Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)
die Guardia Civil wegen eines pickeligen Jungen ins Haus gekommen. Sie hatten den Typen mit Speed erwischt und der Scheißkerl gab an, dass er das Zeug von ihm hätte, was auch stimmte. Sein Vater, ein stellvertretender Bankdirektor, schlug ihn anschließend krankenhausreif, und so endete bereits kurz nach seinem achtzehnten Geburtstag seine kriminelle Karriere, weil seine Eltern nach Salobreña zogen, wo sein Vater mit der Leitung einer Bankfiliale betraut wurde.
Sein alter Herr bestand darauf, dass er mit ihnen kam, und auch heute noch wohnte er mit seinen Eltern unter einem Dach, weil er sich von seinem beschissenem Gehalt keine eigene Wohnung leisten konnte.
Rückblickend war sein Leben seit dem Umzug also weitaus biederer verlaufen als das von Fernando: Fernando blieb in Sevilla und drehte dort immer größere Dinger, bis er zuletzt für ein paar Monate im Knast landete. Den Kontakt zu Fernando hatte er allerdings nie verloren – Typen wie ihn konnte man schließlich eines Tages brauchen.
Antonio grinste.
Mit dieser weisen Voraussicht hatte er recht behalten. Genau jetzt war dieser Zeitpunkt gekommen.
Als Killer aber war Fernando nicht zu gebrauchen. Damals hatte er das Mädchen auch nicht töten wollen, nachdem sie mit ihr fertig waren und sie hatten sich heftig gestritten. Also musste er die Sache mit Joana wohl selbst erledigen, es sei denn – Antonio zapfte ein weiteres Bier und stopfte sich eine Schinkenscheibe in den Mund – es sei denn, er fädelte es so ein, dass Fernando gar nicht merkte, dass jemand wegen ihm sterben musste. Ein Mord, in dem Fernando unwissentlich die Hauptrolle spielte – das wäre das perfekte Verbrechen!
Da gerade keine Kunden zu bedienen waren, trat Antonio durch den Küchenausgang der Cafeteria, um zu rauchen. Er dachte an das Kribbeln zurück, als ihm diese geniale Idee gekommen war. Über den Ort der Ausführung musste er nicht lange nachdenken. In ihren Jugendtagen hatten sie sich oft in einer verlassenen Finca bei Las Colinas, in der Nähe von La Puebla del Río herumgetrieben. Die Finca lag einsam im Wald und gehörte Fernandos Onkel. Seit dessen Tod vor zehn Jahren stand sie leer. Dort hatten sie früher auch ihre Drogen versteckt. Und auch laute Schreie, wie die des Mädchens, das sie dort ein Wochenende lang vergewaltigten, ehe sie die Kleine halb nackt im Wald aussetzten, weil Fernando sie am Leben lassen wollte, konnte dort niemand hören.
Wieder musste Antonio grinsen, denn der Rest war so einfach gewesen: Er rief Fernando an und flunkerte ihm etwas von einer Story vor, dass er mit einer jungen Göre namens Carmen etwas am Laufen habe, aber niemand davon wüsste, weil sie erst fünfzehn sei. Die Kleine sei so verknallt in ihn, dass sie die Schule geschmissen hätte und von zu Hause ausgerissen war. Und jetzt saß er deswegen in der Scheiße, weil sie sich bei ihm versteckte und nach ihr gesucht wurde:
»Ja und? Was gehen mich deine Weibergeschichten an?«, wollte Fernando wissen, der ihm anscheinend jedes Wort glaubte.
»Ich brauch deine Hilfe und zahl dir für einen kleinen Gefallen einen Hunderter.« Dann hatte er Fernando erklärt, was er für das Geld tun müsste.
Antonio trat die Zigarette aus und ging zurück an seinen Arbeitsplatz. Zufrieden registrierte er, dass es immer noch keine Kunden zu bedienen gab. Er zapfte sich ein neues Bier und dachte daran zurück, wie leicht er Fernando, der nicht gerade für seinen Scharfsinn berühmt war, zu dem Verbrechen hatte überreden können.
»Morgen um zehn Uhr abends triffst du beim Torre del Oro die Schwester meiner Kleinen. Die Schwester heißt Joana. Joana ist besorgt und das Einzige, was du zu tun hast, ist sie zur alten Finca bei Las Colinas rauszufahren. Du erzählst ihr einfach, Carmen würde dort auf sie warten. Aber nenn Joana nicht meinen Namen! Sag ihr einfach, du seist ein Kumpel von ›Pepe‹, hörst du, und wenn sie nach Carmen fragt, erzähl ihr was von einer Überraschung, die ihre Schwester vorbereitet hat. Ich werde vorher das Schloss an der Tür zum Viehstall wechseln und einen Schlüssel für dich stecken lassen. Erzähl Joana, die Überraschung würde da drinnen auf sie warten und wenn sie dann reingeht, sperrst du die Tür hinter ihr zu. Dann machst du dich vom Acker.«
»Momentchen, Toño! Aber wenn ich sie da einschließe, das ist doch ‘ne glatte Entführung!« Fernando schien nicht sonderlich überzeugt. »Hör zu, Mann«, fuhr er fort, »ich bin momentan clean und hab mich vor
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