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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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München zumindest nicht. Und in Riedhofen schon gar nicht! Auf der besagten Aufnahme jedenfalls hatten die zwei sich gegenseitig an den Hüften umschlungen und die Wangen aneinandergeschmiegt. Kilian schluckte und klickte weiter. Das nächste Bild zeigte Xavers neuen Freund von hinten, wie er einen Waldweg entlangspazierte. Seine Füße steckten in Wanderschuhen und mit der linken Hand stützte er sich auf einen Wanderstock. Däne ist vermutlich Linkshänder , fügte er seinen Notizen hinzu.
    Es war drei Uhr nachmittags, als er mit dem Reiseabschnitt der Sierra de Cazorla fertig war. Er brauchte eine Pause und musste etwas essen. Kilian streifte sich ein frisches T-Shirt über und verließ das Zimmer. Im Aufzug frisierte er sich mit den Fingern die Haare und sagte zu seinem Spiegelbild: »Dein Bruder war schwul und du Idiot wusstest das nicht einmal.«
    Während der Fahrstuhl der Lobby entgegensank, tat er etwas, das er lange Zeit vermieden hatte: Er bekreuzigte sich und betete, dass Joana von Sorgen befreit an der Rezeption stehen möge, weil ihre Mutter wieder wohlbehalten aufgefunden worden war. Aber es war umsonst: Maite stand allein hinter der Empfangstheke und bediente eine Gruppe von Gästen. Er wollte sie nicht bei der Arbeit stören, musste aber zumindest wissen, ob sich endlich etwas getan hatte.
    »No news, Kilian!«, erwiderte sie, und sein »Shit« als Antwort kam ihm deutlich zu laut über die Lippen.
    Wo konnte Inmaculada nur stecken? Er betrat die Cafeteria und Antonio begrüßte ihn mit einem freundlichen: »Hello, my friend.«
    Kilian wies auf die Glasvitrine, bestellte ein Schinkenbrot und ein Bier zum Mitnehmen.
    »Which beer?«
    »Do you have Carlsberg?«
    Antonio wickelte das Brot in eine Serviette und holte ein Carlsberg aus dem Kühlschrank. Als er den Öffner ansetzte, hielt er inne und sagte: »Like your brother!«
    »Excuse me?«
    »Same sandwich, same beer!«
    Kilian verstand. Er hatte gerade dasselbe bestellt wie sein Bruder an dem Tag, bevor er starb. Sogar die gleiche Biermarke. Ein Bayer trinkt Erdinger oder Paulaner und nicht ein aus Dänemark importiertes Gesöff, das er eben zum ersten Mal in seinem Leben bestellt hatte. War das wieder nur ein seltsamer Zufall oder gar eine parapsychologische Verbindung?
    »Yes, like my brother«, erwiderte er und ließ sich kein Wechselgeld herausgeben.
    Zurück auf dem Zimmer setzte er sich auf die Terrasse. Der Regen hatte aufgehört. Er trank einen Schluck aus der Flasche und sah sich das Etikett an. Trank Xaver wegen seines dänischen Freundes ein dänisches Bier? Oder war Bierwerbung im Fernsehen doch suggerierender, als man annehmen mochte?
    Den Blick auf Almuñécar und das Meer gerichtet, versuchte er, zumindest beim Essen an gar nichts zu denken, aber es gelang ihm nicht. Da waren zu viele Fragen, auf die er keine Antworten hatte. Kilian steckte sich den letzten Bissen in den Mund und setzte sich wieder an den Schreibtisch.
    Abermals war der Kontrast zwischen den Fotos groß. Einer Aufnahme, die den Dänen vor einem Wasserfall zeigte, folgte die einer Fußgängerzone in der Stadt Granada, wie Kilian an einem Straßenschild ablas. Die drei letzten Belege waren alle in dieser Stadt ausgestellt worden. Demnach nächtigten sie vom 19. bis zum 21. April im Hotel »Macià« an der Plaza Nueva im Stadtzentrum. Die Reise näherte sich dem Ende, Kilian wurde unruhig und als ob er jetzt in der Gegenwart noch etwas beeinflussen könnte, rief er seinem Bruder in Gedanken zu: Fahr nicht nach Almuñécar, sonst stirbst du!
    Er klickte sich durch die Fotos der Innenstadt von Granada. Ein Motiv stellte einen Platz mit einem Brunnen im Mittelpunkt dar, neben dem ein Straßenartist vor einem Dutzend Menschen mit Keulen jonglierte. Eine weitere Aufnahme zeigte die Fassade einer Kathedrale, vor der eine hexenhafte Frau auf den Dänen einredete. Sie streckte ihm einen Mistelzweig entgegen und sah ihn dabei an, als ob sie ihn verwünschen wollte. Danach folgte ein Foto des Dänen am Eingang einer Gasse, deren Breite kaum mehr als eine Armspanne betrug. Die Touristen strömten im Gänsemarsch an Waren vorbei, die aus dem Istanbuler Basar zu stammen schienen: Orientteppiche, lederbespannte Lampen, Kannen und Schalen aus Bronze, Seidentücher, Teekräuter und Gewürze in Holzbottichen. Danach folgte das Foto eines Irish Pub und der nächste, dunklere Schnappschuss zeigte Xaver in dem Gedränge der Kneipe mit einem Guinness in der Hand. Er schien gerade in dem

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