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Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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diese Männer mit
Cora und mir vor? Alles war wunderbar friedlich, bis sie unser Picknick im Wald
so brutal abgebrochen haben.
    Noch eine Ohrfeige.
    »Katja! Was hat sie dir gegeben?«
    »Geben?«
    »Tablette, Pulver, Spritze …«
    »Thprit-the, ja, Foto …«
    »Foto? Katja, das ist wichtig. Denk nach, sag alles, was dir
einfällt. Ich liebe dich, du darfst nicht sterben! Bitte, bitte, sprich!«
    »Du liebtht mich!«
    »Ja. Natürlich. Foto … und weiter?«
    Wie gefühllos dieser Mann doch ist! An meinem Sterbelager möchte ich
nicht gezwungen werden, nach Worten für etwas zu fahnden, an das ich mich kaum
erinnern kann. Da will ich Herzerwärmendes hören. Vor allem von Marcel. Er liebt
mich. Das ist doch schon mal ein guter Anfang für das Ende.
    Jetzt schüttelt er mich auch noch. Er wird keine Ruhe geben. Ich
muss etwas sagen. Als ob solche Silben für die Nachwelt interessant wären.
    »Foto, Dia …«
    »Diazepam«, höre ich Coras Stimme. Sie steht neben Josef unter der
Eibe und trägt Handschellen. Der Mann hat sie offenbar verhaftet, wenn ich das
richtig sehe. Wie kann das denn sein? Das darf er gar nicht; er ist doch nicht
mehr Polizist. »Diazepam, etwa fünfzig Milligramm. Das war angesichts ihrer
Körperfülle angemessen.«
    Ja, ja, ihr Leute, in Kürze werde ich mein Fett tatsächlich
wegkriegen. Aber das sehen dann nur noch die Maden. Ich möchte bitte verbrannt
werden. Meine Versuche, dies zu äußern, werden missachtet. Marcel hört nur Cora
zu. Neulich hat er ja auch lieber sie nach Hause gefahren, als noch etwas Zeit
mit mir allein zu verbringen. Was findet er nur an der mageren Igelfrau?
    »Sie wird es überleben«, behauptet Cora jetzt. »Hat nur ein paar
interessante Nebenwirkungen.«
    Womit sie recht hat. Ich sehe Dinge, die nicht sein können. Oder
warum sollte Marcel jetzt das rotbraune tote Tier vom Waldboden fegen und es
ihr plötzlich über den Kopf stülpen? Er zupft an ihr herum und präsentiert mir
eine Cora mit langen rotbraunen Haaren. Die auf einmal fast wie Gaby aussieht.
Mit einem Igelpunkt auf der Nase. Den Marcel einfach abnimmt.
    »Ein Schönheitspflaster«, sagt er, klebt den schwarzen Punkt auf
seinen Zeigefinger und hält ihn mir hin.
    »Moment mal«, sage ich verwirrt. In meinem Alter kann man die Augen
nicht so schnell auf scharf stellen, und in meinem Scheißegal-Zustand kann ich
nicht geschwind schalten. Im Gegensatz zu Linus. Hundeleckerlis können auch
klein, rund und dunkel sein.
    Marcel wischt sich die Hand an der belgischen Polizistenhose ab.
    »Linus«, sagt er vorwurfsvoll, »du darfst keine Beweismittel
schlucken.«
    »Wau«, antwortet mein Hund mit dem Tonfall, den er immer drauf hat,
wenn ihm etwas nicht schmeckt. Mir fällt ein, dass ich ihn füttern sollte, aber
das einzig Essbare im näheren Umfeld hat er ja selbst auf dem Waldboden verstreut.
Das soll ihm eine Lehre sein. Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder Cora zu.
    »Jetth thiehtht du genau tho auth wie deine Thwethter«, sage ich und
versuche aufzustehen. Dieses Phänomen will ich aus nächster Nähe betrachten.
Aber ich schaffe es nicht. Ich falle um. Ach, wie weich der Boden dieses Waldes
doch ist. Wenn es nur nicht so kalt wäre. Aber das wird sich bald ändern. Für
Crème brûlée braucht man offenes Feuer. Bis es geschürt ist, werden mich die
Daunen wärmen, die vom Himmel herunterschweben und sich auf mir niederlassen.
Der kandierte Wiesenkerbel, den ich vorhin noch für Pollen gehalten habe.
     
    Weder Daunen, Pollen noch kandierter Wiesenkerbel sind auf
mich herabgerieselt, es war nur der gemeine Eifeler Oktoberschnee. Der immer
noch in dicken Flocken fällt, als ich die Augen öffne und aus dem Fenster
meines Schlafzimmers blicke. Schnee. Kokain. Drogen. Marihuana. Du lieber
Himmel, ich hätte nie gedacht, dass Cannabisrauch solche gefährlichen
Auswirkungen hat. Hein muss unbedingt auf Entzug gehen. Man darf doch
Schlafstörungen nicht mit Mitteln bekämpfen, die einen Albtraum verursachen,
wie den, an den ich mich zu erinnern glaube! Genaueres weiß ich nicht mehr, nur
dass ich in ihm dem Tode nah war. Nachdem ich den Hanf verbrannt habe, ist
irgendwie alles aus den Fugen geraten. Ich habe einen totalen Filmriss.
    Aber zum Glück liege ich völlig unbeschadet in meinem Bett, auch
wenn ich nicht weiß, wie ich da hineingekommen bin.
    »Katja! Wie geht es dir?«
    Marcel sitzt auf dem breiten Eichenhocker neben meinem Bett. Er ist
unrasiert, sehr blass und sieht aus, als belaste ihn

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