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Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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Retriever? Sein Fell glänzte in der Sonne. Gott sei Dank blieb er vor ihr stehen und sprang sie nicht an. Behutsam streckte sie die Hand aus. „Du bist ja ein Netter.“ Oder was sagt man sonst so zu unbekannten Hunden? Er ließ sich ein wenig kraulen.
    Da kam auch schon das Herrchen hinterher, sie hatte ihn gar nicht kommen sehen. War das der Biobauer? Paula nickte ihm freundlich zu. „Ich habe vorhin schon Ihren Hof bewundert. Besonders das Wohnhaus ist toll. Haben Sie das selbst gebaut?“
    Es schien ihm schwerzufallen, ihr zu antworten. Vermutlich war er eher ein Schaffer als ein Redner.
    „Nein, nur selbst entworfen“, krächzte er schließlich. „Ist ein Passivhaus. So was hat das Dorf hier vorher auch noch nie gesehen“, ergänzte er stolz.
    „Da, wo ich herkomme, werden zunehmend öffentliche Gebäude als Passivhäuser gebaut“, erwiderte Paula.
    Der Landwirt nickte bedächtig. „Übrigens, ich bin Ralf, Ralf Müller.“ Er reichte ihr die Hand.
    „Paula Sommer.“
    Er hatte einen guten Händedruck, freundlich zupackend eben. „Und woher kommen Sie?“ Langsam schien er aufzutauen.
    „Aus Frankfurt. Aber derzeit würden mich keine zehn Pferde mehr dahin zurückbringen.“
    „Auf dem Land ist es auch nicht immer leicht. Ich wohne jetzt seit sechs Jahren hier, und erst langsam habe ich den Eindruck, dass die Menschen mich akzeptieren.“
    „Hilfe, dann habe ich ja noch ein paar Jährchen vor mir.“ Paula lachte und musterte ihre neue Bekanntschaft verstohlen von der Seite. Er war nicht viel größer als sie, kräftig gebaut und in sein Gesicht hatten sich schon einige Linien eingegraben. Er konnte vierzig sein, vielleicht aber auch schon deutlich älter. Er schien mit irgendwas zu ringen.
    Dann holte er tief Luft und fragte: „Was machen Sie denn heute so an Weihnachten, wenn Sie hier noch niemanden kennen?“
    Paula zuckte die Achseln. „Ich habe einen riesigen Apfelkuchen, der mich eine Weile beschäftigen wird. Die Kiste mit der Weihnachtsmusik habe ich noch nicht gefunden, aber vielleicht schaffe ich das noch. Den Ziegen wollte ich einen Extrasalat vorbeibringen. Nun, viel mehr habe ich heute nicht mehr vor.“
    Wieder wand er sich, bevor er weitersprach. „Ich gehe nachher in den Gottesdienst. Die Pastorin hier ist nicht schlecht. Vielleicht haben Sie Lust, danach bei mir vorbeizukommen. Es gibt Rumpsteak aus eigener Schlachtung. Und Sie könnten Ihren Apfelkuchen mitbringen?“ Verlegen sah er sie von unten her aus seinen grauen Augen an.
    Paula schluckte. Das Angebot war verlockend, aber nicht, dass er gleich weitere Erwartungen damit verband. Sie sah an sich herunter, wie sie mit ihrer uralten Jacke und den gelben Gummistiefeln vor ihm stand. Vermutlich war er einfach einsam und freute sich über ein wenig Gesellschaft. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sein Angebot direkt ihr als Frau galt. „Also gut. Wann ist der Gottesdienst fertig?“
    „Kommen Sie doch um halb sieben.“
    „Das passt gut, ich wollte Sie sowieso ein bisschen ausfragen.“
    Erstaunt hob er eine Augenbraue. Paula streichelte nochmal den Hund, der geduldig gewartet hatte und ging weiter.
    Ihr war sonderbar leicht zumute. Da sollte mal einer sagen, man bekäme keinen Anschluss auf dem Land. Sie freute sich auf den Abend, denn sie hatte den Gedanken an Weihnachten lange verdrängt und sich schon davor gefürchtet, dass plötzlich die große Einsamkeit über sie hereinbrechen würde. Nun musste sie aber schnell nach Hause, denn sie wollte sich schon ein wenig herrichten und endlich mal wieder ihre Mutter anrufen, die schon seit Wochen nichts mehr von ihr gehört hatte.
     
    Pünktlich um halb sieben klingelte es. Ralf warf einen letzten Blick in den Spiegel und nickte sich aufmunternd zu. Er war so aufgeregt wie seit Jahren nicht mehr. Sein ganzer Körper kribbelte erwartungsvoll und er hatte richtiggehend Gänsehaut auf den Armen. Er hätte wirklich nicht gedacht, dass es so einfach werden würde. Na ja, sie hatte ihn schon ein wenig misstrauisch angesehen bei seinem mutigen Angebot, so dass er dachte, er hätte alles verdorben. Aber immerhin war sein Mut ja belohnt worden. Nathan sprang um seine Füße, dass er fast gestolpert wäre. Er schien auch aufgeregt zu sein. Sie hatten nie Besuch.
    Er öffnete die Tür und fand eine völlig verwandelte Frau vor sich. Ihre braunen Haare fielen duftig auf ihre Schultern. Sie hatte einen Mantel an und trug Lederstiefel. In der Hand hielt sie ein großes Blech

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