Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Passwort: Henrietta

Passwort: Henrietta

Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
Vom Netzwerk:
irgendwo auf den Computeraufzeichnungen der Bank. Ihm wurde ganz anders. Verflucht, wie hatte er bloß in eine solche Scheißsituation geraten können?
    Er griff nach dem Bericht. Es musste etwas geben, etwas, was er benutzen konnte. Was hatte Quinney gesagt?
Die Namen stehen im Bericht
. Er blätterte durch die Seiten, überflog die Einzelheiten. Quinney hatte ihn bereits am Telefon über die Bewegungen des Mädchens aufgeklärt. Er las die Biographien, so schnell, dass er nicht alles erfasste. Trotzdem war zu erkennen, dass Quinney gründlich gewesen war. Namen, Alter, Familie, beruflicher Lebenslauf, finanzielle Verhältnisse, es war alles da. Die Worte verschwammen. Der Name JX Warner sprang ihn an, dann starrte er auf die Seite. Sie hatten immer angenommen, dass der Prophet dort als Investmentbanker arbeitete. Bei einem der Gesichter regte sich eine Erinnerung. Er runzelte die Stirn. Wie lang war es her? Zehn Jahre? Zwölf? Er griff zu den Fotos und besah sie sich erneut. Er hatte nicht gewusst, dass der alte Glatzkopf für JX Warner gearbeitet hatte. Aber das hatten viele.
    Er starrte auf die Aufnahmen, pickte sich zwei heraus und überprüfte die Namen auf der Rückseite. Dann betrachtete er erneut die Gesichter. War das die Verbindung? Er blätterte zu den Biographien weiter. Diesmal las er sie gründlich. Er wusste, wonach er suchte, und er fand es, dick unterstrichen. Selbst Quinney hatte die Bedeutung erkannt. Es konnte kein Zufall ein.
    Leon stopfte alles wieder in den Umschlag. Seine Finger zitterten, als er mit der Lasche zu kämpfen hatte. Dann stürzte er an den leeren Sitzen vorbei hinaus ins heruntergekommene Foyer und auf die Straße. Das grelle Nachmittagslicht blendete ihn. Er rannte über den Bürgersteig, sein Atem war abgehackt, sein Herz pochte. Vielleicht war an das Geld des Mädchens kein Rankommen, aber was, wenn er wusste, wer der Prophet war? Das musste doch einiges wert sein.
    Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und schob den Umschlag in seinen Anorak. Die Magenschmerzen waren verschwunden, betäubt durch Adrenalin. Was er wusste, barg Gefahren, keiner wusste das besser als er. Aber es verlieh ihm auch Macht.
    Um ihn herum dröhnte der Verkehr, Laster und Motorräder, die auf den verstopften Straßen abwechselnd Gas gaben und im Leerlauf warteten. Es war ein zehnminütiger Fußmarsch in die South Circular Road, aber er schaffte ihn in fünf. Er bog nach links in die St. Mary’s Road ein, die Verkehrsgeräusche blieben hinter ihm zurück. Er griff nach seinen Schlüsseln. Er würde duschen und sich umziehen, bevor er über seine weitere Vorgehensweise nachdachte.
    Auf der anderen Straßenseite lehnte eine dunkelhaarige Frau am Geländer vor seinem Wohnhaus und rauchte eine Zigarette. Als sie ihn erkannte, stieß sie sich ab. Leon kniff die Augen zusammen. Sie kam ihm bekannt vor. Hinter ihm röhrte ein Motor auf, während er überlegte, woher er die Frau kannte. Die vogelartige Gestalt, die Helmfrisur. Dann fiel es ihm ein. Die neugierige Reporterin vom Gerichtsverfahren. Was zum Teufel hatte die hier verloren?
    Er trat vom Bordstein, um die Straße zu überqueren. Er hatte vor, einfach an ihr vorbeizurauschen. Diese Schlampe, die sich in alles einmischen musste. Er hatte noch nicht die hämischen Artikel vergessen, die sie über ihn geschrieben hatte. Sal hatte sich immer Zeit für sie genommen, was er nie verstehen konnte.
    Die Reporterin winkte mit einem Arm und rief ihm etwas zu. Zum Teufel mit ihr, er hatte andere Dinge im Kopf. Plötzlich schlug sie die Hand vor den Mund und ließ ihre Zigarette fallen. Sie schien über seine Schulter zu stieren. Er sah nach hinten und erstarrte.
    Ein Motorrad kam mitten auf der Straße auf ihn zugerast, der Fahrer wie ein Jockey nach vorn gebeugt. Das Röhren des Motors dröhnte ihm in den Ohren. Er wollte loslaufen, aber seine Beine waren wie Sandsäcke. Das Motorrad donnerte auf ihn zu, schimmernd schwarz, unaufhaltbar. Leons Beine erwachten zum Leben, er sprang zur Seite, doch es war zu spät. Das Motorrad bäumte sich wie ein Pferd auf und krachte gegen seine Brust. Er segelte nach hinten weg, schlagartig entwich ihm die Luft aus der Lunge. Häuser schossen an ihm vorüber, Wände neigten sich. Noch spürte er keinen Schmerz.
    Das Hinterrad des Motorrads rammte beim Vorbeifahren seine Schulter. Der Fahrer hatte den Kopf weit nach unten gesenkt, als suchte er in Leons Gesicht nach Spuren von Schmerzen. Das Helmvisier war hochgeklappt,

Weitere Kostenlose Bücher