Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)
geschüttelt hatte?
Er nahm noch einen Schluck und schnippte die Asche aus dem Fenster. Eigentlich hatte er gar nicht gewollt, dass es mit Elena so endete, aber er musste sich eingestehen, dass es sich verdammt gut anfühlte, nun, da diese leidige Geschichte endlich gegessen war. Nur zwei Personen wussten von der Sache mit Carmen: er und Elena. Und jetzt war das Geheimnis exklusiv in seiner Hand – und das würde für den Rest seines Lebens auch so bleiben!
Er nahm noch einen Zug.
»Zu spät« waren Elenas letzte Worte gewesen. Diese Andeutung war zwar beunruhigend, aber damit hatte sie ihn wohl nur – wie so oft – einfach ärgern wollen. Elena konnte mit niemandem über Carmen gesprochen haben, ansonsten hätte ihn die Guardia Civil sicher längst verhaftet, aber bis auf die Routinebefragung am heutigen Nachmittag war er nicht weiter behelligt worden. Elena hatte geblufft … und verloren!
Er dachte an Joana und ihre zufällige Begegnung an jenem Abend. Im ersten panischen Moment hatte er doch tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, sie an Ort und Stelle zu erwürgen, schließlich war sie eine Zeugin. Aber auch dieses Zusammentreffen stellte sich im Nachhinein immer deutlicher als Vorteil heraus. Dass er seine Autoschlüssel vergessen hatte und zurück an seinen Arbeitsplatz musste, war tatsächlich ein wahrer Glücksfall gewesen! Joana konnte ja jetzt bestätigen, dass er – nachdem sie diesen Schrei gehört hatte, der wohl den Tatzeitpunkt bestimmte – noch bei der Arbeit gewesen war. Ausgerechnet Carmens Schwester, dachte er, was für eine Ironie des Schicksals!
Und nun sah es ganz danach aus, als ob er aus dem Kreis der Verdächtigen endgültig ausgeschieden war. Im Laufe des Abends machte unter seinen Kollegen nämlich das Gerücht die Runde, dass die Guardia Civil jetzt nach einem »Serienmörder« fahndete, nach jemandem, der gleich alle drei umgebracht hatte, als wären sie lästige Fliegen.
Er beteiligte sich an diesem Tratsch, um nicht verdächtig zu erscheinen, und unterstützte die Version des Killers, wodurch er noch mehr Angst unter dem Personal schürte, als ohnehin schon vorhanden war. Einige Angestellte hatten bereits solche Panik, dass sie der Arbeit fernblieben.
Er lehnte sich entspannt in seinem Sitz zurück. Das Ganze war einfach fast zu schön, um wahr zu sein. Durch die Serienmördervariante schied er automatisch als Verdächtiger aus, denn für den Tag, an dem Inmaculada tot aufgefunden wurde, hatte er ein perfektes Alibi: Er war mit seinem Motorradclub Los Tiburones bei einem Bikertreffen gewesen. Fünfzig harte Jungs und eine zarte Braut in Leder konnten das bestätigen.
Natürlich machte auch er sich so seine Gedanken, wie die Alte wohl gestorben war, immerhin hatte er sie gemocht. Inmaculada war öfters bei ihm vorbeigekommen und hatte Kaffee getrunken, meistens lud er sie dazu ein. Dafür brachte sie ihm gelegentlich Kleinigkeiten zu essen mit. Etwa Churros, die frittierten Teigwaren, die er in der Regel wegwarf, weil er auf sein Sixpack achten musste, aber auch Früchte oder Avocados. Als er Inmaculada das letzte Mal lebend sah, brachte sie ihm ein Sandwich, das mit teurem Pata-Negra-Schinken belegt war. Aber auch das aß er nicht, sondern verkaufte es schwarz. Er hatte schon gefrühstückt und brauchte Geld. Ja, er hatte sie gemocht, aber für Inmaculada machte das nun keinen Unterschied mehr, denn ob tot oder lebendig, sie hätte ohnehin nie mehr erfahren, was damals mit ihrer Tochter wirklich geschehen war. Wieso auch der deutsche Tourist krepierte, wusste er allerdings nicht, aber dessen Tod war ihm scheißegal. Hauptsache, er wurde in der Sache mit Elena nicht weiter verdächtigt.
Er nahm noch einen Schluck aus der Cognacflasche. Nach Hause fahren konnte er jetzt noch nicht, so etwas musste ordentlich gefeiert werden!
Er warf die Kippe aus dem Fenster, startete den Wagen und fuhr zu den Strandkneipen hinab. Mit seinem Alkoholpegel dürfte er zwar sicher nicht mehr fahren, aber die Guardia Civil hatte jetzt bestimmt andere Sorgen, als Alkoholkontrollen zu veranstalten. Sie suchten nach einem Serienkiller. Er lächelte. Er fühlte sich frei.
In den Kneipen schien nicht viel los zu sein. Er begrüßte den Türsteher, bestellte in der zweiten Bar bei der Kellnerin mit den großen Titten einen Gin Tonic und prostete sich selber zu. »Auf die Freiheit!«, sagte er und trank die Hälfte davon weg.
»Was?«, fragte die Bardame.
Er winkte ab und bot ihr an, einen Drink
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