Paula geht
muss dringend nach Hause. Da wartet jemand auf mich.“
Was, Sven hatte eine Freundin? Na, ob das Paula gefallen würde, fragte sich Ralf. Aber ihm gefiel die Nachricht, so dass sein Stimmungsbarometer mindestens um drei Grad stieg. Immerhin war Sven sein Konkurrent bei Paula. Obwohl er ja eindeutig viel zu jung war.
Ralf sah sich suchend um und Sven geleitete ihn in das kleine Büro seines Chefs.
„Hier, das sollte gehen. Magst du was trinken?“
Ralf schüttelte den Kopf und platzte heraus: „Weißt du, wo Paula ist?“
Sven verneinte.
„Weißt du, was mit ihr los ist?“
„Ich habe da schon so ein oder zwei Ideen, ja.“
„Ist sie weg – für immer?“ Die beiden Männer sahen sich schweigend an.
„Glaubst du das?“
Ralf zuckte die Achseln. „Ich befürchte, sie hat die Nase voll.“
„Ich glaube, sie kommt wieder. Paula gehört hierher.“
„Das denke ich auch“, sagte Ralf eifrig. Dann sackte er zusammen. „Sven, ich bin ein Arschloch.“
Und stockend, mit vielen Pausen erzählte er ihm, wieso sie seinetwegen keinen Job und vielleicht auch keinen neuen Kredit mehr bekommen hatte.
Sven wurde wütend und schlug mit der Faust auf den Tisch, so dass Gläser und Getränke keine Chance gehabt hätten. „Du bist echt ein Oberarschloch! Und warum das Ganze bitteschön? Paula hat immer versucht, fair zu dir zu sein!“
„Ich wollte einfach, dass sie zu mir zurückkommt“, sagte Ralf leise.
„Wie bitte? Ich verstehe immer noch Bahnhof.“ Sven war stinksauer, so hatte Ralf ihn noch nie erlebt.
„Ich dachte, sie würde vielleicht endlich verstehen, dass die Sache mit ihrer Bruchbude keine gute Idee ist, und bei mir einziehen oder wenigstens wieder bei mir arbeiten. – Ich liebe sie doch“, fügte er kaum hörbar dazu, weil er selbst merkte, wie wenig das, was er erzählt hatte, mit aufrichtiger Liebe zu tun hatte.
Sven starrte ihn an. „Steckst du etwa auch hinter der Anzeige oder der Schmiererei an ihrem Haus?“
Ralf schüttelte erschrocken den Kopf. „Nein, Ehrenwort, so etwas würde ich doch nie tun. – Welche Anzeige denn?“
Sven gab kurzangebunden Auskunft darüber, dass sein werter Arbeitgeber Paula wegen unerlaubten Heilens angezeigt hatte.
„Oh Gott, auch das noch. Jetzt verstehe ich langsam, warum sie weg ist. Sie muss ja wirklich das Gefühl haben, keiner will sie hier haben.“
Sven schaute auf die Uhr. „Ralf, ich muss gehen.“
„Und was machen wir jetzt?“, fragte Ralf den viele Jahre Jüngeren hilflos. „Wie holen wir sie zurück?“
„Sie muss freiwillig zurückkommen. Aber ich habe da eine Idee, wie du ein bisschen was wiedergutmachen kannst. Wir treffen uns morgen Abend bei Paulas Haus. Bring deinen Traktor und zwei große Bretter mit.“
„Was ...?“
Aber Sven schob ihn schon zur Tür raus, schloss die Werkstatt ab und startete sein Motorrad.
Ralf sah ihm hinterher. Irgendwie war ihm leichter zumute, nachdem er Sven alles gestanden hatte. Jetzt blieb noch eine Sache zu tun. Schweren Herzens machte er sich auf den Weg.
Kapitel 22
Ein Schatten fiel über Paula, die blinzelnd die Augen öffnete. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie war. Ihr Rücken zwickte. Das alte Sofa war auch nicht mehr das, was es einmal gewesen war. Sie war vermutlich als Kind zu viel darauf herumgehüpft. Ihre Mutter strich ihr die verschwitzten Haare aus dem Gesicht. Paula schloss gleich wieder die Augen, um dieses Gefühl aus ihrer Kindheit noch ein wenig zu genießen, bevor die raue Wirklichkeit sie zurückerobern würde.
„Paula, Kaffee ist fertig, los, raus aus den Federn.“ Schwang da ein zärtlicher Unterton mit, den ihre Mutter extra barsch zu verbergen suchte?
„Gleich, Mama. Was bin ich froh, hier zu sein, weißt du das?“ Sie lächelte ihre Mutter an. „Du hast mir einen ganz schönen Schock versetzt, als gestern Volker die Tür aufmachte. Es hätte auch der Beerdigungsunternehmer sein können.“
Ihre Mutter nahm ihr die Bemerkung nicht krumm. „Ja, ein Leichenbestatter im Bademantel, das wäre mal ein Bild wert. Aber, wie du siehst, bin ich quicklebendig und es geht mir sogar richtig gut. Aber jetzt raus mit dir, ich will erst hören, was dich zu deiner alten Mutter verschlagen hat. Da muss es dir schon sehr schlecht gehen, dass du mitten in der Nacht hier aufkreuzt.“
Paula zog bei diesen Worten die Decke über den Kopf. Wie gut ihre Mutter sie doch kannte. Die zerrte jetzt mit aller Kraft am anderen Ende, so dass es Paula dann doch zu
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