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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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auf ein sehr einfaches Mittel zu besinnen, um Euch das Gegenteil zu beweisen und mich von jeder Schuld zu entlasten!«
    Ich wußte nicht, was ich darauf erwidern sollte, und staunte nur, wie sie die Rollen vertauschte und mich beschuldigte, an ihr gezweifelt zu haben.
    »Welches Mittel?« fragte ich verdrossen, als sie stumm blieb, denn ich dachte, sie könnte doch nur meinen, daß ich mit dem Finger über ihre Mouche fahren solle, um die fehlende Erhebung zu fühlen. Was aber, wie der Leser weiß, zu nichts führte, weil ein Scharlatan Larissas Warze zum Verschwinden gebracht hatte.
    Angelinas Antwort jedoch traf mich wiederum unbewehrt und brachte mich aus der Fassung.
    »Mein Herr Gemahl«, sagte sie mit äußerst verlegener Miene und stark errötend, »ich schäme mich, es zu sagen, so sehr fürchte ich, daß Ihr meine Worte anstößig und zuchtlos finden werdet.«
    »Redet, Madame«, erwiderte ich, erstaunt über einen Beginn, der meine Erwartung trog. »Redet ohne Zögern und ungescheut. Ich werde Euch geduldig und in Freundschaft anhören wie immer.«
    »Monsieur«, sagte sie, indem sie leicht den Kopf neigte und ihre großen schwarzen Augen fest auf mich richtete, »habt Dank für Eure gute Gesinnung. Ich will Euch sagen, was es ist, da Ihr mich ohne Umscheife reden heißt. Ihr erinnert Euch vielleicht, daß Larissa nie empfangen konnte, daß sie unfruchtbar war und dagegen nichts half. Was Zeit ihres Lebens ihr großer und wesentlicher Unterschied zu mir, ihrer Zwillingsschwester, war, die Euch nicht nur sechs Kinder schenkte, sondern auch noch nicht so alt ist, um nicht eine neue Frucht von Euch auszutragen, wenn Ihr ihre Fruchtbarkeit abermals erproben wolltet.«
    »Angelina, warum habt Ihr mir das nicht eher gesagt, ich meine, bei meinem letzten Aufenthalt hier? Ihr hättet mir unzählige Qualen erspart.«
    »Da konnte ich es nicht«, sagte sie, die Augen senkend, »La rissa wohnte in mir.«
    »Ha!« sagte ich voll Gram, »immer kommen wir auf sie zurück!«
    |280| »Wir kommen immer auf sie zurück, weil es wahr ist!« rief Angelina leidenschaftlich, indem sie mir in die Augen blickte. »Ich flehe Euch an, Pierre, zweifelt daran nicht!«
    Dieser Blick, dieser Aufschrei, diese Vehemenz verfehlten ihre Wirkung auf mich nicht, und sosehr ihre unglaubliche Behauptung mir wider alle Vernunft ging, kannte ich Angelina doch zu gut, um an ihrer Aufrichtigkeit länger zu zweifeln und nicht einzusehen, daß dies, mochte es mich auch noch so unwahrscheinlich anmuten, ihre Wahrheit war – oder soll ich sagen, die Wahrheit, die sie sich nach ihrer Heilung zurechtgelegt hatte, um sich zu rechtfertigen?
    »Madame«, sagte ich, »all dies ist so neu für mich, daß ich es noch ein wenig bedenken will, bevor ich Euch sagen kann, was ich davon halte und was ich beschließe. Seid dennoch versichert, daß ich nichts so sehr wünsche, als mit Euch wie früher in freundlichem Umgang und grenzenlosem Vertrauen zu leben.«
    Worauf ich ihre bebende Hand ergriff, sie zärtlich an meine Lippen drückte und ihr eine gute Nacht wünschte, die, wenn ich nach der meinen urteilte, freilich eine schlaflose war.
    Am nächsten Morgen ließ ich Alazaïs durch Miroul in mein Zimmer rufen.
    »Alazaïs, wie betrug sich Angelina, als du hier ankamst?« fragte ich rundheraus, weil ich sie als wortkarge Frau kannte, bei der man ohne Vorrede auf den Punkt kommen konnte.
    Die Hände auf dem Rücken, die Augen gesenkt, überlegte Alazaïs ein wenig, und es sah aus, als käue sie meine Frage zwischen den schweren Kiefern wieder.
    »Moussu«, sagte sie dann rauh und ernst, »Frau Angelina war nicht so durchgedreht, wie ich dachte. Es lag auf der Hand, daß sie gegen ihren Dämon angekämpft hat, für ihre bösen Worte entschuldigte sie sich nachher und weinte.«
    »Ihren Dämon?« fragte ich, »hat sie es so genannt?«
    »Nein, sie nannte es ›meine Schwester‹ oder ›mein Zwilling‹ oder ›Larissa‹. Sie war von ihr besessen, hat sie gesagt.«
    »Und was dachtest du?«
    »Daß es vielleicht ein bißchen so war«, sagte Alazaïs, die breiten Schultern zuckend. »Lügen tut sie nicht.«
    »Ich danke dir, Alazaïs«, sagte ich und stand auf, denn mehr, das sah ich, bekäme ich von ihr nicht zu hören.
    »Moussu«, sagte Alazaïs, ohne Anstalten zum Gehen zu machen, |281| »wo Frau Angelina ja nun wieder auf dem Posten ist und die Florine zurückkommt, beliebt mich wieder in mein Périgord gehen zu lassen. Mir sind die Leute hier fremd, und mein

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