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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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unter dem allgemeinen Nachrauschempfinden aber kaum mehr lokalisierbaren Kopfschmerz hatte, war ein Türsteher
     gewesen, ein muskelbepackter Schwarzer, der wahrscheinlich aus Radebeul oder |192| so stammte, jedenfalls hatte er mich, wenn meine Erinnerungen stimmten, in feinstem Hochdeutsch angepflaumt, bevor er zudrosch.
     Ich hatte – mit dieser Gedächtnisleistung betrat ich einen Graubereich – sogar, unter Einbeziehung eines Taxifahrers, der
     vor dem Laden auf Gäste wartete, noch die Polizei rufen lassen, aber als die Herrschaften eintrafen, demonstrierten sie dem
     Türsteher ihre Zuneigung und taten so, als wäre ich ein lästiger Brummer und sie die Fliegenklatsche.
    Ich berührte leicht mein linkes Auge und empfand die Berührung als unschön. Leichte Schwellung. Stimmt ja, die Färbung war
     mir beim verschwommenen Blick in den Badezimmerspiegel auch aufgefallen, aber ich hatte das für ein Problem der Hotelausstattung
     gehalten.
    »Ich bin auf der Piste gewesen«, gestand ich.
    Nina grinste und nickte dabei. Dann sah sie auf die Uhr.
    »Wir werden in einer halben Stunde abgeholt.«
    Ich nickte ebenfalls und spürte, wie mein Gehirn zeitverzögert hinterherpendelte. Weg hier. Gute Idee.
    »Hast du schon ausgecheckt?«
    Sie bejahte. Ich kippte das hellbraune Wasser hinunter und ging zur Rezeption, hinter der eine müde wirkende, recht junge
     Deutsche stand, deren fasrige blonden Haare aussahen, als könnten sie jeden Moment ausfallen. Ich warf meinen Schlüssel auf
     den Tresen und sagte: »Ich bräuchte eine Rechnung an die gleiche Adresse wie Frau Blume. Die hat schon ausgecheckt.«
    Die Rezeptionskraft nickte lahm und tippte auf ihrem Computer herum.
    »Blume sagen Sie?«
    »Mmh.«
    »Habe ich hier nicht. Bei uns hat keine Frau Blume übernachtet.«
    Interessant. Ich betrachtete meine lädierte Braue im staubigen Spiegel hinter dem Tresen und zählte eins und eins zusammen,
     kam aber bestenfalls auf eins Komma acht.
     
    |193| Die gut anderthalbstündige Taxifahrt in den Südosten verschlief ich zum Großteil. Wenn ich kurz erwachte, sah ich unbelebte
     Ortschaften und einmal eine über drei Stockwerke reichende Filiale einer deutschen Drogeriekette, mitten im Nirwana. Als wir
     das Portal der Clubanlage passierten, schlug ich die Augen wieder auf und fühlte mich vergleichsweise frisch. Immerhin hatte
     der Fahrer die Klimaanlage auf eine Temperatur über null Grad eingestellt.
    Uns umgab gartenbauliches Grün, das riesige Haupthaus ging über drei Stockwerke und war verglast. Auf dem Parkplatz standen
     massenweise Autos. Die Empfangshalle ähnelte derjenigen auf Gran Canaria, war aber noch größer. Irgendwo, weit entfernt von
     der Tür, zog sich ein Tresenaufbau über zwanzig Meter Länge, hinter dem sieben oder acht Mitarbeiter herumwuselten. Ziemlich
     viele Urlauber standen an, meist relativ junge Kleinfamilien. Nina bedeutete mir, auf die Koffer zu achten, und kümmerte sich
     dann um die Zimmer. Sie war extrem entspannt, geradezu ausgelassen heute Vormittag. Und sie hatte jedenfalls in meiner Gegenwart
     noch keinen einzigen Schluck Alkohol getrunken.
    Das Areal umfasste mehrere Hektar. Hinter dem Haupthaus lag die Poolanlage, fünf Schwimmbecken, die durch kleine Kanäle miteinander
     verbunden waren. Es gab drei Bars, die man auch schwimmend erreichen konnte. Hier steppte das Känguru. Das Kindergeschrei
     war lauter als auf jedem Schulhof in der großen Pause. Und natürlich waren sämtliche Liegen, die ich im Vorbeigehen ausmachen
     konnte, säuberlich mit Handtüchern belegt, aber nur eine Minderheit auch mit Urlaubern.
    Das sechste oder siebte zweistöckige Haus war das unsrige. Wir schoben den Gepäckwagen bis zum Eingang und schulterten dann
     unseren Krempel. Ninas Zimmer lag im Erdgeschoss, meines im ersten Stock. Im kleinen schattigen Innenhof drängten sich tropische
     Pflanzen, von denen einige bis über das Dach reichten. Das Klima hier war sehr angenehm. Das galt auch für die Zimmer. Hell, |194| zweckmäßig, fast hübsch, und das bei nur anderthalb Sternen mehr als das Urlaubergefängnis in Arenal. Mein geräumiger Balkon
     ging auf so etwas wie eine Lagune hinaus. Ich blickte auf ein Stück Wiese, die noch zum Club gehörte, dann folgte die Straße,
     über die auch wir möglicherweise gekommen waren, und dahinter begann eine große Flachwasserfläche. Und da taperte doch tatsächlich
     ein Flamingo oder etwas Verwandtes durchs Gewässer, was auf pittoreske Weise

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