Patty Janes Frisörsalon
Richtung. »Norma, Kleine, tu mir einen Gefallen und hol mir einen Toffeeriegel.«
Bei dem ersten ihrer Vorträge in der Reihe »Künstler und andere bemerkenswerte Menschen im Gespräch« wollte Patty Jane Clyde Chuka zu einer Diavorführung seiner Skulpturen überreden, aber er erklärte, er würde sich der Kritik seiner Kundinnen lieber nicht aussetzen. Dafür erklärte er sich jedoch mit Patty Janes Vorschlag zweiter Wahl einverstanden, jemand Interessanten aus der Künstlerszene für einen Vortrag zu gewinnen. Er warb Geoff Bell an, der sich den Frauen, die sich in Patty Janes Wohnzimmer versammelt hatten, als »Filmemacher der Avantgarde« vorstellte.
Nachdem Bell zwei seiner Filme auf einem Stück Wand über dem offenen Kamin vorgeführt hatte und es wieder hell geworden war, sah er, daà sein Publikum von zwölf Personen auf vier geschrumpft war.
»Tja«, sagte er, sich die Hände reibend, »ich sehe schon, daà meine Kunst für einige von Ihnen eine etwas zu deutliche Sprache gesprochen hat.«
»Stimmt«, bestätigte Bev, die während der ganzen Vorführung gekichert hatte. »Die Botschaft ist klar rübergekommen: âºRaus hier, eh die Bullen kommen.â¹Â«
Beide Filme â sich sprunghaft bewegende Sechzehn-Millimeter-Streifen in Schwarz-Weiàâ schwelgten in Nacktheit. Morning Glory zeigte eine nackte Frau, die in einem Scheunenhof herumturnte, während ein Bauer ein totes Huhn rupfte, und Ozzie Williamâs Detour porträtierte einen Börsenmakler, der nackt auf eine Reklamewand kletterte und einem Regiment marschierender weiblicher Soldaten ein Wecklied blies. Nachdem das Frauenregiment sich irgendwo in der Ferne verloren hatte, hockte sich der Mann auf die Kante der Reklametafel und aà zur Lektüre des Wall Street Journals Sauerkraut aus der Dose.
Ione war die erste gewesen, die sich aus dem verdunkelten Zimmer hinausgeschlichen hatte. Sie setzte in der Küche Kaffee auf und wartete auf den Ansturm der Frauen, der ihrer Meinung nach unweigerlich folgen muÃte. Sie war tief erleichtert, daà keine der Naomis, der Schwestern ihres Kirchenkreises, zu der Veranstaltung gekommen war; sie hatten es vorgezogen, bei der Party zur goldenen Hochzeit von Oscar und Lucy Patterson Kuchen und Punsch zu servieren.
Scham und Züchtigkeit, wie die lutherische Kirche sie lehrte, hatten sich nie recht mit dem entspannten Verhältnis, das geborene Skandinavier zu ihrem Körper hatten, vertragen. Es war daher weniger die Nacktheit, die Ione störte, als vielmehr Mr. Bells offensichtliches Vergnügen daran, zu schockieren. Demonstratives Gehabe ärgerte sie immer, es sei denn, sie konnte sich mit solchen Leuten darüber einig sein, daà das, was sie demonstrierten, des Vorzeigens wirklich wert war.
Die Versammlung in der Küche wuchs, bis nur noch Patty Jane, Harriet, Bev und Clyde Chuka zurückblieben, um Applaus zu spenden, als die letzten Bilder flimmernd von der Wohnzimmerwand verschwanden.
»Ich würde ja unheimlich gern bleiben und noch ein biÃchen quatschen«, sagte Geoff Bell, während er den Film zurücklaufen lieà und die Spule in einer Dose verstaute, »aber ich hab RiesenschiÃ.« Er nickte Clyde Chuka zu. »Hilfst du mir mal mit dem Projektor?«
Die beiden Männer gingen schweigend zu Bells Wagen hinaus, und erst als der Filmemacher den Kofferraum aufsperrte, wurde es wieder lebendig. Clyde Chuka hatte den Projektor auf den Boden gestellt, weil er ihn vor Lachen nicht mehr halten konnte.
»Ich schulde dir was«, sagte er schlieÃlich prustend.
»Wem sagst du das«, erwiderte der verkannte Künstler. Er setzte sich hinter das Lenkrad und drehte den Zündschlüssel. »Aber so gehtâs einem eben, wenn man versucht, der Masse die wahre Kunst nahezubringen.«
»Heiliges Kanonenrohr!« sagte in der Küche Grimmy Bultram, die Hände zu Fäusten geballt und den Blick zur Zimmerdecke gerichtet. »Wenn ich Schmutz und Schund hätte sehen wollen, wär ich ins Avalon-Kino in der Lake Street gegangen.«
»Wenn das Kunst ist, bin ich die Königin Elizabeth«, erklärte Alva an ihrer Seite.
»Wie konnten Sie nur dieses pornographische Machwerk in Ihr Wohnzimmer lassen?« blaffte Grimmy, und Patty Jane wünschte, sie hätte eine zusammengerollte Zeitung zur Hand, um ihr damit eine
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