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Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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lachte herzlich mit und wirkte dabei gar nicht mehr schüchtern.

Kapitel 10
     
    Während Ralf abends seinen Computer hochfuhr, dachte er über Paula nach. So eine verrückte Frau. War sie wirklich so naiv gewesen zu glauben, dass sie in diesem Haus ohne große Investitionen würde leben können? Als sie so gelacht hatte, gegen Ende des Besuchs, war sie ihm richtig unheimlich gewesen. Und irgendwie war er immer noch sauer. Warum hatte sie ihm nicht gleich gesagt, dass sie geschieden war? So etwas musste man doch wissen. Ja, er sollte sie sich aus dem Kopf schlagen, auch wenn sie noch so weiche Rundungen und diese Rehaugen hatte und einen sagenhaften Apfelkuchen backen konnte.
    Er klickte beherzt auf „Anmelden“. Schon lange war er um das Partnerportal im Internet rumgeschlichen, hatte immer wieder die Seite geöffnet und sich gewundert, welche Klassefrauen da präsentiert wurden – ohne natürlich die Option, sie direkt anschreiben zu können. Jetzt würde er sich anmelden und sein neues Leben würde noch heute anfangen.
    Ganz schön teuer: Drei Monate für einhundertneunundzwanzig Euro. Aber natürlich hatte er sich auch die beste Agentur rausgesucht. Qualität hatte nun mal ihren Preis. So, jetzt noch schnell das Persönlichkeitsprofil ausfüllen. Was sollte denn das jetzt? „Welches Bild gefällt Ihnen besser?“ Was hat denn das mit meiner zukünftigen Traumfrau zu tun? Der Fortschrittsbalken bei der Profilausstellung stand gerade mal bei zehn Prozent, nachdem er sich schon durch gefühlte zwanzig Fragen gequält hatte. Das war ja schlimmer als bei einer Auktion, bei der man auch das Objekt von allen Seiten und innen und außen beschreiben musste. Na ja, schließlich geht es darum, wirklich die passende Partnerin zu finden, also mach nicht jetzt schon schlapp, ermahnte er sich.
    Nach weiteren dreißig Auswahlmöglichkeiten, darunter, welche Automarke er bevorzugte und wie er gerne seinen Kaffee trank (wobei er die Option „keinen“ vergeblich suchte), war er endlich fertig mit den Nerven und mit seinem Profil. Erschöpft klickte er auf „Speichern“. Dieser Klick war wie der Eintritt ins Paradies der siebzig Jungfrauen. Sofort wurden ihm 3078 passende Frauen angezeigt. Also, ein Bild konnte er nirgends erkennen, aber immerhin besagte Profile, denen man doch einiges entnehmen konnte. Hier, eine Tierärztin, zwei kleine Kinder, ein Hund und süße zweiunddreißig Jahre alt. Hm, wollte er eine Frau, die schon Kinder mitbrachte? Darüber musste er noch nachdenken. Tja, außerdem kam sie aus München.
    Nachdem er noch weitere interessante Profile von Damen in ganz Deutschland angeklickt hatte, entdeckte er die Umkreissuche und stellte sie auf einhundert Kilometer. Das Suchergebnis verringerte sich auf zweihundertsiebenundzwanzig. In Ordnung, damit konnte man doch arbeiten. Systematisch wühlte er sich durch die Suchergebnisse. Zwischendrin begann er parallel eine Checkliste in Word anzulegen: Was will ich, was geht gar nicht.
    Zweieinhalb Stunden später rieb er sich die Augen. Halb zwölf, so spät war er sonst nie im Bett. Jetzt aber schnell. Ausbeute des Tages: Vier Frauen, denen er morgen einen Sympathieklick oder wie das da hieß, schicken würde. Noch während er einschlief, ratterten die Profile vor seinen Augen: Ein paar Kilos zu viel, keine Heirat erwünscht, eigenes Haus vorhanden, Meerschweinchenallergie, drei Kinder aus zweiter Ehe, LKW-Fahrerin, Flugbegleiterin und was ihm noch alles in seinem Internettrip begegnet war. Dazwischen schoben sich immer wieder Bilder von Paula, wie sie in ihrem ausgeleierten grün-fluoreszierenden Pulli lachte und lachte und dabei doch vor Verzweiflung kaum die Tränen zurückhalten konnte.
     
    Paula stand mitten in altem Gerümpel. Mit spitzen durch Handschuhe geschützten Fingern zog sie einige alte Leintücher und geflickte Kittelschürzen aus einem Stapel hervor und stopfte sie in einen Müllsack. Worauf die wohl hier oben gewartet hatten? Sicher nicht auf bessere Zeiten. Gerade als sie den Müllsack zubinden wollte, klingelte es. Was, war es schon zwölf? Sie hatte höchstens zwei Quadratmeter freigeräumt. Sie polterte die Treppe hinunter und stand Sven und einem schlaksigen Jungen von vielleicht siebzehn Jahren gegenüber.
    „Hallo, da wären wir“, sagte Sven. „Das ist Harald, er hilft mit.“
    „Schön, dass ihr da seid, kommt rein. Ich habe schon angefangen. Aber mach dir nicht zu viele Hoffnungen. Ich glaube, da oben ist nicht viel zu holen“,

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