully, bis hin zu Mozart, Beethoven, Weber, den Begründern dieser Kunst, er schluchzte bei den süßen Einfällen Grétrys und frohlockte über den herrlichen Seiten von Rossini und Meyerbeer.
    »Hört zu«, sagte er, »hier sind die vergessenen Arien von Wilhelm Tell, Robert, den Hugenotten; hier ist die liebliche Zeit von Hérold und Auber, zwei Gelehrten, die sich eine Ehre daraus machten, nichts zu wissen! Ha! Was hat die Wissenschaft in der Musik zu suchen? Hat sie Zutritt zur Malerei bekommen? Nein! Und ob Malerei oder Musik, das ist ein und dasselbe! So wurde diese hohe Kunst während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verstanden! Man suchte nicht nach neuen Ausdrucksformen; in der Musik gibt es nichts Neues zu finden, genausowenig wie in der Liebe, es ist ein bezauberndes Vorrecht der sinnlichen Künste, ewig jung zu sein!
    »Gut gesagt«, rief Jacques.
    »Ein paar Ehrgeizlinge«, fuhr der Pianist fort, »verspürten jedoch das Bedürfnis, sich auf unbekannte Wege vorzuwagen, und hinter sich haben sie die Musik mit in den Abgrund gerissen.«
    »Soll das heißen«, fragte Michel, »daß es nach Meyerbeer und Rossini für dich keinen einzigen Komponisten mehr gibt?«
    »Exakt!« antwortete Quinsonnas, während er kühn von d zu es modulierte; »ich will nicht über Berlioz sprechen, den Anführer jener Schule von Schwachbrüstigen, deren musikalische Ideen in mißgünstigen Feuilletons dahinsickerten; aber hier sind einige Erben der großen Meister; hör dir Félicien David an, einen Kenner seines Fachs, den die heutigen Wissenschaftler mit dem König David verwechseln, dem ersten Harfenspieler der Hebräer! Genieße andachtsvoll diese schlichten und reinen Inspirationen von Massé, dem letzten Musiker mit Gefühl und Herz, der mit seiner
Inderin
das Meisterwerk seiner Epoche geschaffen hat! Da ist Gounod, der großartige Komponist des
Faust,
der starb, kurz nachdem er sich in der Wagnerschen Kirche zum Priester hatte weihen lassen. Und hier nun der Mann des harmonischen Krachs, der Held des musikalischen Getöses, der grobschlächtige Melodien schrieb, so wie man damals grobschlächtige Literatur schrieb, Verdi, der Schöpfer des unermüdlichen
Troubadour,
der für sein Teil ganz besonders dazu beigetragen hat, den Geschmack des Jahrhunderts auf Irrwege zu führen.
    Schließlich

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