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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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natürlich zu Beefsteak verarbeitet, vollkommen klar, aber erstmal musste sie ihre Milch geben.
    Er verpasste ihr ein paar Tritte, aber ganz gemütlich, ohne sich allzu sehr anzustrengen, dazu war es zu heiß. Er trat ihr kurz gegen den Fußknöchel, dann zweimal in die Nieren. Als sie sich vor Schmerz zusammenkrümmte, kriegte sie eins gegen das Steißbein, damit sie sich wieder geradebog, und zum Schluss noch eins in den Unterleib.
    Dass sie dabei ziemlich laut schrie, war nicht weiter schlimm, hier war sowieso kein Mensch in der Nähe.
    So, das sollte fürs Erste reichen, dachte er. Dann setzte er sich auf ihre Brust und drückte ihr die Kehle zu, damit sie dachte, ihr letztes Stündlein habe geschlagen.
    Als sie schon ganz blau anlief und ihr die Augen aus den Höhlen traten, lockerte Jakow Michailowitsch seinen Griff und ließ sie ein wenig Luft schnappen, gewissermaßen Geschmack am Leben finden, wie das Leben schmeckt. So, jetzt konnte man anfangen, sich miteinander zu unterhalten.
    »Wohin ist sie gefahren? Welchen Weg hat sie genommen?«
    »Mistkerl«, sagte »das Kälbchen«. »Magellan haut dich ungespitzt in den Boden . . .«
    Also musste er sie noch ein bisschen würgen.
    Jakow Michailowitsch war verstimmt. Starrsinn machte ihn immer traurig, ja er hielt ihn überhaupt für das schlimmste aller menschlichen Laster. Denn am Ende wird sie ihm sowieso alles erzählen, sie veranstaltet bloß eine überflüssige Quälerei, für sich selbst und für ihn auch, er war schließlich ein vielbeschäftigter Mann.
    Er schaute sich suchend um, fand einen geeigneten Zweig und brach ihn ab.
    »Ich werde dir jetzt mit diesem Stock ein Auge ausstechen, du dummes Gänschen«, sagte Jakow Michailowitsch und zeigte dem Mädel das spitze Ende des Astes. »Und dann das andere. Und wenn dir das immer noch nicht reicht, schlage ich dir dieses hübsche Hölzchen schön langsam durch deinen Hinterausgang nach oben. Glaub mir, meine Kleine, ich bin kein Tier, aber ich habe etwas verdammt Wichtiges zu erledigen. Also komm, mein Täubchen, red schon. Wohin ist die Rothaarige gefahren?«
    Wieder lockerte er seinen Griff ein wenig, aber anstatt ihm dankbar zu sein, spuckte sie nach ihm. Die Spucke kam zwar nicht bis Jakow Michailowitsch, sondern landete auf ihrem Kinn. Aber selbst wenn sie ihn getroffen hätte – was war schon dabei.
    Also, was soll man jetzt mit so einem Luder machen?
    »Wieso hängst du bloß so an ihr«, sagte er vorwurfsvoll. »Ist sie etwa deine Schwester, oder deine Freundin? Na gut, wie du willst, du bist selber schuld!«
    Er setzte sich so, dass er besseren Halt hatte, klemmte die Arme des Mädchens mit den Knien fest und presste ihr den Ellenbogen auf den Hals. Dann fasste er den Ast kurz hinter der scharfen Spitze und hielt ihn der dummen Kuh ganz dicht vor die Nase.
    »Also?«
    An dem Aufblitzen ihrer Augen erkannte er: die sagt immer noch nichts.
    Da stach er den Ast in ihre Augenhöhle; das Blut schoss hervor und rann über ihre runde Wange, ein Schluchzer entrang sich der Kehle des »Kälbchens«, und sie bleckte die weißen, ebenmäßigen Zähne.
    Und dann spielte ihm das dumme Ding einen üblen Streich. Jakow Michailowitsch hatte damit gerechnet, dass sie den Kopf zurückziehen würde, Stattdessen aber machte sie eine heftige, ruckartige Bewegung auf den Ast zu, und zwar mit einer solchen Kraft, wie er sie von diesem Pummelchen nie erwartet hätte.
    Der Ast drang bis zu seiner Faust in das Auge ein. Jakow Michailowitsch riss ihn natürlich sofort heraus, aber zu spät – der Kopf des Mädchens fiel leblos zu Boden. Anstelle des Auges klaffte ein purpurrotes Loch, nicht sehr hübsch anzusehen, und an der Spitze des Astes rann etwas Graues herab – er war bis ins Hirn eingedrungen.
    Dieses Luder!
    Im ersten Moment konnte Jakow Michailowitsch sein Pech gar nicht fassen.
    Oh, nein! Was für ein Jammer! So ein Riesenjammer! Wie konnte das nur passieren!? Herrgott, wofür strafst du deinen Knecht! Sag mir, was soll ich jetzt tun? Wie soll ich denn jetzt den Rotfuchs wiederfinden?
    Jakow Michailowitsch nahm sich die Sache wirklich sehr zu Herzen, aber er war dabei gleichwohl sehr rührig. Schließlich konnte jeden Moment jemand am Schauplatz auftauchen.
    Die tote Jüdin warf er in den Fluss und wusch sich dabei gleich das Blut von den Händen.
    Dann überlegte er, was er mit dem Wagen anfangen sollte. Er könnte ihn natürlich benutzen, bequemer als zu Fuß wär’s schon. Er würde zuerst den einen Weg

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