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Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Titel: Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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umzingelt. Die Kinder – nach Pauls Schätzung zwischen drei und neun Jahren – sahen aus wie aus dem Ei gepellt. Obwohl sie sicher genauso viel tobten wie andere Kinder, saßen sogar ihre Frisuren pikobello. Selbst der edelrassige Windhund machte auf Paul den Eindruck, als käme er geradewegs aus dem Hundesalon.
    Noch während die Kinder eifrig, aber höflich auf Paul einredeten, erschien eine weitere Person auf der Bildfläche. Eine platinblonde Bilderbuchschönheit, die Paul ein offenes und überaus freundliches Lächeln schenkte und mit ihren zartgliedrigen Händen nach seiner Rechten griff.
    »Schön, dass Sie so kurzfristig Zeit für uns gefunden haben«, sagte sie im geschliffenen Hochdeutsch einer Tagesschausprecherin, während sie ihm die Hand schüttelte. »Mein Mann macht sich gerade noch für die Aufnahmen zurecht.«
    Kurzfristig Zeit gefunden? Eigentlich wäre es ja eher an ihm gewesen, sich dafür zu bedanken, dachte sich Paul, denn er beziehungsweise Blohfeld hatte ja um den Termin gebeten. Doch er lächelte nur nett.
    Die Hausdame kehrte mit einen Silbertablett zurück: »Darf es ein Aperitif sein?«
    Paul nahm sich ein Glas Sherry und ließ sich von den drei Musterkindern ins Wohnzimmer führen, das eher die Bezeichnung Wohnsaal verdient hätte: Es war in drei durch Marmorstufen miteinander verbundene Ebenen gegliedert. Jede davon nahm die Fläche von Pauls kompletter Wohnung ein. Die Kinder zogen ihn bis zur unteren Ebene hinter sich her, die von einem riesigen, mit schwarzen Schiefersteinen ummauerten Kamin dominiert wurde.
    Sie standen jetzt vor einer Panoramascheibe, die den Blick auf einen Teich freigab, in dem sich die untergehende Sonne spiegelte. Auf der gegenüberliegenden Seite erkannte Paul den schwarzen Umriss eines Schiffs mit bauchigem Rumpf und drei Masten.
    Die drei Knirpse strahlten ihn erwartungsfroh an und hofften wohl darauf, dass Paul etwas über das Schiff wissen wollte.
    Er tat ihnen den Gefallen, beugte sich bis auf Augenhöhe zu ihnen hinunter und fragte: »Was ist denn das für ein schönes Boot?«
    »Es ist kein schönes Boot«, belehrte ihn der mittelgroße Junge.
    »Es ist ein furchterregendes, schreckliches Boot«, ergänzte die Älteste der drei. »Das ist unsere Lady of Darkness.«
    Der Kleinste setzte einen finsteren Blick auf und sagte laut: »Piratenschiff!«
    »Oh, klasse«, tat Paul ehrfurchtsvoll. »Hat euer Papa das für euch gebaut, damit ihr auf große Kaperfahrt gehen könnt?«
    »Nein«, sagte die Älteste und schüttelte ihre Zöpfe. »Das machen Papas Leute. Er gibt ihnen Geld dafür.«
    »Lisa«, sagte Frau Schrader und legte ihre manikürten Hände auf die Schultern ihrer Tochter. »Über Geld reden wir doch nicht, Schätzchen.«
    »Es kann nicht schwimmen«, meldete sich der Kleinste wieder zu Wort.
    »Es ist leider noch nicht fertig«, erklärte der Mittlere.
    Paul sah noch einmal zu dem bulligen Schiffsrumpf hinüber und erkannte gleich daneben im schwächer werdenden Licht ein Baugerüst und mehrere Baumaschinen. Der hohe Zaun, der das gesamte Anwesen der Schraders umgab, war hinter dem Schiff durchbrochen und lediglich durch ein provisorisches Absperrgitter ersetzt worden.
    »Wann ist denn der große Stapellauf?«, fragte er grinsend.
    Da die Kinder mit diesem Begriff offenbar nichts anzufangen wussten, sprang die Mutter ein: »Ein Weilchen wird es schon noch dauern. Mein Mann kann wegen der guten Auftragslage zur Zeit kaum Handwerker für private Dinge entbehren.«
    Dann führte sie ihn von den Kindern fort. Denn der Hausherr wartete bereits auf der oberen Ebene.
    Bernhard Schrader, wie stets in sportlicher Positur, gutaussehend mit sommerlichem Teint, trug zwar keinen Anzug, aber auch sein Freizeitdress stammte höchstwahrscheinlich aus Nürnbergs Edeleinkaufsmeile, der Kaiserstraße, oder noch wahrscheinlicher aus München oder Düsseldorf.
    Schraders Begrüßung fiel ebenso herzlich aus wie die seiner Familie: »Ich finde es großartig, dass Sie sich die Zeit für dieses Porträt nehmen, Herr Flemming.« Er drückte Pauls Hand und nutzte die Geste gleich dazu, ihn in einen anderen Trakt des Hauses zu dirigieren.
    »Gerade jetzt«, setzte Schrader fort, »begleitend zu unserer Ausstellung, ist die Öffentlichkeit ganz besonders wichtig für uns. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass Ihre Zeitung mir diesen Platz einräumen will. Immerhin sind Sie die Nummer eins in Nürnberg.«
    Sind wir nicht, dachte sich Paul, der von Blohfeld schon des

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