Parrish Plessis 03 - Crash de Luxe
Chaos. Sensorium fünfter Generation. Wechselhaft und schwer verständlich, wenn man die Muster nicht kennt. Die Randzonen sind oft olfaktorisch«, warnte er. »Verlier mich bloß nicht.«
Hatte Teece nicht das Gleiche gesagt?
Ich schaltete meine Sinnesverstärker vorsichtshalber ab und drückte das Armband zusammen.
Die Nadelstiche waren nur schwach, der Fall sanft und übergangslos. Gerade noch klemmte ich die Beine unter den Notsitz an Mervs Bettsessel, und im nächsten Augenblick schwebte ich in säuberlichen Spiralen vom V-Net-Startplatz. Nichts von den irrwitzigen Stürzen kopfüber, die ich mit Teece erlebt hatte.
Merv war geschickt. Nur war er nicht mehr Merv – er war ein winziger, schwacher Lichtpixel, ein Glühwürmchen, das auf einem endlos sich veränderten Regenbogen surfte.
Ich war körperlos, gewichtslos und Mervs Schatten. All meine Hoffnungen hingen davon ab, dass ich sein fast ununterscheidbares Lichtfünkchen nicht verlor.
Wir segelten durch die Datenknäuel, wechselten hunderte Mal den Träger, schossen hinein und hinaus, bis alles verschwamm.
Der Art seiner Bewegungen entnahm ich, dass Mervs Glühwürmchen sich als Teil des internen Spionagesystems im Vreal-Net tarnte – ein selbstregulierendes Programm, das Lichtorganisation und Verhalten überwachte. Snout machte vermutlich etwas Ähnliches.
Innerhalb meines unsichtbaren Schattenleibs schlug mein unsichtbares Schattenherz schneller. Wenn das System in Mervs Verkleidung eine Anomalie feststellte, würde es uns binnen einer Picosekunde vernichten.
Zum ersten Mal seit langer Zeit rief ich mir ein Gebet ins Gedächtnis.
Merv durchquerte das rote Spektrum, indem er mit Hilfe von Farbunterschieden und Geschmack navigierte – bernsteinfarben bis orange, süß bis fruchtig. Orange bis Siena, fruchtig bis versengt.
5-Gen – für den Unvorbereiteten eine beinahe unerträgliche sensorische Erfahrung. In Echtzeit füllte sich mein Mund mit Speichel, und mir tränten die Augen.
Je länger unser Tanz anhielt, desto besser konnte ich zuerst Energieballungen und schließlich auch Gestalten erkennen: Lichtavatare, die exotische Fraktalkreaturen bildeten.
Dekaeder sind die Tore, denk-wisperte Merv. Datenströme umliefen sie, schufen Strudel und Lichtfälle.
Wir wirbelten sie hinunter und zogen dabei nur einen Funken Überwachung auf uns.
Die Schmetterlingsfraktale sind Data-Miners, denk-sagte er.
Wir sprangen auf einen davon auf, der im violetten Spektrum fischte. Als wir dichter an den Rand des Abschnitts kamen, sprangen wir auf eine dunkle Wurmspur über.
Was ist das?
Ein Virus.
Irgendwo hielt irgendein Teil von mir den Atem an und sah zu, wie Chaos seinen Virenschutz aussandte, leuchtende Heikes, die sich schlangenartig wanden.
Mervs Glühwürmchen faltete sich über mir zusammen, und wir glitten an den wirbelnden Killern ab.
Sein Selbstvertrauen und sein Wagemut erstaunten mich – ein paradoxer Kontrast zu seiner realen Persönlichkeit.
Der Impuls schleuderte uns ins Kielwasser eines sich schnell bewegenden Stroms aus indigofarbenen Daten, die gleich auf den Kern einer magentafarbenen Ballung zuhielten. Ich schmeckte Erdbeersirup.
Schon bald wurde er von dem vertrauten Geruch nach verdorbenem Fleisch überdeckt, der mir verriet, dass wir direkt unter der Nase des Filters und der Geruchsfirewall durchzogen, der mich in Mund-zu-Mund-Kontakt mit Gigi gebracht hatte.
Zentralgefängnis.
Als der Indigotransfer komplett war, tauchten wir in hellen Treibsand.
Temporärspeicher, denk-sagte Merv.
Ich wollte antworten, aber ich hatte vergessen, wie das ging; deshalb begnügte ich mich mit dem Beobachten der Flackerlichter.
Eine Lebensspanne oder auch mehrere vergingen, während wir ins in dem Zwischenspeicher versteckten.
Als das Zischen eines neu ankommenden Transfers die Körnchen unseres Temporärspeichers aufschüttelte, ließ Merv uns endlich weiter nach oben schweben.
Ein Fehleralarm ertönte, als Chaos herauszufinden versuchte, welches winzige Teil nicht an seinem Platz war.
Merv kringelte seinen Glühwürmchenavatar in Helixform, und das System überging uns. Binnen einer Picosekunde hatte er sich wieder in den Hauptdatenstrom eingefädelt, und wir surften auf einer Krone aus Licht direkt in den Nexus von Jinberra.
Ein eleganter Zug. Bescheiden. Brillant. Viel weniger demonstrativ als die meisten Bio-Hacker.
Wir sanken sofort in einen anderen Zwischenspeicher aus Treibsand.
Wie viel Zeit vergangen war, ließ sich
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