Pelte, Reinhard
einkassiert?«
»Ja, klappte alles wie am Schnürchen.« Jungmann lehnte sich zurück in seinen Sessel und zog seine Uniformjacke glatt. Seine Bewegung sollte Selbstverständlichkeit, Ernst und Professionalität ausdrücken, geriet jedoch mehr zu einer Geste der Selbstgefälligkeit. »Wir haben sie mithilfe unserer französischen Freunde ohne Probleme in Gewahrsam genommen.«
»Auch seinen Hiwi an Bord?«
»Natürlich, den auch. Als er dem KaFü gegenübergestellt wurde, ist er zusammengebrochen und hat ausgepackt. Beide sind jetzt in Deutschland und werden dort vor ein ordentliches Gericht gestellt.«
Jungmann unterbrach seine Ausführungen, denn die Ordonnanz, ein sehr junger und gut aussehender Matrose in Wäsche vorn {10} , brachte den Champagner. Jung fielen die eleganten Sekttulpen ins Auge. Er hatte so hübsche, wie für Champagner gemachte Gläser hier nicht erwartet. Der Mustermatrose entkorkte die Flasche gekonnt und schenkte die Gläser geschickt voll. Er musste das schon oft gemacht haben. Sie hoben die Gläser und stießen auf Jung und Schumann an. Der Champagner war perfekt gekühlt. Jung hatte schon lange nicht mehr einen solchen Tropfen auf der Zunge gehabt.
»Und was ist mit den falschen Franzosen?« Schumann hatte sein Glas auf dem Tisch abgesetzt und sah es an, als wolle er fragen, was denn an dem Getränk so teuer sei.
»Die richtigen Franzosen haben sie erst einmal eingebuchtet. Wenn sie mit ihnen fertig sind, werden sie in Deutschland zur Verantwortung gezogen werden. Habe ich jedenfalls von unserem Rechtsberater gehört«
Jungmann nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Glas. Seine Mimik vermittelte seinen Gästen die freudige Botschaft: Toll, was will man mehr.
Jung fiel unangenehm auf, dass Petersen keine Gelegenheit bekommen hatte zu verstehen, von wem oder wovon die Rede war. Er musste sich langweilen. Und wenn er empfindlich war, fühlte er sich sicherlich düpiert. Dennoch wollte Jung eine letzte Frage loswerden.
»Was ist mit seinen Freunden aus der Mucki-Bude? Haben die ihm nun geholfen oder nicht?«
»Mit denen ist nichts. Der KaFü hat sich nach seiner Festnahme nicht mehr zur Sache geäußert. Er hat total dicht gemacht. Bewundernswert. Sehr diszipliniert, sehr konsequent.«
»Wäre sehr schwierig geworden, an sie heranzukommen, selbst wenn man ihre Namen gehabt hätte«, bemerkte Schumann daraufhin.
»Da haben Sie recht, Oberstaber. Vielleicht hätte man die Amerikaner mit dem Wort Drugdealer aus der Reserve locken können. Aber wie auch immer, davon hätten wir auf jeden Fall nichts mitbekommen.« Jungmann hob sein Glas und nahm einen kräftigen Schluck.
Den einzigen Schluck, den Petersen bis jetzt genommen hatte, war der am Anfang gewesen, als sie auf die beiden Dekorierten angestoßen hatten. Danach hatte er sein Glas abgestellt und nicht mehr angerührt. Er sah darauf, wie auf etwas Fremdes, das nicht zu ihm gehörte. Dabei blieb es, bis sich die Runde aufzulösen begann. Jung hatte die Unterhaltung auf die Small-Talk-Ebene gehievt und sich am Gespräch nicht mehr beteiligt. Jung konnte Small Talk einfach nicht. Aber Petersen war endlich mit dabei und sorgte mit seinem eigenwilligen Humor für kräftige Lacher und gute Laune.
»Ich gehe zurück nach Dschibuti. Frohe Weihnachten«, beendete Jungmann schließlich die Runde. Es sollte ironisch klingen, aber seine Stimme färbte ein Hauch von Selbstmitleid und Beleidigtsein.
»Und du, Schumi? Wohin gehst du?« Jung schüttelte ihm kräftig die Hand.
»Ich fahre in den Schnee. Ich will ein bisschen leben.« Währenddessen zwinkerte er Jung verständnisinnig zu wie ein kleiner Ganove in einem alten, französischen Kinoklassiker mit Jean Gabin.
Nachdem sie sich gegenseitig Frohe Weihnachten gewünscht und voneinander verabschiedet hatten, gingen Petersen und Jung zu ihrem Fahrzeug. Jung lenkte sein Auto unbehelligt von Wachen und Rollgattern auf die Fördestraße in Richtung Flensburg.
»Tut mir leid Herr Jung, aber Champagner ist nichts für mich. Von dem sauren Zeug krieg ich Sodbrennen«, eröffnete Petersen das Gespräch.
»Machen Sie sich nichts daraus, Petersen. Man muss nicht alles mögen, nur weil es teuer ist und andere darüber in Entzückungschreie ausbrechen.«
Ihr Gespräch pausierte eine Weile. Schließlich fragte Petersen: »Was kostet denn so eine Flasche?«
Jung stutzte und erschrak.
»Oh Gott, ich habe ganz vergessen zu bezahlen.« Ihn überschwemmten plötzlich Erinnerungen an eine ähnliche
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