Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse
während er darüber nachdachte, dass dieser Plan bereits an der ersten Hürde scheitern würde: Blohfeld würde ihm zwar zugestehen, dass es eine sichere Methode sei. Im gleichen Atemzug aber würde er sagen, dass sie niemals einen Richter finden würden, der ohne jeden konkreten Tatverdacht einer solchen Gegenprobe zustimmen würde. Paul konnte sich die Einwände des Reporters lebhaft ausmalen.
»Nein, nein, mein lieber Flemming. Das haut nicht hin. Wir leben immer noch in einem Rechtsstaat, und da können Sie nicht einfach hingehen und den Leuten die Haare vom Kopf reißen.«
Und er hatte ja Recht, dachte Paul.
»Schlag dir das aus dem Kopf«, sagte er laut zu sich selbst. »Wir kommen sonst in Teufels Küche.«
Eine andere, wesentlich nüchternere Idee schien ihm dagegen umsetzbar zu sein: Man müsste noch einmal mit den in Frage kommenden Frauen sprechen. Man müsste dabei ein paar Fallen auslegen, um sie aus der Reserve zu locken. Und man müsste penetrant sein, um nicht sofort wieder abgewimmelt zu werden. Doch wer war in diesem Fall »man«?, fragte sich Paul mit gewisser Sorge. Wer konkret sollte die Befragungen vornehmen? Da blieb wohl nur er selbst, denn sein Vorschlag war viel zu unausgegoren, um jemand anderen damit behelligen zu können.
Paul fühlte sich trotz der Strapazen des langen Tages putzmunter und fragte sich, was er mit seiner Energie nun anfangen sollte. Schweren Herzens besann er sich schließlich seiner häuslichen Pflichten. Er wog ab, wo es seine Wohnung am nötigsten hatte, und entschied sich für die Küche. Das Geschirr der letzten Tage, das nicht bei dem Gerangel mit dem Einbrecher zu Bruch gegangen war, stapelte sich noch immer neben dem Spülbecken. Paul ließ heißes Wasser ein, gab drei Spritzer Spülmittel hinzu und nahm sich als Erstes eine Kaffeetasse vor, in der eine braune, sirupartige Masse schwappte.
Er tauchte sie gerade ins Becken, als das Telefon läutete.
»Ja?«, schnauzte Paul leicht gereizt in den Hörer. In diesem Moment läutete es auch noch an der Tür.
»Polizeipräsidium Nürnberg, Einbruchsdezernat«, meldete sich eine Stimme am Telefon.
»Was gibt’s?«, er hetzte durch den Flur.
»Wegen des Delikts in Ihrem Anwesen Am Weinmarkt, Dachgeschoss. Die Ermittlungen sind so weit abgeschlossen. Aus unserer Sicht handelt es sich um einen ganz normalen Diebstahlseinbruch.«
»Wie beruhigend.« Paul drückte mit dem Ellbogen den Türknauf herunter.
»Laut der von Ihnen erstellten Liste sind Wertgegenstände wie eine Fotokamera Marke Nikon, ein goldener Siegelring sowie eine Fotografie gestohlen worden. Das spricht für einen typischen Einbruch.«
Vor der Tür stand Hannah. Paul bedeutete ihr hereinzukommen. »Haben Sie eine Ahnung, wer es gewesen sein könnte?«, fragte er in den Hörer.
»Entweder ein Junkie oder eine Polenbande.«
»Polenbande? Machen Sie es sich da nicht ein wenig zu einfach?«
»Nun ja. Es können auch Russen oder Tschechen gewesen sein.«
»Wenn Sie meinen.«
»Meinen Kollegen hat es allerdings stutzig gemacht, dass der Dieb die zweihundert Euro, die in Ihrer Besteckschublade lagen, nicht angerührt hat.«
»Die haben Sie gesehen?«, wunderte sich Paul.
»Natürlich. Bargeld in der Küchenschublade zu verstecken, ist nicht gerade originell. Profidiebe schauen da als Erstes nach. Sind Sie sicher, dass Ihnen nicht noch irgendetwas anderes abhanden gekommen ist? Dass der Einbrecher etwas ganz Bestimmtes gesucht hat?«
Paul zögerte und entschied sich dann, sein Wissen für sich zu behalten. »Ich wüsste nicht, was. Nein, sonst fehlt mir nichts.«
»Gut. Wir legen Ihren Fall vorerst zu den Akten.«
»Und das war’s dann?«
»Sollten wir zu weiteren Erkenntnissen gelangen, werden wir Sie selbstverständlich informieren.«
Paul beendete das Gespräch und legte den Hörer beiseite. Hannah hatte es sich auf einem Freischwinger bequem gemacht. Jetzt beugte sie sich vor und schüttete den Inhalt einer Plastiktüte auf den Parkettboden.
Paul ignorierte die Aufforderung aus Baumwolle, Seide und Synthetics, setzte sich in den Freischwinger ihr gegenüber, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
»Hallo erst mal, Mister Flemming. Wer war das gerade?«
»Die Polizei.«
»Haben sie den Einbrecher noch nicht geschnappt?« Hannah angelte mit der Fußspitze nach der Wäsche, die sie auf den Boden geschüttet hatte.
»Ach was«, winkte Paul missmutig ab.
Hannah schleuderte entmutigt den BH von ihrem Fuß. »Sie sind wohl
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