Parrish Plessis 02 - Code Noir
meine Anweisungen. Sie brachen zunächst in ein wildes Palaver aus, doch als Glida einen lauten Schrei ausstieß, gesellte sich jeder von ihnen bereitwillig zu einem Schamanen.
»Glida, du wirst unsere Führerin sein. Bleib an meiner Seite, und wenn wir hintereinander gehen, hältst du dich an mich.«
Sie ließ Roo los.
Ich verbarg mein Lächeln hinter der Hand.
Und meine Missgunst ebenfalls.
Ich entfachte einen von Glidas Leuchtstreifen und ging auf die Straße hinunter. Die Lage hatte sich verschlimmert. Mo-Vay veränderte sich in rasantem Tempo. Die gesamte Stadt – der wild wuchernde Plasmapilz, die Wilde Technologie, ja, sogar das Holz, aus dem viele der Häuser bestanden – schien lebendig zu sein. Alles um mich herum wuchs schneller als der Urwald in der Monsunzeit. Während der Mond seinen Zenit erreichte, entbrannten in den Gassen die ersten Scharmützel. Söldner rannten mit neuartigen Waffen ausgestattet fieberhaft in alle Richtungen. Viele von ihnen hielten immer wieder inne, um mit staunenden Blicken die Veränderungen zu beobachten, die um sie herum geschahen.
Ich stieg wieder auf den Dachboden hinauf. Wir entschieden uns, zunächst die Verbindungstunnel zu benutzen und erst später ins Freie zu gehen.
Da sich die meisten Bewohner Mo-Vays noch immer auf den Dachböden versteckt hielten, kamen wir nur schleppend voran. Immer wieder mussten wir vor Übergängen Halt machen, weil die Bewohner Kontrollposten errichtet hatten, um sich vor ungebetenen Eindringlingen zu schützen. Manchmal genügten ein paar überzeugende Worte, um unser Fortkommen zu sichern, doch mehr als ein Mal blieb mir keine andere Wahl, als ein Messer zu zücken und den Weg etwas nachdrücklicher frei zu räumen. Einige Male schlichen wir uns auch still und heimlich durch die Verbindungstunnel, wenn sich die Wachen benachbarter Villen gerade untereinander bekämpften.
Eine solch große Gruppe von Menschen – und Masoops – beisammen zu halten, war schwieriger, als ich zunächst gedacht hatte. Wir mussten häufig anhalten, um auf Nachzügler zu warten. Zum Glück konnte ich mich auf Roo verlassen, der am Ende der Truppe ein waches Auge auf Irrläufer hielt.
Vor uns lag noch ein weiter Weg, und mit jedem Kontrollposten, den wir passieren mussten, wuchs meine Sorge, dass wir früher oder später ernsthafte Probleme bekommen würden.
Mein Gefühl täuschte mich nicht.
Es geschah, als ich abermals eine Gruppe von Wachen mit dem Messer in Schach halten musste. Ness brach ohne Vorwarnung vor meinen Füßen zusammen. Als die Männer sahen, wie der Schamane in Ohnmacht fiel, stürzten sie sich mit Stichwaffen und Holzknüppel auf uns. Ich versuchte, sie mit den Fäusten niederzustrecken – mit dem Ghurka-Messer hätte ich auf so engem Raum ein Massaker angerichtet.
Tatsächlich gelang es mir, die erste Welle der Angreifer abzuwehren, doch binnen weniger Sekunden rappelten sie sich wieder auf und warfen sich erneut in den Kampf.
»Glida, bring die anderen von hier fort«, rief ich ihr atemlos zu.
Roo kam mir zu Hilfe; mit seinen stählernen Fäusten hatte er mir gegenüber einen großen Vorteil. Ich kämpfte derweil mit zwei Feinden – den Wachen und dem Feind in meinem Inneren, dem Eskaalim. Er schürte in mir das Verlangen, die Männer in der Luft zu zerreißen und mich in ihrem Blut zu suhlen.
Ich versuchte, meine Gefühle unter Kontrolle zu behalten. Wir befanden uns im Krieg, und diese Leute versuchten auch nur, ihr Leben zu retten – kein Grund also, sie zu massakrieren. Bisher konnte ich mir die Angreifer auch ohne Waffe vom Leib halten.
Auf einmal stürzte sich einer von ihnen auf den Karadji, der den kleinsten Masoop auf dem Arm trug.
Instinktiv griff ich nach dem Messer. Die Klinge schnitt tief in das Fleisch des Mannes – schnell und tödlich. Beim Anblick des vielen Blutes suchten seine Kameraden panisch das Weite.
Roo befreite den Karadji vom leblosen Körper der Wache. Der Karadji zitterte wie Espenlaub.
Der kleine Masoop in seinen Armen war tot, erdrückt vom Gewicht des schweren Mannes.
Ich trug die Leiche in den nächsten Verbindungstunnel, wo Glida mit den anderen wartete. Trotz spärlicher Beleuchtung und schlechtem Blick auf das Kampfgeschehen wussten die Masoops bereits, dass einer von ihnen gestorben war. Auf seltsame Weise schienen ihre Geister miteinander verbunden zu sein, beinahe so, als verfügten sie über telepathische Fähigkeiten. Sie stießen leise Klagelaute aus, die sich wie eine
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