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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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Antwort auf diese Javad-Sache zu finden, verärgert. Statt mir so großzügig den Weg zu ebnen, indem er die Anhörung abblies, hätte er mich doch sicher lieber in der Luft zerpflückt! Ich begriff nicht, welchen Vorteil er sich aus dieser Vorgehensweise erhoffte.
    Verblüfft pflanzte ich mich wieder vor den Rechner und öffnete die Liste der URLs, die Rudy mir über Prionen geschickt hatte. Vielleicht würde mir das weiterhelfen oder zumindest einen geeigneten Hinweis geben.
    Ich verbrachte mehrere Stunden damit, mich durch wissenschaftliche Abhandlungen zu kämpfen. Natürlich waren die meisten hoch kompliziert, aber doch nicht so hoch kompliziert, dass ich nichts begriffen hätte. Ich erfuhr zum Beispiel, dass von Prionen ausgelöste Krankheiten äußerst selten sind; nur jeder Millionste Erdenbürger litt unter einer solchen Infektion. In den USA gab es insgesamt nur dreihundert Fälle. Die Krankheit mochte zwar äußerst selten sein, dafür aber auch äußerst gefährlich. Außerdem verursachten die mysteriösen Umstände, unter denen die Krankheit auftrat, meist Panikreaktionen. BSE oder Rinderwahn war ein gutes Beispiel für eine bösartige Prionenattacke. Das panische und schonungslose Notschlachten Zehntausender Rinder, das dem Ausbruch der Seuche folgte, zeigte, wie viel Furcht uns so etwas einflößte.

    Aber das half mir leider nicht weiter. Ich war mir sicher, dass Javad nicht erst so geworden war, nachdem er einen verseuchten Burger verputzt hatte. Dann klickte ich auf einen anderen Link, den Rudy mir ebenfalls geschickt hatte. Auf dieser Seite ging es um eine spezielle, von Prionen ausgelöste Krankheit, die als Letale familiäre Insomnie bezeichnet wurde. Die weltweit höchst geringe Anzahl von Patienten litt anfangs an immer stärker werdender Schlaflosigkeit, die Panikattacken nach sich zog, diverse Phobien und Halluzinationen auslöste und eine Reihe anderer dissoziativer Symptome zur Folge hatte. Der Krankheitsverlauf dauerte einige Monate und endete unweigerlich mit dem Tod. Kein Schlaf und die damit verbundene Entkräftung waren natürlich alles andere als gesund.
    Das ließ mich aufhorchen, und ich suchte und las so ziemlich alles, was es zu dem Thema gab. Zwar wurde nie von einem Zustand geredet, der einem lebenden Toten entsprach, aber irgendwie konnte ich ein gewisses mulmiges Gefühl nicht abschütteln. Nie endendes Wachsein. Kein Schlaf. Keine Ruhe. Keine Träume.
    »Mein Gott.« Es war ein entsetzlicher Gedanke und eine grässliche Art zu sterben.
    Lag Church etwa falsch? War Javad in Wirklichkeit gar nicht tot? Vielleicht glichen seine Symptome dem klinischen Tod – und dem waren die Ärzte auf dem Leim gegangen -, aber in Wahrheit hatte er nur in einer Art Koma gelegen. Seine »Wiederauferstehung« konnte auch nichts anderes als ein Aufwachen aus diesem unheilvollen Zustand sein.
    Ich las weiter und stieß schon bald auf ein weiteres Problem. Offenbar konnte man diese Patienten nicht zum Schlafen bringen, egal, womit man es versuchte. Am Ende ihrer Krankheit fielen sie nicht in ein tödliches Koma, sondern starben einfach. Sie starben und blieben auch tot. Selbst wenn sich Javad in einem Zustand der wandelnden Katatonie
befunden hätte, würde das noch lange nicht erklären, wieso er die zwei.45-Kaliber-Kugeln so leicht wegsteckte, die ich ihm in den Rücken verpasst hatte. Es war offensichtlich, dass es noch vieles gab, was ich nicht wusste, und das brachte mich an den Rand der Verzweiflung.

18
    Grace / Maryland Montag, 29. Juni / 08:39 Uhr
     
    Grace Courtland saß in ihrem bequemen Ledersessel und trank einen Schluck Cola Light, während sie auf den acht Monitoren vor ihr das Innere von Ledgers Auto, jedes Zimmer seiner Wohnung und das Behandlungszimmer von Dr. Rudy Sanchez beobachtete. Sie musste lächeln, als die beiden auf Wanzenjagd gegangen waren. Natürlich hatten sie nichts gefunden. Wenn sie fündig geworden wären, hätte das allerdings bedeutet, dass ein paar Köpfe gerollt wären. Für den Preis, den das DMS für holografische Relais bezahlte, verstand es sich eigentlich von selbst, dass man die Geräte nicht mit bloßem Auge ausfindig machen konnte oder mit speziellen Apparaten orten konnte. Das wäre mehr als suboptimal gewesen. Das DMS konnte es sich leisten, und Mr. Church schätzte es, wenn er Spielzeuge zur Verfügung hatte, an die sonst keiner in seiner Schulklasse herankam.
    Ihr Tisch brach unter der Last der Berichte über Ledger beinahe zusammen.

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