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Patterson James

Patterson James

Titel: Patterson James Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Pandora-Projekt
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rief er und blieb stehen, bis ich ihn am Arm nahm.
Wir drückten uns an eine dreckige Wand und machten uns so
flach wie möglich.
    Dreißig Sekunden später brauste ein Zug so schnell an uns
vorbei, dass uns sein Sog fast mitriss. Ich presste mein Knie
gegen Angel, damit sie nicht den Halt verlor.
    »Mann, das hat meine Nerven ganz schön strapaziert«, sagte
ich, als wir uns vorsichtig von der Wand lösten.
»Wer ist denn da?«, fragte eine aggressive raue Stimme. Es
klang, als sei der Besitzer die letzten fünfzig Jahre lang
Kettenraucher gewesen. Vielleicht war das zutreffend.
Misstrauisch gingen wir vorwärts. Wir hatten die Flügel ein
bisschen entfaltet, falls wir plötzlich losfliegen mussten.
»Niemand«, rief ich zurück, als wir um die Biegung des
Tunnels kamen.
»O Mann!«, stieß der Gasman hervor.
Vor uns war eine Stadt. Eine kleine, verkommene Stadt im
Keller von Manhattan. Menschen hatten sich in kleinen Grüppchen in einer großen Betonhöhle zusammengefunden. Die
Decke war drei Geschosse über uns. Von ihr tropfte Kondenswasser und wuchsen Stalaktiten.
Mehrere ungewaschene Gesichter blickten uns entgegen.
Jemand sagte: »Keine Bullen. Kinder. «
Sie drehten sich desinteressiert beiseite. Nur eine Frau nicht.
Sie schien fünf Schichten Kleidung übereinander zu tragen.
»Habt ihr was zu essen?«, fragte sie.
Stumm holte Nudge ein in eine Serviette gewickeltes Kanish
aus der Tasche und reichte es der Frau. Diese roch daran, drehte
sich um und stopfte es sich in den Mund.
An mehreren Stellen hatten die Menschen in der Höhle
Metallfässer aufgestellt und darin Feuer entzündet. Es war eine
warme Frühlingsnacht, aber die Feuer boten die einzige
Beleuchtung und vertrieben die feuchte Kühle, die langsam an
meinen Beinen heraufkrabbelte.
Es war eine völlig neue Welt. Voller obdachloser Menschen,
die nirgendwo hinpassten, Herumtreiber … Wir sahen auch eine
Hand voll Kinder, die etwa so alt waren wie wir.
Ich hatte plötzlich wieder starke Kopfschmerzen. Sie waren
schon den ganzen Abend schlimmer geworden, und jetzt wollte
ich nur noch schlafen.
»Da vorne ist noch Platz«, sagte die Frau und zeigte mit dem
Kanish auf einen Betonvorsprung in der Mauer. Er war
vielleicht siebzig Meter lang. Dort schliefen Menschen oder
saßen herum. Sie hatten ihr Revier mit alten Decken oder
Kartons markiert. Die Frau zeigte auf einen zehn Meter langen
Streifen, der nicht besetzt zu sein schien.
Ich schaute Fang an. Er zuckte mit den Schultern. Es war nicht
so schön wie im Park, aber es war trocken, warm und
einigermaßen sicher. Wir kletterten auf den Vorsprung, wobei
ich Angel hochschob. Wir drehten allen anderen den Rücken zu
und stapelten wieder die Fäuste aufeinander. Gleich darauf legte
Nudge sich hin und legte den Kopf auf die Hände.
Fang und ich saßen mit dem Rücken zur Wand. Ich ließ den
Kopf nach vorn sinken und massierte mir die Schläfen.
»Geht’s dir wieder schlecht?«, fragte Fang.
»Ja, morgen ist es bestimmt besser«, meinte ich.
»Schlaf, ich übernehme die erste Wache«, sagte Fang.
Ich lächelte ihn dankbar an, und schon bald war ich weg, weg,
weg – ohne einen blassen Schimmer, woran wir erkennen
würden, wann es Morgen war.

D
ie Hirnexplosion kam wieder, während ich schlief.
    E
inen Moment lang war ich in einem Traum verloren, in
dem ich durch ein Feld gelber Blumen spazierte, wie in
einer dieser kitschigen Shampooreklamen, und im nächsten saß
ich zusammengeklappt da und hielt mir den Kopf. Mein Gefühl
sagte nur: Endlich ist der Tod zu mir gekommen, und er wird
sich nicht abwimmeln lassen.
    Mir blieb fast die Luft weg. Schmerzstöße zerrissen mir den
Schädel. Ich hörte mich wimmern. Bitte, lieber Gott, lass es
schnell vorüber sein. Bitte, mach ein Ende, ein Ende, jetzt. Bitte,
bitte, bitte.
    »Max?« Fangs leise Stimme direkt neben meinem Ohr drang
durch die entsetzlichen Schmerzwellen. Ich konnte nicht
antworten. Mein Gesicht war von Tränen überströmt. Hätte ich
oben auf einer Klippe gestanden, hätte mich nichts davon
abgehalten, mich in die Tiefe zu stürzen – mit zusammengefalteten Flügeln.
    In meinem Kopf zuckten völlig unverständliche Bilder, die mir
Übelkeit bereiteten und meine Sinne auch mit Worten und
Geräuschen bedrängten. Eine Stimme sprach unverständliches,
dummes Zeug. Vielleicht war es meine.
    Wie aus weiter Ferne spürte ich Fangs Hand auf meiner
Schulter, aber es war, als sähe ich einen Film – alles total

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