Paula geht
Sekt aus dem Kühlschrank. „Meine Damen, lasst uns anstoßen, auf Paula, die ich auf diesem Weg endlich kennenlernen durfte, auf das Leben und auf die Liebe.“
Sie stießen an. Volker bot Paula das Du an und später nahm er sie beiseite auf dem kleinen Balkon, der zu der Wohnung ihrer Mutter gehörte. „Bevor du gleich nein sagst, hör mir bitte jetzt erst mal in aller Ruhe zu.“
Paula nickte und fühlte einen Schwarm Ameisen in ihrem Bauch krabbeln. Was kam jetzt?
„Deinen Erzählungen war unschwer zu entnehmen, dass du gerade in einer finanziellen Klemme steckst. Ich verstehe gut, dass du deine Mutter nicht um Hilfe gebeten hast. Aber ich wünsche mir, dass ich dir ein zinsloses Darlehen für die nächsten paar Monate geben darf, nur so lange, bis sich deine Lage stabilisiert hat. Für mich wäre es tatsächlich kein Problem und du weißt, zurzeit ist es richtig sinnlos, Geld auf der Bank rumliegen zu haben. Da würde ich es lieber in ein sinnvolles Unternehmen stecken. Und deine Praxis scheint mir ein sehr sinnvolles Unternehmen zu sein.“
Paula schluckte schwer. Inzwischen versuchten die Ameisen, ihre Speiseröhre hochzukrabbeln, sie hätte nicht so viel Sekt und Orangensaft trinken sollen. Natürlich war ihr erster Impuls, nein zu sagen. Was hatte dieser Mensch mit ihr zu schaffen? Ok, er liebte ihre Mutter und er hatte anscheinend genug Geld. Sie starrte drei Stockwerke nach unten auf die belebte Straße. Sie war definitiv keinen Autolärm mehr gewöhnt.
Auf der anderen Seite tat es ihr gut, dass jemand ihre Praxisgründung ernst nahm und sogar bereit war, Geld zu investieren. Und was wären die Alternativen? Annemarie fragen oder doch Ralf? Nein, vielleicht war es doch ein Angebot zur rechten Zeit. Sie holte tief Luft und wandte sich ihm zu. „Volker, vielen Dank für dein Angebot. Wenn ich nicht müsste, würde ich es nicht annehmen. Und du bekommst es innerhalb der nächsten zwei Jahre zurück, das verspreche ich dir.“ Sie überlegte. „Und falls du oder jemand aus deiner Familie mal eine Heilpraktikerin braucht. Ich berate auch telefonisch.“
Oh Gott, das hatte sie ganz vergessen. Da war ja noch diese Anzeige.
Volker nickte zufrieden, sah sie dann aber prüfend an. „Warum wirst du denn ganz blass?“
Paula stürmte zurück in die Küche, in der ihre Mutter beim Abwasch war. „Mama, hat jemand für mich angerufen?“
Ihre Mutter schüttelte den Kopf und sah ihre Tochter fragend an.
Paula gab sich einen Ruck und erzählte den beiden noch von der Anzeige. Aber die beiden nahmen sie nicht besonders ernst. Paulas Mutter lachte nur und fragte, ob das ein schlechter Scherz sei. Schließlich habe sie keiner Fliege etwas zuleide getan. Volker kam auch mit dem Vergleich, dass Homöopathie schließlich so wäre, als wenn man eine Prise Zucker in eine Badewanne werfen würde, also weder im Guten noch im Schlechten etwas anrichten könne.
Paula biss sich auf die Zunge. Sie würde ihn schon noch vom Gegenteil überzeugen. Warte nur, bis du das nächste Mal richtig krank bist, dachte sie. Aber Volker sah aus wie das blühende Leben und schien bisher auch ohne Homöopathie gesundheitlich gut klargekommen zu sein.
Gutmütig brummte er, dass er eine Rechtsabteilung im Haus hätte. Wenn die Anzeige tatsächlich nicht fallengelassen wäre, bis sie nach Hause kam, dann solle sie sich vertrauensvoll an ihn wenden.
Ihre Mutter strahlte ihn an. Nun, es war ein völlig neues Gefühl für Paula und noch viel mehr für ihre Mutter, dass da jemand war, der alle ihre Probleme auch als seine betrachtete. Glücklich, aber auch leicht überfordert sahen sich Mutter und Tochter an.
„So, meine Liebe, jetzt gehen wir shoppen, oder hast du heute mit dem Tag etwas anderes vor?
Paula schüttelte den Kopf. „Ist heute nicht Sonntag?“
„Verkaufsoffen“, erwiderten ihre Mutter und Volker aus einem Mund.
„Also gut.“ So leicht, wie sie sich gerade vorkam, würde sie ja wohl spielend in Größe zweiundvierzig hineinpassen. Hoffentlich war Hemingways nicht so ein Laden für ältere Damen.
Vier Stunden später saßen die drei erschöpft in einem Frankfurter Straßencafé und ließen sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Mit Volkers VIP-Card hatten Mutter und Tochter ausgiebig eingekauft. Hemingways war für Paulas Geschmack ein wenig zu klassisch. Dafür waren die Schnitte sehr figurumschmeichelnd, und schließlich musste sie jetzt bald ein wenig seriöser auftreten in ihrer Praxis. Aber sie hatte es auch
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