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Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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nickte, den Blick geradeaus. Manchmal fragte er nach: „Wer war nochmal Reichenstein?“ und „Wieso war das plötzlich so anders mit Annemarie?“ Paula hatte natürlich einige prekäre Details ausgelassen, so dass manche Ereignisse ein bisschen zusammenhanglos wirkten.
    Als sie erschöpft geendet hatte, griff er hinter sich in einen kleinen Kühlschrank und gab ihr eine Dose. „Trink erst mal, Mädchen“.
    Paula öffnete dankbar die kühle Cola und hielt sie sich nach einem kräftigen Schluck an die Stirn. „Und, was würden Sie mir jetzt raten?“
    Manfred schaute sie belustigt von der Seite an. „Ich muss hier gar nichts raten. Sie wissen doch, was Sie wollen, oder?“
    Paula schüttelte kläglich den Kopf.
    „Sie brauchen jetzt mal ʼne Runde Urlaub, dann fahren Sie brav zurück und bringen die Dinge in Ordnung.“
    Nein, nein. Sie stampfte innerlich mit dem Fuß auf. Was bildete sich Manfred denn ein, so einfach war das alles nicht. Der hatte gut reden mit seinem sicheren Job und vermutlich einer lieben Frau zuhause.
    „Und wie ist Ihr Leben so?“, fragte sie zaghaft.
    Was sie dann zu hören bekam, war alles andere als die Geschichte vom glücklichen LKW-Fahrer. Er erzählte von seinen zwei erwachsenen Söhnen, die nur Mist bauten und denen er ständig aus der Patsche helfen musste. Seine Frau war inzwischen depressiv, weil sie nicht verstand, wieso ihre liebevoll aufgezogenen Kinder so aus der Art schlugen, und zog sich immer mehr in sich selbst zurück. Er bekam aufgrund seines Alters zunehmend nur noch befristete Saisonverträge, seine Rente war zu mickrig, als dass auch nur zwei Personen davon hätten leben können.
    Aber schon während er erzählte, merkte sie, dass er sich nicht leidtat. Das war anscheinend der Unterschied. Er fand das alles natürlich nicht toll, das merkte man ihm deutlich an. Aber er haderte nicht damit, sondern nahm es als gegeben hin und versuchte im Rahmen seiner Möglichkeiten etwas zu tun.
    Paula schloss die Augen. Nach einer Weile sagte sie leise: „Es tut mir leid.“
    Er warf ihr einen kurzen gutmütigen Blick zu. „Was?“
    „Na alles, dass Sie es so schwer haben und dass ich so eine hysterische Ziege bin, die gleich alles hinwerfen will, wenn es mal schwieriger wird.“ Sie dachte an Camilla und musste lächeln. Selbst Camilla hätte sich würdevoller verhalten als ihre Besitzerin.
    Manfred schmunzelte. „Das haben Sie jetzt aber schön gesagt. Besser hätte ich das auch nicht formulieren können. Wollen Sie immer noch nach Düsseldorf?“
    Paula überlegte. Irgendetwas hatte sich gelöst und ihre Zukunft sah nicht mehr ganz so schwarz aus. Plötzlich hatte sie Sehnsucht, ihre Mutter zu besuchen. Sie hatte sie seit ihrer Abfahrt aus Frankfurt nicht mehr gesehen. Ihre Mutter hatte sie sogar besuchen wollen und sie hatte abgelehnt, weil sie sich zu zweit ein Leben auf der Baustelle nicht vorstellen konnte. Und sie selbst hatte kein Geld gehabt in den letzten Wochen, um den anstehenden Besuch endlich in die Tat umzusetzen. Aber jetzt war sie ja schon in der richtigen Richtung auf dem Weg. Vielleicht müsste sie ihrer Mutter auch gar nichts von dem ganzen Desaster erzählen. Vielleicht hatte Manfred recht und sie brauchte nur mal ein paar Tage zum Ausspannen. Und sie war erreichbar, falls Herr Herbig wirklich bei ihrer Mutter anrief; so konnte sie das selbst abfangen und ihre Mutter da nicht mit reinziehen.
    „Ja, gerne, ich glaube, ich fahr‘ dann weiter nach Frankfurt zu meiner Mutter.“
    Manfred nickte. „Das ist doch mal ein Plan. Ist sie nett, Ihre Mutter?“
    „Für eine Mutter ist sie wirklich prima, warum?“
    „Ach nur so.“ Er lächelte verschmitzt.
    „Soweit ich weiß, ist sie gerade solo, aber immerhin schon über siebzig.“
    Manfred amüsierte sich. „Ich bin auch schon zweiundsiebzig.“
    „Nein!“ Paula drehte sich zu ihm. „Sie haben sich wirklich gut gehalten.“
    „Genau deswegen nehme ich so gerne junge Frauen mit, da bekommt man immer Komplimente“, strahlte er.

Kapitel 21
     
    Ralf beschlich ein ungutes Gefühl, als er Paula hinterherblickte. Er hatte versucht, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, aber er war zu weit weg, um zu rufen. Entweder sie hatte ihn nicht gesehen oder sie wollte ihn nicht sehen.
    Selbst aus der Ferne merkte er, dass sie bedrückt war. Sie schlurfte mehr als dass sie ging, und das passte einfach nicht zu ihrem Rucksack. Eigentlich freute man sich doch, wenn man einen Ausflug unternehmen wollte.
    Nein, Paula

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