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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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kommt noch in diese Mappe?«
    Glen übernahm wieder das Gespräch. »Aufzeichnungen über alle Handelsanweisungen, die wir von Ihnen erhalten. Faxe, Telefonanrufe, solche Dinge.«
    Harry nickte und lehnte sich zurück. Ihr wollten keine Fragen mehr einfallen.
    Glen drückte einige weitere Tasten ihres Laptops und schloss die Mappe, drehte sie um und schrieb eine achtstellige Zahl, die sie vor sich auf dem Bildschirm hatte, auf den Mappenrücken sowie auf eine kleine weiße Karte, die sie Harry reichte.
    »Das ist Ihre Kontonummer. Sie werden zu gegebener Zeit die offizielle Bestätigung erhalten, in der Zwischenzeit aber heben Sie sie gut auf. Wir raten unseren Kunden gewöhnlich, sie sich einzuprägen, natürlich zusammen mit dem Codewort. Oder, falls Sie sich die Nummer nicht merken wollen, sie getarnt zwischen anderen Zahlen zu notieren, nur zur zusätzlichen Sicherheit.«
    Harry dachte an ihren Vater und dessen Bemühungen, die Kontonummer und das Codewort zu verbergen, und konnte jetzt verstehen, warum er dazu solche Anstrengungen unternommen hatte.
    »Ihre Unterlagen werden sofort in den Tresorraum gebracht.« Glen reichte Raymond die Aktenmappe, erhob sich und streckte Harry die Hand entgegen. »Es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Ms. Martinez. Wenn Sie noch Fragen haben sollten, rufen Sie ruhig an. Meine Fax- und Telefondurchwahl stehen auf der Karte.«
    Harry nickte und ließ sich aus dem Raum und durch den gesichtslosen Gang zum knopflosen Aufzug begleiten. In ihrem Kopf drehte sich alles, als sie, wie sie doch hoffte, zum Erdgeschoss hinunterglitt. Sie dachte an die Bank und ihr fanatisches Sicherheitsdenken. Geheime Aufzüge und unbeschriftete Türen; stählerne Tresorräume und bewaffnete Wachleute; Unterschriften, die gegengezeichnet wurden; Nummern und Codewörter. Wo waren die Schwachpunkte, wo waren die Lücken? Sie schüttelte den Kopf. Das System war wasserdicht, hermetisch abgeriegelt. Außerdem war sie eine Hackerin, keine Einbrecherin, so groß die Ähnlichkeiten zwischen den beiden auch sein mochten.
    Sie steckte die Karte, die Glen ihr überreicht hatte und die sie noch immer in der Hand hielt, in ihre Handtasche. Dann fiel ihr wieder die Telefonliste an der Wand ein. Die Härchen im Nacken stellten sich ihr auf, als sie auf ihr Handy starrte. Der Aufzug kam zum Halt, vor ihr öffneten sich die Türen, aber sie rührte sich nicht.
    Sie hatte die Telefonliste aus einer Laune heraus fotografiert, aber vielleicht war es jetzt die einzige Waffe, die sie in der Hand hatte. Das System und die Technologie mochten unüberwindbar sein, aber sie war nicht nur eine Hackerin. Sie war ein Social Engineer. Und Social Engineers zielten nicht auf die Technik ab, sondern auf die Menschen, die sie benutzten.
    Auf das schwächste Glied bei der Sicherheit: die Menschen.

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    E in Social Engineer muss drei Dinge gut können: bluffen, überreden und überzeugend Lügen auftischen. Mit ihrem Vater als Rollenvorbild besaß Harry ein Talent für alle drei Dinge.
    Sie starrte auf das Telefon in ihrem Hotelzimmer. Als Teenagerin hatte sie sich selbst Herausforderungen gestellt und Fremde am Telefon zu überreden versucht, ihr persönliche Informationen anzuvertrauen. Irgendetwas, von der PIN des Bankautomaten bis zum Mädchennamen der Großmutter, es spielte keine Rolle. Es ging ihr nur darum, sie zu bekommen und ihre Fertigkeiten und die Kunst, überzeugend zu klingen, zu vervollkommnen.
    Aber worauf hatte sie es diesmal abgesehen? Sie saß im Schneidersitz auf dem Bett und klopfte sich mit dem Stift gegen die Zähne. Dann schrieb sie alles auf, was sie über die Sicherheitsbestimmungen bei Rosenstock erfahren hatte, und fügte die Notizen an, die sie bei ihren Internetrecherchen zusammengetragen hatte. Sie fuhr ihren Laptop hoch, lud die Fotos der bankinternen Rufnummern von ihrem Handy und fügte die Bilder zusammen. Die Nummern waren gerade so lesbar. Ihr fiel noch ein, »gelbes Kabel« an den Rand ihres Notizblocks zu kritzeln, dann betrachtete sie ihre Aufzeichnungen. Es war nicht viel.
    Sie stand auf und ging auf den Balkon hinaus. Das Zimmer mochte nicht besonders ansehnlich sein, der Blick auf Cable Beach allerdings enttäuschte nicht. Der Sand sah wie Puderzucker aus, sogar die Brandung war zu hören, die gegen die Küste krachte und zischend ins Meer zurückschwappte.
    Ihre Gedanken wanderten zurück zu ihrem Treffen mit Glen Hamilton. Sie musste zugeben, die

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